100.000 km zwischen Anchorage, Neufundland, dem Pazifik und New Mexico - Teil 1. Erhard Heckmann

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100.000 km zwischen Anchorage, Neufundland, dem Pazifik und New Mexico - Teil 1 - Erhard Heckmann

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Farbenpracht brilliert, Europäer aber an Ähnliches in ihrer Heimat erinnert. Interessanter erscheint daher ein Ausflug in den Goldstream Provincial Park, der lediglich 17 Kilometer von Victoria entfernt ist und über den Malahat Drive führt. Dieser sehr schöne Abschnitt des Highway 1 zieht, ehe er sich nach Norden ausrichtet um am anderen Ende Port Hardy anzusteuern, zunächst nach Nordwesten und bietet, hoch über dem Meer, herrliche Aussichten. Der Park liegt mitten im Regenwald mit mächtigen schwarzen Pappeln und roten Zedern. Seine Wanderwege führen zu zwei Wasserfällen und, in drei Stunden, auch hinauf zum Mount Finlayson, wo der Blick bis zu den Olympic Mountains im amerikanischen Washington und auf die San Juan de Fuca Strait reicht, die um den Südzipfel der Insel herum die Strait of Georgia mit dem Pazifik verbindet und in deren Mitte die Grenze zwischen Kanada und den USA verläuft. Im Oktober treffen hier die Lachse zum Laichen ein, und von Dezember bis März trifft man hier auch auf die höchste Konzentration der Weißkopfseeadler Kanadas. Hatley Castle, Fisgard Lighthouse (1860) und das restaurierte Fort Rodd Hill (1878 – 1956) auf der Südwestseite Victorias wären weitere Ziele wie auch Port Renfrew am Ende der „14“ (92 Kilometer), wo die 77 Kilometer des Wildnis-Wanderweges „West Coast Trail“ beginnen. Die Tour nach Bamfield am Barkley Sound beansprucht allerdings eine Woche und setzt neben bester Kondition auch gründliche Vorbereitung voraus.

      Und mein ganz persönliches Fazit? Victoria ist eine angenehme, saubere und sichere Stadt mit viel Flair, deren Highlights der Rundreisetourist auch an einem Tag besuchen kann, wenn er dessen 12 Stunden gezielt nutzt und keine Ausflüge plant. Indianische Schnitzkunst entsprach im Preis der Lage und ihrer Vollendung, und in den kleinen Straßenrestaurants und Cafés haben wir unsere Rundgänge 2000 und zehn Jahre später gern unterbrochen. Ganz anders jedoch in einem vom Reiseführer angepriesenem noblen Fischrestaurant: Der Lachs mit Spargel und Reis war nicht nur unangemessen teuer, sondern auch nach der Reklamation als Austauschportion erneut kalt, geschmacklos und das edle Gemüse wie Gummi. Die Frage nach dem Koch erübrigte sich, und relevant war nur noch der Ausgang.

      Am nächsten Morgen bringt uns der Wecker zeitig auf die Beine, denn der Bus der Greyhound-Linie, der uns gegen 16 Uhr in Port Hardy an der Nordspitze der Insel abliefern soll, verlässt Victoria bereits um 5 Uhr 40. Dieses komfortable Gefährt, in dem unsere gebuchten Fensterplätze auch reserviert sind, bringt uns aber nur bis Campbell River, denn dort zweigt er zur Westküste nach Goldriver ab und wir müssen umsteigen. Aber was für diesen Bus gebucht war, gilt auch im Nachfolger, denn die 84,10 $ Fahrpreis pro Person gelten für die gesamten 520 Kilometer. Also zurücklegen in die bequemen Sessel und die Fahrt an diesem klaren Morgen genießen und in meinem „Reisebuch“, das aufgeschlagen auf meinen Knien liegt, verfolgen. Ursprünglich wollten wir hier und jetzt mit dem Auto unterwegs sein und zunächst die Insel nach unserer eigenen Route erkunden, doch stand die Einwegmiete dafür in keiner Relation. Entlang der Küstenstraße könnte sich aber das eine oder andere zu erkennen geben, dass ich in meiner Ausarbeitung übersah, oder als unwichtig gestrichen werden kann, wenn wir nach Vancouver Island irgendwann zurückkommen.

      Die ersten Kilometer auf dem „Trans-Canada“ lassen für mein Reisebuch aber keine Zeit, denn die Aussicht vom Malahat-Drive 300 Meter über dem Meer ist großartig. Kleine bewaldete Inseln im blau glänzendem Wasser und Schneegipfel am südlichen Horizont betören die Sinne. „Mount Baker“ wirft mein Sitznachbar ein und ergänzt „3.316 Meter hoch, Bundesstaat Washington, USA“. Auch zum direkt am Meeresufer liegende Fischerdorf Cowichan Bay kommt noch die Erklärung, dass diese Cowichan-Indianer schon Tausende von Jahren auf der Insel leben. Ihre Totempfähle sahen wir erst zehn Jahre später, denn unser Bus brummt hier ohne Halt weiter „up island“, wie die Einheimischen die Fahrtrichtung nach Norden betiteln.

      In der Zwischenzeit hatte ich auch bemerkt, wie mein freundlicher Nachbar versuchte, meine aufgeschlagene Tagesroute zu entziffern, und somit folgte dem flüchtigen „where you are from“ auch gleich die Empfehlung, dass wir auf keinen Fall die Westküste auslassen dürften. Er wohnt dort und erzählt begeistert. Natürlich kann er nicht wissen, dass ich mit den großartigen Fischgründen, von denen er schwärmt, nichts am Hut habe, aber meine detaillierte Ausarbeitung dazu zeige ich ihm sofort. Er hat auch noch den einen oder anderen Tipp, aber eher für diejenigen, die von Booten und Fischen schwärmen. Der etwa 40jährige – einige Tage unrasiert, halblange Windjacke, Jeans, Lederhut, derbes Schuhwerk, Rucksack und fester Händedruck – meinte zwar „that’s great“, aber ob er als eingefleischter Kajaker und Angler wirklich verstand, dass Buchten, Lachse oder Heilbutt-Derbys für uns nicht alles waren? Auf alle Fälle war er einer der vielen netten Typen, die wir auf dieser Reise noch treffen sollten, und solange er an meiner Seite saß hatte er zur Umgebung immer etwas zu erzählen: „In Duncan, im Herzen des Cowichan Tales liegend, gibt es etwa 80 Totempfähle und Originalgebäude, darunter der Bahnhof aus den 1880er Jahren, und nördlich davon auf 40 Hektar, das Forst Museum mit Holzfällercamp und Sägewerk. Das Örtchen Chemainus ist durch bemalte Hauswände bekannt, die vom Leben der Holzfäller berichten, und Ladysmith hat steile Straßen, wurde vom Kohlenbaron Robert Dunsmuir ins Leben gerufen, fungierte um 1930 als wichtiger Holzumschlagplatz und liegt genau auf dem 49. Breitengrad. Bei Parksville beginnen die Strände, und der Highway 4 zweigt zur Westküste ab, wo er nach 170 Kilometer zu Tofino sein Ende findet. Weiter nördlich erreicht der Tourist dann das „Lighthouse Country“ und das Comox-Tal, das zwischen Strand und alpinen Regionen einige Urlaubsfreuden verspricht.“

      Unserem Bus ist er damit weit voraus, denn der rollt gerade in das als Harbour City bekannte Nanaimo ein und macht 40 Minuten Pause. Viel ist das nicht, für ein paar Schritte reicht es aber: Restaurierter Pelzhandelsposten, Sandstrände und warmes Wasser der Strait of Georgia, Tauchgründe, drei Fährterminals, moderner Tiefsee-Hafen, zwei Dutzend Parks und der fünf Kilometer lange Promenadenweg „Harbourside Walkway“. Seine Existenz verdankt die drittälteste Stadt von B.C. ebenfalls der Hudson’s Bay Company, die sich hier für Kohle, Pelze und Holz interessierte. Der Küstenstreifen des Ortes, zu dem auch die Königin der Golfinseln, Gabriola Island, zählt, war wohl auch zu Zeiten der Salish-Küstenindianer schon eine bekannte Gegend, denn sie nannten den Ort Nanaimo, „Versammlungsplatz“.

      Der Bus fuhr mit uns und meinem netten Nachbarn John Richtung Port Hardy auch pünktlich weiter, doch möchte ich hier einen Sprung in die Zukunft machen, denn genau zehn Jahre später waren wir wieder hier, in Nanaimo, und hatten mit dem Wohnmobil nachgeholt, was beim ersten Anlauf nicht verwirklicht werden konnte: Die Westküste der Insel. Dieses Mal standen wir auch nicht am Anfang einer Reise, sondern waren bereits mitten drin. Nach zwei Auto-Wochen in Alaska waren wir nach Calgary geflogen, um von dort mit dem Wohnmobil unsere Rundreise anzutreten, die mit einem großen Bogen durch das Kananaskis Country begann. Danach standen der nördliche Cowboy Trail, das Rocky Mountain House und der David Thompson Highway auf dem Programm, der bei Saskatchewan Crossing an den Icefield Parkway anschließt und uns einmal mehr über Lake Louise, den Rogers Pass und Williams Lake zum Pazifik dirigierte. Mit unseren Reiterfreunden in Anahim Lake hatten wir Geburtstag gefeiert, danach die rund 300 Kilometer zwischen Bella Coola und Port Hardy mit der Fähre überbrückt, und nun lag auch die Westküste schon hinter uns. Vor uns noch die Überfahrt von Victoria zum amerikanischen Port Angeles und die Staaten Washington, Oregon, Idaho und Montana. Dem südlichen Cowboy-Trail wird es dann vorbehalten bleiben, um in Calgary unter unsere Reise 2010 den Schlusspunkt zu setzen.

      Amerika ist ein Kapitel für sich, aber der Blick zurück bis nach Bella Coola, als auch zur Westküste sei schon hier eingefügt, denn Vancouver Island werden wir wohl kaum noch einmal betreten.

      Nach zwei Tagen am Anahim Lake und meinem Geburtstag mit Joyce und David im „Eagles Nest“ – von ihnen wird später noch die Rede sein – rollten wir in Bella Coola morgens um 7 Uhr auf die vor acht Monaten gebuchte Queen of Chilliwack, die mit dieser Fahrt ihre Saison 2010 abschloss. 1978 in Norwegen gebaut lassen ihre 5.880 PS maximal 12,5 Knoten zu, denn die Kraft wird für die Ladung des 115 Meter langen Schiffes gebraucht, das etwa 115 Fahrzeuge und 400 Personen an Bord nimmt. Die „Queen“ wählt den langen Weg nach Port Hardy und sucht sich nach Ocean Falls seinen Weg durch die Fjorde nordwärts, um Klemtu im Finlayson Channel auf Swindle Island anzulaufen. Danach richtet sich der Bug wieder nach Süden aus, um über

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