Froststurm. Jan-Tobias Kitzel

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Froststurm - Jan-Tobias Kitzel

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      »Di Matteo, Heiderlein und Izniv wollten so gegen drei wieder anfangen. Werde mich dann wohl dazugesellen.«

      Melanie nickte und schaute auf die Uhr an der Wand der Messe. »Ach, gut, dann haben wir ja noch zwei Stündchen. Wobei ...«, sie legte den Kopf leicht schief und Sebastian konnte das mittlerweile als ihre Geste des Nachdenkens einordnen, »eigentlich könnte ich jetzt gleich besser wieder in mein Büro verschwinden. Um diese Zeit erreicht man in New York die Leute am Besten und ich muss noch ein paar Gespräche mit den UN-Eierköppen dort führen.«

      Sie stopfte den letzten Bissen ihres Hamburgers in ihren süßen Mund und wischte mit der Serviette darüber. »Und, sehen wir uns nach deiner Schicht?«

      Sebastian konnte sich das Grinsen nicht verkneifen. »Glaubst du wirklich, du wirst mich jetzt noch so leicht los?«

      Sie schüttelte mit gespieltem Ernst den Kopf. »Aber Herr Born. Glauben Sie wirklich, ich hatte mehr als eine Befriedigung der ureigensten Triebe im Sinn?« Dann stand sie auf, ging zu ihm und küsste ihn sanft. »Es war sehr schön. Ich freue mich darüber. Über uns.«, flüsterte sie ihm ins Ohr und ging zur Tür. Bildete er sich das nur ein, oder wackelte sie etwas mehr mit dem Po, als notwendig. Als sie sich umdrehte und ihm zuzwinkerte, musste er lachen. Sie spielte mit ihm und er stellte sich nur zu gerne zur Verfügung.

      Als sie aus der Tür war, vertilgte er ebenfalls sein Müsli, spülte mit etwas O-Saft nach und ging in sein Quartier zurück. Mit etwas Glück konnte er noch fast zwei Stündchen pennen, bevor sich die anderen Forscher aus seiner Gruppe wieder treffen wollten. Die Müdigkeit schwemmte durch seine Glieder. Er hatte diese Nacht nicht wirklich geschlafen. Und bereute keine Minute davon.

      »Stimmen Sie da zu, Herr Kollege?«

      Sebastian schreckte hoch und sah, dass die anderen Leute aus seinem Team erwartungsvoll zu ihm sahen. Blut schoss ihm in die Wangen. Er war gedanklich gerade völlig woanders gewesen. Sanfte Haut, fordernde Berührungen, absolutes Glück für einen Sekundenbruchteil.

      Sebastian schüttelte den Kopf. »Entschuldigen Sie bitte, ich habe den letzten Teil nicht mitbekommen.«

      Der untersetzte Italiener Di Matteo lachte auf, ging um den Labortisch, der reich gefüllt war mit Reagenzgläsern unterschiedlichsten Inhalts, und schlug Sebastian freundlich auf die Schulter, wobei sein drittes Kinn im Takt mit seinem zweiten wabbelte.

      »Keine Sorge, es war nichts Wichtiges. Sie sehen eh sehr müde aus.«

      »Nichts Wichtiges?«, ereiferte sich Frau Heiderlein, der ihr weißer Kittel viel zu groß war. Kein Wunder, bei fast bulimischen Körpermaßen war selbst eine Wurstpelle zu weit. Dazu noch die strohig-blonden Haare und das kantige Mittfünfziger-Gesicht und Sebastian konnte nur zu gut verstehen, dass hinter ihrem Rücken diverse Bezeichnungen die Runde machten. Mit der aktuellen, »Hungerhaken«, war sie noch gut bedient. Ihr Mangel an Humor tat ein Übriges. Aber sie war eine brillante Chemikerin, daher hatte er sich diesem Team angeschlossen. Die Führung ließ den Forschern alle Freiheiten, sich zusammenzuschließen oder allein zu forschen, jeder wie er mochte. Es waren einfach zu viele Freigeister unter einem verdammt dicken Dach versammelt, jeder Zwang wäre da kontraproduktiv gewesen. Wenigstens war der ewig kalauernde Izniv, der die meist schweinischen Witze mit seinem russischen Akzent nicht wirklich besser machte, heute nicht mit von der Partie. Sonst hätte sich Sebastian längst die Kugel gegeben.

      »Ach, lassen Sie es doch gut sein, meine Beste!«, beschwichtigte Di Matteo und schob sich einen weiteren Schokoriegel in den Mund, nur um ausgerechnet Hungerhaken auch einen anzubieten, die ihn anschaute, als ob er ihr vorgeschlagen hätte, sich augenblicklich auszuziehen und es mit ihm auf dem Boden des gläsernen Labors zu treiben.

      Sebastian grinste, versteckte es schnell hinter der Hand und ließ es in ein Gähnen übergehen, als Heiderlein auch ihm einen bösen Blick zuwarf.

      »Also, wo waren wir stehengeblieben?« Sebastian ging zum nächsten der reichhaltig im Raum verteilten Terminals hinüber, zog sich einen Hocker heran und rief das Berechnungsprogramm auf, an dem sie gemeinsam arbeiteten. Das Klima war derart kompliziert, dass eine Berechnung verschiedener Einflussfaktoren ohne Computer völlig unmöglich war. Und zudem basierte das Modell auf seinen Entwürfen, was ihn etwas stolz machte.

      Der Italiener walzte von hinten heran und trotz der Größe des Labors, dem gläsernen Kasten in der Haupthalle der Anlage, fühlte sich Sebastian beengt.

      »Unsere werte Kollegin hier hatte gerade eingeworfen, dass Ihr Modell bisher die Auswirkungen der Meeresströmungen auf das Klima nicht ausreichend berücksichtigen würde.«

      Sebastian drehte sich auf dem Hocker um und erschrak fast. Heiderlein war nahezu lautlos direkt hinter ihn getreten und machte nun erschrocken einen kleinen Satz zurück, nur um ausgerechnet ihn danach tadelnd anzuschauen. Er nickte ihr zu. »Da haben Sie Recht. Das ist noch ein Schwachpunkt.« Das Grinsen, dass nun auf Hungerhakens Gesicht erschien, erinnerte mehr an einen Hai als an eine Frau und Sebastian beeilte sich, sich wieder zum Terminal umzudrehen.

      »Gut, dann wollen wir mal die zusätzlichen Daten einpflegen«, sagte er mehr zu sich und machte sich an die Arbeit. Das konnte dauern.

      Dreißig silberne Bytes für seinen Kopf

      Ein muffiger Geruch lag in der Luft, gemischt mit dem bitteren Aroma von rostigem Metall und altem Öl. Regina spürte jede einzelne der altersschwachen Federn des Sofas, saß mit angezogenen Beinen einfach nur da und ließ die Tränen über ihr Gesicht laufen. Ben war weg. Lebensmittel besorgen, damit sie sich erst mal verkriechen konnten. Hier. Im Nirgendwo. Irgendein halbleeres Lagerhaus, irgendein Industriegebiet. Völlig egal. Ihre Existenz war weg, einfach davongewischt von den Ereignissen der letzten Stunden. Wie sie im Eiltempo zu ihren beiden Wohnungen gerast waren und das Nötigste zusammen gekratzt hatten. Immer einen Blick über die Schultern geworfen, ein kerniges »Stehenbleiben, Sie sind verhaftet« erwartend. Nichts dergleichen war passiert, aber untertauchen mussten sie trotzdem. Denn es war nur eine Frage der Zeit, bis die Polizei ihre Namen und Adressen hatten, ihrem verlorenen Laptop sei Dank. Natürlich war sie eine brave IT-Frau gewesen und hatte ihr Laptop mit einer entsprechenden Verschlüsselung versehen. Aber wenn die Polizei es wirklich ernst meinte ... wie gesagt, nur eine Frage der Zeit. Dass außerdem ihr Portemonnaie mit im Rucksack gewesen war, machte die Diskussion um den Laptop überflüssig. Und ein Foto von Ben mit Liebesschwur in Handschrift auf der Rückseite lag in der Vordertasche. Ein letztes sarkastisches Detail, ein letztes Puzzlestück, das endgültig jenes Bild ergab, dass das Schicksal sich eine Meinung über ihre Aktivitäten gebildet hatte. Und es war ihnen nicht mehr wohlgesonnen, sondern hatte ihnen stattdessen in die Kniekehlen getreten. Lege dich nicht mit Mächten an, die du nicht begreifst. Sie umschlang ihre Beine. Salzig warm lief ihr die Tränen über die Wangen.

      Ihr fehlte Bobo. Aber Ben hatte recht. Einen Hund mit »auf die Flucht« zu nehmen, wäre eine bescheuerte Idee gewesen. Also hatte sie den Hund bei einer Nachbarin gelassen, die schon früher ab und zu mit ihm Gassi gegangen war. Bobo, der immer bei ihr im Bett geschlafen hatte und sie morgens so lange nervte, bis endlich Futter im Napf war. Ihr Schniefen hallte laut in dem halb leeren Büro der Lagerhalle nach, ein Weinkrampf schüttelte ihre Glieder und sie ließ sich von ihren Emotionen davontragen. Ihr Leben, wie sie es kannte, war vorbei.

      Ben saß neben ihr auf der altersschwachen Couch. Sie schwiegen sich an. Draußen surrte ein Gabelstapler durch die halbleere Halle und Regina schreckte hoch.

      »Keine Sorge. Das Büro wird nicht mehr gebraucht, wir können hier bleiben, hab ich abgeklärt.« Er legte seine Hand auf ihren Oberschenkel. Fast panisch wischte sie den Arm weg und stand auf.

      »Spinnst

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