100.000 km zwischen Anchorage, Neufundland, dem Pazifik und New Mexico - Teil 1. Erhard Heckmann
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу 100.000 km zwischen Anchorage, Neufundland, dem Pazifik und New Mexico - Teil 1 - Erhard Heckmann страница 12
Das Wetter war uns leider nicht hold. Regen und Nebel gaben die schöne Umgebung nur schemenhaft preis, und in Ocean Falls, wo die erste Wartezeit fällig wurde und es fast immer regnet, so dass die wenigen Einwohner auch den Beinamen „Rain People“ tragen, kam es dann auch richtig runter. Diese nasse Tatsache ließ sich nur mit „Pech“ kommentieren, denn die seit 1996 von „BC Ferries“ im Sommerservice bediente „Discovery Passage“, die den gemäßigten Regenwald des Südwestens mit den Bergen und Grasgebieten des Zentralen Interiors verknüpft, ist eine interessante und schöne Tour. Hinter dieser Idee steckt aber nicht nur der touristische Gedanke, sondern auch das Konzept, den Tourismus zu nutzen um eine Fähre zu unterstützen, die für die Versorgung der abgeschiedenen Orte dringend gebraucht wurde. Der Tourist findet eine weitere Rundreisemöglichkeit zwischen Williams Lake und Vancouver Island, und das Schiff eröffnet ihm abgeschiedene, geschützte Meeresarme in denen sich Weißkopf-Seeadler, Wale und Delphine tummeln, oder Inseln, auf denen noch die seltenen weißen Kermode Bären anzutreffen sind. Die Fähre ankert auch vor kleinen Siedlungen inmitten verzweigter und von Bergen umstellter Fjorde und gelegentlich wird der Gast auch mit Folklore oder einem Lachs-Grillfest überrascht. Und wenn eine Schule Orkas in der Nähe ist, dann dreht der Kapitän das Schiff schon mal kurz in eine andere Richtung.
Unterwegs wird auch so mancher Kajakfahrer aufgenommen oder zu Wasser gelassen, und zu Sherwater – im Zweiten Weltkrieg eine 2.000-Mann-Militärbasis – erwartet heute ein modernes 22-Zimmerangebot die Petrijünger zu geführten Anglertouren. Auf der kleinen Insel liegt auch Bella Bella, das von etwa 1.500 Heiltsuk-Indianern bewohnt wird und eine Umsteigemöglichkeit auf die Fähren der Inside Passage bietet. Möglich ist das aber nur in den Sommermonaten, wenn die Fähre aus Prince Ruppert einmal wöchentlich in der McLaughlin Bay anlegt. Schließlich hat auch Ocean Falls neben dem Regen noch eine weitere Besonderheit: Das Schiff legt direkt vor dem „Court House“ an, dem einzigen großen Gebäude im Hafen. Seine Bekanntheit verdankt der Ort allerdings nicht der Tatsache, dass seine Papierfabrik, die 3.300 Menschen Arbeit gab, 1980 geschlossen wurde, sondern dem in der Nähe zu findendem Alexander Mackenzie-Felsen. Dieser erinnert daran, dass jener 1793 über Land die Pazifikküste erreichte und hier seinen Namenszug hinterließ.
Und wer in umgekehrter Richtung unterwegs ist und in dem kleinen, größtenteils von Indianern bewohnten Bella Coola wieder an Land geht, kann sich vor der Weiterfahrt auch noch ein paar entspannte Tage gönnen, denn die Küstenlandschaft bietet dazu viele Möglichkeiten. Mein Tipp dafür wäre die Tweedsmuir Park Lodge, ein rustikal-gemütliches, einladendes „Wilderness Resort“ mit Hauptgebäude und Chalets, das auch geführte Touren in die Natur anbietet. Wenn im Herbst die Lachse eintreffen, dann sind die Grizzlys im nahen Atnarko River noch eine besondere, kostenlose Zugabe. Wer es eiliger hat und Tal, Pass und Plateau schneller hinter sich bringen muss, um Williams Lake, den Mittelpunkt des Cariboo Landes, oder die dortigen Anschlüsse in alle Landesteile zu erreichen, dem bleiben auf den knapp 500 Kilometer der „20“ noch genügend Möglichkeiten, sein Tempo zu drosseln.
Der „Hill“, wie der Heckman-Pass (Schotterstraße) bei den Einheimischen hießt, bietet auch den Zugang zum Tweedsmuir Provincial Park, in dessen einsamer Wildnis der Naturmensch alles findet was sein Herz begehrt. Blühende Bergwiesen, weite Täler, Wasserfälle, glasklare Seen und Flüsse, Gletscher, die bunten Regenbogen-Berge und dichte Naturwälder. Es ist eine Wunschgegend ohne jeden Weg, um mit Rucksack, Kanu, Pferd oder Wasserflugzeug in ihr unterwegs zu sein. Auch anschließend locken im westlichen Teil des Chilctins noch mehrere Schotterstraßen und Lodges in eine fantastische Seen- und Bergwelt, während im Osten Ranches, Salbeibüsche, Grasland und halbwüstenartige Landschaften dominieren. Aber dazu kommen wir später.
Zurück zu unserer „Queen“, mit der wir am nächsten Morgen gegen 9 Uhr im Hafen von Port Hardy einlaufen, wo sich der Himmel noch immer verhangen präsentiert und auch die 797 Kanadischen Dollars (340 für uns, der Rest fürs Wohnmobil) endgültig „abgefahren“ sind. Und weil Port Hardy für uns kein Neuland ist, geht es unter dem grauen Himmel auch gleich weiter nach Telegraph Cove, wo in der Queen Charlotte Strait ganzjährig Schwertwale zu Hause sind und wir um 12 Uhr bei „Stubbs“ eine Tour reserviert haben. Als wir dort einbiegen kämpft sich auch die Sonne wieder durch die Wolken und taucht das pittoreske Örtchen in gespenstiges Licht. Eine Handvoll kleine Häuser, und die meisten von ihnen ruhen auf Stelzen und lehnen sich an der linken Seite des kleinen Hafens an den Hang und seinen hölzernen Boardwalk an. Der winzige Parkplatz befindet sich gleich am Ortseingang, denn anderswo gibt es „bei Wasser und Holzstegen“ keine Möglichkeit. Und die zweistündige Tour, für die pro Person 100 Dollar fällig wurden? Man hätte sie sich auch schenken können, vor allem bei diesem grauen Schauerwetter mit peitschendem Wind. Wer noch nie Wale gesehen hat, der wird hier immer fündig, denn diese Schwertwale, oder Orcas, leben hier in kleinen Familienverbänden oder treten in Schulen auf. Im Gegensatz zu den lustigen Buckelwalen springen sie selten, und von ihrem wunderschönen schwarzweißen Körper war bei der aufgewühlten See auch nicht mehr zu sehnen als das markante Dreieck der Spitzen Rückenflosse. Für Buckelwale war die Zeit nicht ganz passend, und die zwei oder drei „Pinks“, als auch einige Seelöwen und Weißkopfseeadler konnten dann auch nicht mehr viel retten. Vielleicht hatten wir auf dieser Fahrt auch ganz einfach kein Glück, denn ein paar Tage später war es in Tofino ähnlich, obwohl die Jahreszeit für die Westküste nicht die schlechteste war. Dennoch: Es gibt andere Orte, an denen man die Meeressäuger wirklich „erlebt“. Und dann heißt das Zauberwort dafür auch „Zodiak“, nicht Fischerkahn, um mit ihnen fast auf gleicher Höhe zu sein. Aber was soll‘s. Das Wetter muss man nehmen wie es ist, und die Wale sind eben auch nicht immer dort, wo man sie gerne hätte. Dafür entschädigen am Abend schönes Wetter und der empfehlenswerte Campingplatz „Fisherboy Park“ in Sayward. Die Anlage, die auch über Motel und Hütten verfügt, ist adrett wie die alten Bäume und der umliegende Wald schön. Eine nette Zugabe sind die durch Kettensägen entstandenen und den gepflegten Rasen dekorierenden Holzplastiken, die auf dieser Insel zu den größten privaten Sammlungen ihrer Art zählen. Wir werden ihnen und dem nahen Salmon River auf einem kleinen Spaziergang auch noch etwas Zeit widmen, doch jetzt haben Grill, Stakes und Gemüse Vorrang, und das heißt Holz hacken und Feuer machen!
Der nächste Morgen ist noch sehr jung, frisch und schön und auf dem Asphalt der „19“ rollt unser Fahrzeug Richtung Campbell River recht flott nach Süden. Das Tagesziel Tofino ist 400 Kilometer entfernt, und zu beiden Seiten der Straße derzeit nur Wald. Also hier Zeit „einfahren“, um sie unterwegs an schönen Orten wieder zusätzlich zur Hand zu haben.
Auf der Höhe von Campbell River, wo die „28“ zum Strathcona Provincial Park abzweigt und über Gold River weiter nach Thasis führt und damit die Verbindung zum Pazifik herstellt, bot sich uns erstmals der neue „Inland Island Highway“ an der, weil höher gelegen, alpine Blicke und auch solche auf die Strait of Georgia erlaubt. Etwa acht Kilometer weiter westlich verlaufend zieht er parallel zur alten Küstenstraße nach Nanaimo, wo er auf den Trans-Canada trifft. Von der alten „Ocean Road“, die weiterhin die Küstenorte verbindet, erhielt er die Nummer 19, während ihr selbst in diesem Bereich ein zusätzliches „A“ angefügt wurde. Bei Comox fahren wir auf diese alte Küstenstraße auch nochmals kurz zurück, um die dortige „Marsh and Wildlife Viewing Area“, die gleichzeitig auch den Comox Gletscher und das Mt. Washington Alpin Ski Resort in den Blick rückt, als Frühstücksplatz zu nutzen und uns ein wenig umzusehen. Die Marsch ist zwar schön, aber viel Lebendiges war zu dieser Zeit nicht zu entdecken.
Von den nächsten beiden Stopps – zu Beginn der nach Tofino führenden Nr.4 – ist der im Little Quallicum Falls Provincial Park ein sehr kurzer, denn die Schlucht mit ihren zwei unspektakulären, aber sehr schönen Wasserfällen ist zwar ein hübsches Fleckchen Erde, aber wir möchten im 157 Hektar großen McMillian Provincial Park eine längere Pause einlegen, wo „Cathedral Cove“ einen Einblick in die Westküsten-Regenwälder bietet und schöne Wanderwege zu gewaltigen Helmlock-Tannen und Douglasien führen und eine Vorstellung davon vermitteln,