Crescendo bis Fortissimo. Manfred Eisner

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Crescendo bis Fortissimo - Manfred Eisner

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style="font-size:15px;">      „Wie herrlich!“, seufzt Gesine. „Ich freue mich schon jetzt riesig darauf!“

      „Und wie ist es euch in der letzten Zeit ergangen? Wir haben uns ja sehr lange nicht mehr gesehen“, sagt Clarissa nach einer kurzen Pause.

      „Ssssag nnnur allllles, ddddu wwwweißt ...“, spricht Gesche ihre Schwester an.

      „Nun, Clarissa, du weißt ja, unter welch tragischen Umständen Siegfried, Gesches Mann, ums Leben kam. Seit seinem Tode leben wir sehr zurückgezogen auf dem Uhlenhof. Die Mama hat einen Verwalter, Herrn Siemsen, eingestellt. Er kümmert sich um die gesamte Landwirtschaft. Zurzeit haben wir große Sorgen, dass die in der Marsch sich rasch verbreitende Maul- und Klauenseuche auch auf unseren Viehbestand übergreifen könnte. Das wäre sehr schlimm. Bei Eggers sollen auch schon einige Tiere erkrankt und notgeschlachtet worden sein. Es ist so schrecklich!“

      „Ja, es ist wirklich schlimm! Letzte Woche las ich es im Courier.“ Bei der Erwähnung der Lokalzeitung befallen Clarissa plötzlich wieder düstere Gedanken und sie verfällt in Schweigen.

      Nach einigen Augenblicken bricht Gesine die Stille, die lediglich durch das Ticken der Standuhr untermalt worden ist. „Ich habe es damals sehr bedauert, dass Heiko und Siegfried nicht miteinander auskamen. Es ist so schade, dass wir uns deswegen auseinandergelebt haben.“

      „Ja, auch mir tat es furchtbar leid“, antwortet Clarissa. „Aber ihr kennt ja Heiko gut genug. Er hat nun einmal seine feste Meinung und es ist sehr schwer, ihn davon abzubringen. Ihre Grundeinstellungen waren zu konträr. Es war vielleicht auch besser so, es hätte sonst nur Streitereien gegeben.“ Clarissa seufzt.

      „Wie kommt er denn jetzt zurecht? Mit der heutigen Lage, meine ich.“

      „Ach, er vertieft sich in seine Arbeit. Damit hat er den Kopf voll genug. Er arbeitet von früh bis spät und kommt abends todmüde nach Hause. Trotzdem sind wir als Paar und mit unseren Kindern sehr glücklich!“

      Gesche und Gesine blicken sich gegenseitig an.

      „Wwwwir mmm...“, beginnt Gesche und Gesine vervollständigt den Satz: „... müssen jetzt wieder nach Hause. Herr Siemsen wartet sicher schon mit dem Automobil auf dem Marktplatz.“

      Die drei jungen Frauen erheben sich und gehen gemeinsam zur Garderobe in der Diele.

      „Also abgemacht? Ihr kommt am zweiten Weihnachtstag zum Mittagessen und bleibt dann bis zum Abend bei uns. Die anderen lade ich auch ein. Sagen wir, um halb eins, ja?“ „Vielen Dank, Clarissa, wir freuen uns schon bannig auf dieses Wiedersehen.“

      Als Clarissa die Haustür öffnet, weht draußen ein kräftiger, eiskalter Wind. Liebevoll umarmt Clarissa ihre beiden Sandkastenfreundinnen und steht noch so lange in der Tür, bis sie mit einem letzten Winken um die Straßenecke verschwinden.

      Nachdem sie die Haustür geschlossen hat, geht sie in Heikos Arbeitszimmer und lässt sich von der Dame im Telefonamt mit Heikos Büro in der Backwarenfabrik verbinden.

      „Deichkater?“

      „Hallo Prinzessin. Was gibt’s Neues?“

      „Der Papa war vorhin hier. Wir müssen etwas sehr Wichtiges besprechen. Kommst du bitte heute mal früher nach Hause? Wir sollen nach dem Abendessen ins Herrenhaus zum Tee kommen. Bitte, Heiko“, fleht sie ihn an, „es ist sehr wichtig, verstehst du?“

      „Was hast du denn, Liebes, was ist los?“ Heiko ist beunruhigt, als er die Eindringlichkeit in Clarissas Stimme wahrnimmt.

      „Ach, mach dir nur keine Sorgen. Aber bitte, bitte, komm bald.“

      „Gut, mein Schatz, ich verspreche es. Ich erledige hier noch rasch etwas sehr Wichtiges und komme dann sofort. Zufrieden?“

      „Ja, Deichkater, ich liebe dich!“ Clarissa hängt auf. Sie verlässt, sehr nachdenklich auf das Bücherregal blickend, Heikos Arbeitszimmer und schließt die Tür. Danach geht sie in Elisabeths Zimmer, wo Silke gerade dabei ist, dem Baby die Windeln zu wechseln.

       5. Hans-Peters Bekehrung

      In diesem Jahr stellen sich die Herbststürme recht früh ein. Als Heiko den Hörer auf die Gabel zurücklegt, blickt er bedrückt aus dem Fenster hinaus. Am grauen Himmel jagen große, schwarze Wolken einander hinterher. Der heftige Sturm, der mit Orkanstärke über der Nordsee tobt, fegt unbarmherzig über das Land und ertränkt es mit sintflutartigem Regen. Weite Flächen der tiefer gelegenen Marschländereien stehen gänzlich unter Wasser. Draußen herrscht eine dramatisch wirkende Dunkelheit. Wie beim Weltuntergang, denkt Heiko und dreht am Schalter seiner Schreibtischlampe. Wie in der Hexenszene von Macbeth, ja, genau so dunkel und unheimlich ist es.

      Heiko ist alarmiert wegen des soeben mit Clarissa geführten Gesprächs. Warum war sie nur derart erregt? Ihre Stimme hatte etwas Eigenartiges, ja, einen fast an Verzweiflung grenzenden Unterton. Von dieser Sorge erfüllt, blickt Heiko auf die Pläne des neuen Backofens mit Seitenfeuerung, den man in Kürze in der Fabrik installieren will und mit dessen Auftragsvergabe er sich gerade beschäftigen wollte, als Clarissa anrief. Er blickt auf die Zeichnungen, ohne sie wahrzunehmen.

      Es hat heute keinen Sinn mehr, denkt er. Ich kann mich nicht konzentrieren. Ich höre jetzt auf und gehe nach Hause. Dieser Anruf lässt mir keine Ruhe.

      „Fräulein Matthiessen?“

      „Ja, Herr Keller?“

      Heikos Sekretärin, eine große, stattliche Fünfzigerin mit im Dutt streng zusammengebundenen Haaren, erscheint in der Tür.

      „Ich muss jetzt weg. Wissen Sie, wo Herr Rembowski ist?“

      „Soviel ich weiß, hatte er für heute ein Gespräch beim Orts-Handwerksführer auf dem Terminkalender.“

      Verdammt!, denkt Heiko. Da hätte wohl lieber ich hingehen oder ihn wenigstens begleiten sollen. Warum hat er mir nichts davon gesagt?

      „Also gut. Wenn Sie ihn noch sehen sollten, dann richten Sie ihm bitte aus, dass ich heute etwas früher gegangen bin und den Wagen mitgenommen habe. Haben Sie sonst noch etwas für mich?“

      „Nein, Herr Keller. Nur Ihre Termine für morgen.“

      „Gut. Vielen Dank, die können bis morgen früh warten. Ich habe es jetzt eilig. Dann noch einen schönen Abend.“

      „Guten Abend, Herr Keller.“ Fräulein Matthiessen verlässt den Raum.

      Heiko geht an den Wandschrank, entnimmt Regenmantel und Hut, schaltet die Tischlampe aus und verlässt das Büro. Er eilt die Treppe hinunter und gelangt durch eine Hintertür auf den Hof der Backwarenfabrik. Es regnet in Strömen, und obwohl er den Hof rennend überquert, ist er völlig durchnässt, als er in der ehemaligen Stallung eintrifft, wo nun die Lastwagen untergestellt werden.

      „Dat is ja hüüt een Schietwetter, Chef“, begrüßt ihn Hinnerck Reimers, der in einen schwarzen Gummiumhang gehüllt ist.

      Heiko kennt Hinnerck seit seiner Kindheit, als dessen Vater und er noch fahrende Gemüsehändler waren und das Herrenhaus der von Steinbergs täglich mit „Grointüch“ aus der Karre belieferten. Vor zwei Jahren war Hinnerck in finanzielle Schwierigkeiten geraten

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