Lust und Liebe dann kam das Leben. Peter Nimsch

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Lust und Liebe dann kam das Leben - Peter Nimsch

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nicht enden wollenden Urinstrahl SCHEISSE in den Dreck geschrieben und dabei kam ein wunderschönes graziles Muster zum Vorschein. Als mein Blick nach dem Entleeren meiner Blase zum Spiegel wanderte, oder besser gesagt, was mal wieder ein Spiegel werden wollte, entdeckte ich einen angeklebten Zettel.

       Hallo Paul, willkommen im neuen Heim. Ich weiß, dass Du jetzt gerade nicht gut drauf bist, da Anja meine Freundin ist und ich demzufolge schon seit Längerem von Deinem Auftauchen vor diesem Spiegel ahnte.

       Wenn Du hier bleiben willst, und davon gehe ich bei Deinen finanziellen Verhältnissen aus, überweise einfach regelmäßig auf folgendes Bankkonto, siehe Rückseite, die Miete und Du kann hier bestimmt ewig hausen.

       Gruß und Trost-Kuss Maria

       P.S. Ich hoffe, Du hast bessere Nerven und mehr Elan als ich und kriegst die Bude bewohnbar.

      Was kann das hier kosten, eigentlich müsste man ja hier noch etwas rauskriegen und ich riss neugierig den Zettel vom Spiegel, neben der Bankverbindung stand 150 Euro. Ist bitte pünktlich am vierten jedes Monats zu überweisen. Pünktlich war dick unterstrichen, Maria konnte einfach nicht verleugnen, dass sie seit Jahren als Lehrerin tätig war und immer eine erzieherische Note mit einfloss, solange ich sie kannte.

      Langsam fand ich mich zurecht und ging zielgerichtet zum größeren Zimmer, aus dessen Fenster ich die Uhr auf der Straße erkennen konnte, weil ich wissen wollte, wie spät es war. ›Noch eine Stunde Zeit, bis Fred hier aufschlagen wird‹, dachte ich mir, griff mein Handy und wollte mir, da sich langsam ein Hungergefühl breitmachte, eine Pizza bestellen. Nur hatte ich leider vergessen, dass das Handy leer war und mich statt Anja nur eine schwarze glänzende Oberfläche anlachte.

      ›Ich brauche dringend ein Ladekabel!‹ Erstens hatte ich Hunger und zweitens sollte mich Anja auf keinen Fall mehr begrüßen, wenn mein Handy wieder Strom hatte.

      Drei wichtige Vorhaben für die nächste Stunde, ›Handy aufladen, Hintergrundbild sofort wechseln und Pizza bestellen!‹ Die Toilette hatte jetzt, aus rein biologischen Gesetzmäßigkeiten, etwas länger Zeit, da ich gerade pinkeln war und ich zur Not auch noch das restliche schöne Muster des Waschbeckens beim nächsten biologischen Bedürfnis freilegen konnte. Da diese Ruine von einem Haus bewohnt war, versuchte ich mein Glück zwecks Ladekabel mal an der benachbarten Wohnungstür. Stefan Friedrich stand auf einem mit einer Reißzwecke befestigten Schildchen. Nach zweimaligem Klingeln öffnete ein dürrer Typ im Bademantel.

      »Hi, ich bin dein neuer Nachbar Paul«, sagte ich und blickte in große erstaunte Augen eines ungefähr 35-jährigen, mittelgroßen, sehr dünnen Typen mit einer wirren Frisur, ähnlich meiner. Erst jetzt merkte ich, worauf sie starrten, mein blutgetränktes Weihnachtsduft-Toilettenpapier hatte sich langsam von meinem Unterschenkel gelöst und schlängelte sich vergnügt über die ganze Etage bis in meine Höhle zurück.

      »Kleinen Unfall beim Einzug gehabt«, log ich spontan entschuldigend.

      Stefan lachte: »Sieht aber nicht gut aus«, als sein Blick das blutdurchtränkte Weihnachtsduft-Toilettenpapier bestaunte.

      »Hat schon aufgehört zu bluten«, meinte ich erleichtert, als meine Finger das immer noch schmerzende Loch behutsam abtasteten. »Halb so schlimm, habe heute schon viel Schlimmeres erlebt.«

      »Bist du Stefan?«

      »Ja«, kam es trocken zurück.

      »Und wie wohnt es sich hier denn so?«, fragte ich, da ich mir etwas Mut machen wollte.

      »Wohne schon länger hier, einfach ein cooles Haus und echt billig.«

      »Kannst du mir bitte mal ein Ladegerät für mein Handy leihen, habe leider momentan keins mehr.«

      Stefan verschwand in seiner Wohnung und kam kurz danach mit einer Pappkiste zurück, in der sich ein Knäuel von Ladekabeln tummelte.

      »Versuch dein Glück«, lachte er und drückte mir die Kiste in die Hand. »Bring sie mir einfach in den nächsten Tagen wieder vorbei, hab noch mehr davon.«

      »Danke, echt nett von dir!«

      »Kein Problem, kannst immer kommen, wenn du mal etwas brauchst, ist hier zum Glück im ganzen Haus noch so Brauch. Nur unten bei Jüttes brauchst du es nicht zu versuchen. Sind ganz merkwürdige Menschen, ein fetter komischer Typ von bestimmt schon vierzig Jahren wohnt dort mit seiner Mutter. Echt eigenartige Figuren, die beiden. Schönen Abend noch!« und Stefan verschwand in seiner Wohnung. Konnte gerade noch ›danke‹ hinterherrufen.

      Meinem penetrant duftenden, geringelten und blutgetränkten Weihnachtsduft-Toilettenpapier folgend, ging ich in meine Höhle zurück, nahm auf meinem Sandhaufen im kleinen Zimmer Platz und begann das passende Ladekabel zu suchen. Natürlich war es das Vorletzte, das passte, aber das ist ja eigentlich immer so bei mir. ›Jetzt noch ein Südseebild an die Wand malen …‹, dachte ich ironisch, als so langsam das Sandgefühl durch meine Hosen drang, ›und mit dieser Höhle brauche ich nicht mal mehr in den Urlaub zu fahren. Bei meinem nächsten Einkauf im Baumarkt, der eigentlich schon gestern hätte sein müssen‹, beschloss ich – als ich die ersten eingebrannten Gruselbilder meiner Höhle im Kopf wieder abrief – ›kaufe ich mir eine Palme. Harmoniert bestimmt vortrefflich mit meinem Sandhaufen.‹

      ›Meine Höhle wird eine schräge Höhle!‹, nahm ich mir fest vor.

      So, jetzt wurde es langsam Zeit mal die nötigen Grundutensilien in den Resten meiner Existenz zu suchen.

      Aber wohin damit, alles war hier mit Baustaub und sonstigem Dreck überzogen und viele kleine Höhlenmitbewohner schienen sich in ihrer Ruhe gestört zu fühlen. Eine dicke fette Spinne schaute mich von der Decke missmutig an. Aber ich war ja im Improvisieren gut, also riss ich den ersten blauen Müllsack langsam auf und verteilte meine daraus hervorquellenden Klamotten auf die anderen Haufen und Türme meines umfangreichen Besitzes. Die nun vorhandene Plastikplane breitete ich in der saubersten Ecke des großen Zimmers aus und drapierte meine Kleidungsstücke aus dem ersten Müllsack darauf. Langsam arbeitete ich mich durch meinen Besitz und endlich kamen meine Pflegeprodukte zum Vorschein.

      War nicht viel, was ich in meine neue Selbstständigkeit von Anja mitbekommen hatte, aber zum Ausgehschickmachen mit Fred heute Abend reichte es allemal.

      Mein Bauch meldete immer noch Bedürfnisse an, doch bei der Bestellhotline teilte man mir hektisch mit, Wartezeit sei zwei Stunden. So beschloss ich das Essen auf morgen zu verschieben oder später mit Fred eine Kleinigkeit zu essen, was auf der Karli bestimmt kein Problem sein sollte.

      ›Diese Nacht werde ich es richtig krachen lassen‹, nahm ich mir vor. Sollte doch Madam Anja nicht die Einzige sein, die heute Spaß hatte. Ich entledigte mich meiner vom Umzug und Nervenstress verschwitzen Klamotten und untersuchte meine Gitarrenhalswunde. Zum Glück sah sie gar nicht mehr so schlimm aus, ein großes Pflaster, was sich glücklicherweise irgendwie in meine Waschtasche verirrt hatte, verschloss nun endgültig dieses Anja Rauswurf-Kapitel.

      Meinen großen Erb-Oma-Spiegel hatte ich gleich beim Einzug standsicher im hinteren Zimmer deponiert. Nackig stellte ich mich davor und wurde natürlich sofort von meinem Lippenstift-Konterfei begrüßt. ›So, mal sehen, was noch so mein Marktwert ist‹, dachte ich mir und ließ den Blick über meinen Body gleiten. Da glücklicherweise die Heizung in meiner Höhle funktionierte, hatte auch Klein-Paul seine normale Größe wieder erlangt. Aber so ganz zufrieden war ich leider nicht mit dem Bild im Spiegel, da half es auch nicht, dass der Spiegel etwas dreckig war. ›Fange mal oben an‹, dachte ich. Haare? Naja, Haare konnte

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