Oberhausen: Eine Stadtgeschichte im Ruhrgebiet Bd. 2. Группа авторов

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Die Abgaben an den Erzbischof waren von den Pächtern zu entrichten, doch konnten sie den Betrag von der Pachtsumme abziehen. Nach Ablauf der Pachtzeit hatten sie die Hütte in einwandfreiem Zustand an von Wenge zu übergeben.

      Von Juli bis Dezember 1781 lief die erste Hüttenkampagne der neuen Pächter. Von dieser berichtete der bereits genannte Eversmann seinen Vorgesetzten beim preußischen Bergamt:47 Pfandhöfer setze je zur Hälfte Eisenstein aus dem Kölnischen und Klevischen ein. In 24 Stunden würden 54 bis 60 Fass Eisenstein – zum Teil zuvor gewaschen –, vier Karren Kalk aus Hiesfeld oder ersatzweise sechs bis acht Karren Mergel sowie sieben bis acht Karren Kohle in 18 bis 20 ▶ Gichten in den Hochofen eingegeben. Dreimal wurde in dieser Zeit abgegossen und dabei im Durchschnitt 2.400 bis 2.500 Pfund Roheisen in Form von Gusswaren, insbesondere Kanonenkugeln, produziert. In den unruhigen Zeiten mit zahlreichen Kriegen versprach die Munitionsherstellung ein gutes Geschäft. Die Kampagne soll dreißig Wochen gedauert haben. Die Absatzlage war gut. Noch 1781 begannen die Pächter damit, einen neuen Hochofen zu errichten und ließen zugleich ein neues oberschlächtiges Wasserrad von 16 Fuß Höhe, das waren etwa fünf Meter, einbauen. Mit diesen neuen Anlagen führten sie ab April 1782 eine wiederum dreißigwöchige Kampagne durch, die 1.000.000 Pfund Gusswaren erzeugte.48

      Die neuen Pächter aus Bocholt waren kapitalkräftig und zahlten pünktlich. Schwieriger war es mit Pfandhöfer. Er zahlte seine erste Pachtrate in zu leichtem Gold und die weiteren Raten nur schleppend. Auch mit behördlichen Stellen geriet Pfandhöfer in Konflikt. Bei einer Kontrolle der Hütte verwehrten seine anwesenden Verwandten im Mai 1781 dem Bottroper Amtsleiter unter Androhung von Gewalt den Zutritt. Wie Pfandhöfer später zugab, hatte er etwas zu verbergen: Zu diesem Zeitpunkt lagerten auf der Hütte 200 Pfund aus Holland geschmuggelter Kaffee.49

      Während Eberhard Pfandhöfer auf der St. Antony-Hütte arbeitete, engagierte er sich gleichzeitig auch andernorts in der Eisenindustrie: So war er beispielsweise Pächter eines Eisenhammers in Rödinghausen bei Menden im Sauerland. Entscheidender für die Entwicklung Oberhausens war jedoch seine Tätigkeit in Sterkrade. Dort baute er parallel zu seiner Pachtzeit in Osterfeld die erste Konkurrenz zur St. Antony-Hütte, die Hütte Gute Hoffnung, auf.

      Um den Aufbau weiterer Hüttenwerke in unmittelbarer Nachbarschaft der St. Antony-Hütte zu verstehen, ist es notwendig, die wirtschaftpolitischen Vorstellungen der damaligen Zeit zu erläutern. Seit der Mitte des 18. Jahrhunderts bemühten sich aufgeklärte Herrscher verstärkt, die ökonomische Entwicklung ihrer Länder zu verbessern. Eine der Grundlagen der vorherrschenden wirtschaftspolitischen Denkweise, des Merkantilismus, war es, dass Bodenschätze im eigenen Land genutzt und zu handelbaren Waren verarbeitet werden sollten. Daher wachten Fürsten und Könige eifersüchtig über die Entwicklung ihrer kleineren oder größeren Staaten. Die staatliche Verwaltung unterstützte Gewerbetreibende mit geeigneten Maßnahmen, um sie gegenüber ausländischen Produzenten konkurrenzfähig zu machen oder zu halten. Fachbeamte berieten Gewerbetreibende, aber auch Zollvergünstigungen, Abgabennachlässe und ähnliche Privilegien wurden gewährt, wie sie auch von Wenge seitens seines Landesherrn erhalten hatte. Der mögliche Profit sollte im eigenen Staat verbleiben und damit nicht zuletzt in erheblichen Teilen dem aufgeklärten Herrscher durch Abgaben und Steuern selbst zufließen.

       Abb. 10: Die drei Hüttenwerke im Dreiländereck Cleve/​Recklinghausen/​Essen um 1800, Zeichnung von Ernst Montenbruck 1978

      Durch ihre geografische Lage in einem Dreiländereck war die St. Antony-Hütte von dieser Politik besonders betroffen. Auf der einen Seite lag sie nur wenige hundert Meter von der Grenze des kurkölnischen Vestes Recklinghausen zu dem seit 1666 zu Preußen gehörenden Herzogtum Kleve entfernt, auf der anderen Seite war es nur etwa ein Kilometer bis zur Grenze mit dem Reichsstift Essen. In dieser Situation musste die Eisenhütte als neuer Gewerbezweig die Aufmerksamkeit der Nachbarstaaten erregen, zumal die Rohstoffe in jedem der drei Staaten vorkamen und schnell die Grenze überschreiten konnten. So kamen Holzkohle und Erze aus den Nachbarstaaten zur Verhüttung nach St. Antony und sogar der zum Antrieb der Hochöfen notwendige Elpenbach floss vom Vest ins Herzogtum Kleve. All dies musste den Unmut der benachbarten Landesherrn erregen und sie zu Überlegungen veranlassen, eine ähnliche Entwicklung wie im Vest im eigenen Land anzustoßen oder zumindest zu unterstützen.

       Pfandhöfer macht sich selber Konkurrenz

      Die im preußischen Herzogtum Kleve vorhandenen Erzvorkommen an Emscher und Lippe waren wahrscheinlich schon im 17. Jahrhundert bekannt. Doch blieben alle Versuche sie zu nutzen zunächst erfolglos. 1740 legte ein Herr Jamet bei der preußischen Regierung in Kleve ▶ Mutung auf Eisenstein zwischen Emscher, Lippe und Ruhr ein, machte von seinem Recht am Erz jedoch keinen Gebrauch.50 Einen zweiten Versuch startete 1743 von Wenge.51 Der erteilte Schürfschein auf Erz in der Gegend um Holten wurde ihm jedoch vom preußischen Staat 1773 wieder entzogen, da von Wenge seine Hütte im kölnischen Vest Recklinghausen und nicht im Herzogtum Kleve errichtet hatte. Dennoch lieferten Kötter aus dem Sterkrader Raum nach Betriebsaufnahme der St. Antony-Hütte auch ohne behördliche Genehmigung immer wieder Eisenstein an von Wenge.

      Auch die Zisterzienserinnen des Klosters in Sterkrade bemühten sich um das Raseneisenerz in ihrer Umgebung.52 Als ihre Auseinandersetzung mit von Wenge über den Bau seiner Hütte entschieden war, erbat die Äbtissin am 14. September 1757 im Namen des Klosters bei der Kriegs- und Domänenkammer, das war die regionale Regierung des Herzogtums Kleve, das Schürfrecht im rechtsrheinischen Teil des Herzogtums zwischen Rhein und Lippe sowie eine Konzession zur Anlegung einer Eisenschmelze und eines Hammerwerks. Auch wenn der ▶ Siebenjährige Krieg einen hohen Profit für Eisenwaren – vor allem Munition – versprach, realisierte das Kloster die Pläne aber nicht.

      Der nächste Versuch, Eisenerze im Klevischen zu fördern, ergab sich, nachdem in Orsoy am Rhein 1771 ein Eisensteingang entdeckt worden war.53 Am 29. Dezember erbat Johann Wilhelm Müser aus Blankenstein an der Ruhr einen Mutschein auf Eisenstein zwischen dem Rhein und der Grenze zum kölnischen Vest Recklinghausen. Zur Ausbeutung des Erzes schloss er sich mit Jan Peter und Diederich Walter Noot aus Orsoy bzw. Ruhrort zusammen, beides Brüder von Aletta Haniel, der Mutter von Franz und Gerhard Haniel, die später noch eine wichtige Rolle in der Geschichte der Eisenindustrie der Region spielen sollten. Zu dem Konsortium stieß noch Kommerzienrat Hellmann van Eyckellenberg hinzu. Die Antragsteller bezogen sich auf die bereits produzierende St. Antony-Hütte in Osterfeld und betonten die mögliche Sicherung der Rohstoffe für den preußischen Staat. Die ▶ Mutung unter dem Namen „Vesuvius“ planten sie mit einer Eisenhütte zu verbinden, für die sie als möglichen Standort auch einen Platz in der Nähe des Klosters Sterkrade in Erwägung zogen. Für die Laufzeit des ▶ Mutungsantrags verbot 1773 die Kriegs- und Domänenkammer auf Anweisung aus Berlin die Ausfuhr von Eisenstein aus dem Herzogtum Kleve zur Verhüttung nach St. Antony. Am 15. Mai 1774 genehmigten die preußischen Behörden in Berlin den Bau einer Eisenhütte, doch schon Ende desselben Jahres ließen die Gesellschafter ihr Recht wieder verfallen, indem sie eine von den preußischen Behörden gesetzte Frist zum Baubeginn verstreichen ließen.

      Als Eberhard Pfandhöfer erkannte, dass die Eisenverhüttung im Dreiländereck ein gutes Geschäft werden könnte, wurde auch für ihn die Nutzung der Erze des rechtsrheinischen Teils des Herzogtums Kleve attraktiv. Am 22. September 1780 legte er ▶ Mutung auf Eisenerz unter dem Namen „Gute Hoffnung“ ein.54 Von Anfang an plante er die Errichtung einer Eisenhütte im Klevischen und nicht die Verhüttung der Erze auf St. Antony. In seinem offensichtlich beim Bergamt in Hagen niedergeschriebenen Antrag stellte er fest, er sei

      „Willens in der Gegend von Dinslacken zwischen den 3 Flüßen Rhein, Rhur und Lippe, an dem mir

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