Organisation gestalten – Stabile und dynamische Unternehmensstrukturen. Götz Schmidt
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Abb. 1.06: Aufgabenerfüllung schafft Leistungen für Märkte
Während die Leistungsaufgaben teilweise branchenspezifisch sind, gibt es die Verwaltungs- und Steuerungsaufgaben in nahezu allen Systemen gleichermaßen.
Die herausgehobene Rolle der Aufgaben wird auch noch durch eine andere Überlegung deutlich. Die Eignung eines Aufgabenträgers oder eines Sachmittels kann nur vor dem Hintergrund der zu erfüllenden Aufgaben beurteilt werden. Ein Aufgabenträger oder ein Sachmittel ist nicht „an sich“ ungeeignet, sondern nur im Hinblick auf die zu erfüllende Aufgabe. Auch kann der Bedarf an Informationen nur ermittelt werden, wenn bekannt ist, welche Aufgaben zu erledigen sind.
1.3.1.2 Aufgabenträger
Aufgabenträger sind Menschen. Sie stellen ihre Arbeitskraft zur Verfügung und werden dafür entlohnt. Ihre Gegenleistung besteht darin, Aufgaben zu erfüllen. Umgangssprachlich werden Aufgaben auch als Funktionen bezeichnet. Daraus hat sich der Begriff Funktionär entwickelt. Ein Funktionär ist eine Person, die bestimmte Aufgaben übernommen hat. So gesehen ist jeder Mitarbeiter ein Funktionär.
Aufgabenträger sind für organisatorische Lösungen insofern besonders wichtig, als die „beste“ Lösung scheitert, wenn sie von den Betroffenen nicht akzeptiert wird oder wenn es keine Möglichkeit gibt, geschaffene Stellen zu besetzen. Damit interessieren in Organisationsprojekten bezüglich des Aufgabenträgers zwei Themenbereiche:
die fachliche und persönliche Qualifikation von Aufgabenträgern
die Annahmen über die Leistungsmotivation, d. h. was einen Menschen dazu bewegt, Leistung zu erbringen, und unter welchen Bedingungen ein Mensch mit seiner Arbeit zufrieden ist (Arbeitszufriedenheit). Annahmen darüber, was für einen Menschen motivierend ist oder nicht, hängen von dem Bild ab, das man sich über „die Menschen“ macht. Unterschiedliche Menschenbilder können deswegen zu unterschiedlichen organisatorischen Lösungen führen (siehe dazu auch Kapitel 2.2.6).
Die fachlichen und persönlichen Anforderungen an Aufgabenträger hängen von organisatorischen Lösungen ab. Üblicherweise wird beim Entwurf organisatorischer Lösungen von bestimmten Berufsbildern (der Einkäufer, der Personalkaufmann, der Verkäufer, der Finanzbuchhalter etc.) ausgegangen oder es wird unterstellt, dass die benötigten Qualifikationen „entwickelt“ werden können.
Die fachliche und persönliche Qualifikation von Bewerbern für eine Stelle ermittelt normalerweise der Fachvorgesetzte, u. U. unterstützt durch die Personalabteilung. Die Spezialisten des Personalbereichs müssen geeignete Bewertungs- und Auswahlverfahren beherrschen. Deswegen gehört die Stellenbesetzung (der Einsatz von Mitarbeitern) nicht zu den organisatorischen Aufgaben.
Demgegenüber muss sich der Organisierende (der für die Organisationsplanung Zuständige) mit dem bestehenden Menschenbild (Annahmen über den Menschen) auseinandersetzen. Wird beispielsweise versucht, über ein Expertensystem die Arbeit von Versicherungskaufleuten zu verbessern, kann dieses Vorhaben aufgrund falscher Annahmen über Leistungsmotivation und Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiter scheitern. Fühlen sich die Mitarbeiter fachlich und sozial durch das neue System herabgestuft, protestieren sie mit hohem Krankenstand, hoher Fluktuation und innerer Kündigung.
Wenn organisatorische Lösungen erfolgreich sein sollen, benötigen die Organisierenden solide Kenntnisse über „den Menschen“. Der Analyse des Menschen haben sich die sozialwissenschaftlichen Disziplinen angenommen (Psychologie, Betriebspsychologie, Sozialpsychologie, Soziologie, Betriebssoziologie). Hier soll der allgemeine Hinweis darauf genügen. Vertieft wird die Thematik in Band 4 dieser Schriftenreihe „Change Management – (Über-) Leben in Organisationen“.
In den folgenden Abschnitten werden immer wieder bestimmte Annahmen über „den Menschen“ zugrunde gelegt, so z. B. die Annahmen, dass Autonomie (Gelegenheit zum selbstständigen Handeln) ebenso leistungsfördernd ist wie die Beteiligung an der Entscheidungsfindung (Partizipation) oder eine umfangreiche Information. Diese Annahmen sind normalerweise richtig. Im Einzelfall kann jedoch durchaus eine gegenteilige Wirkung auftreten, etwa, wenn sich ein Mitarbeiter durch zu große Autonomie überfordert fühlt oder wenn er Gruppenarbeit verabscheut.
1.3.1.3 Sachmittel
Organisatorische Lösungen erfordern auch den Einsatz von Sachmitteln. Dabei ist nicht nur an die Informationstechnik zu denken, sondern auch an „einfachere“ Sachmittel wie Telefon, Drucker, Kopiergeräte sowie Büroräume und das Mobiliar der einzelnen Arbeitsplätze. Zu den organisatorischen Aufgaben gehört damit auch die Auseinandersetzung mit Sachmitteln, d. h. die Auswahl, der Einsatz und die Unterstützung beim Einsatz von Sachmitteln.
Nach welchen Kriterien werden Sachmittel analysiert? Beispiele für solche Kriterien sind
Leistung
- quantitativ
- qualitativ
Verfügbarkeit/Service
Störanfälligkeit
Kosten
- Anschaffungskosten
- laufende Betriebskosten.
Wegen der Fülle unterschiedlicher Sachmittel, zu denen beispielsweise neben der Hardware auch Standardsoftware, Netzwerke usw. gehören, soll diese Thematik hier nur eingeordnet, nicht aber ausführlich behandelt werden. Dazu steht umfangreiche Spezialliteratur zur Verfügung.
1.3.1.4 Information
Als letztes organisatorisch bedeutsames Element soll die Information behandelt werden. Wie schon erwähnt wurde, dienen Informationen hauptsächlich der Erfüllung von Aufgaben. So benötigt ein Verkäufer von Büchern beispielsweise Informationen über
Bestände an lieferbaren Titeln
geplante Neuauflagen
Preise und Konditionen
Bonität von Kunden
Umfang von Geschäftsbeziehungen zu Kunden usw.
Nur wenn er diese Informationen besitzt, kann er die ihm übertragenen Aufgaben auch erledigen.
Für die Aufbauorganisation müssen Informationen analysiert werden. Unter einer Informationsanalyse wird hier das Ordnen oder Aufbereiten von Informationen oder Daten verstanden. Sie hat das Ziel, den Informationsbedarf und die dazu notwendigen Eingangs- und Ausgangsinformationen zu erkennen.
1.3.2 Beziehungen der Aufbauorganisation
Wie schon erwähnt, werden in der Aufbauorganisation statische Beziehungen zwischen den eben genannten Elementen hergestellt (siehe Kapitel 1.1).
In der Praxis standen lange die klassischen Leitungssysteme im Vordergrund, die hier als hierarchische Modelle bezeichnet werden. Neben diesen klassischen Leitungssystemen haben sich darüber hinaus vielfältige Formen der Sekundärorganisation herausgebildet. Sie sind dadurch gekennzeichnet, dass sie die Primärorganisation überlagern. Die in den letzten Jahren wichtiger gewordenen hierarchiearmen Modelle der Organisation stehen formal neben den genannten klassischen Modellen der Primär- und der Sekundärorganisation, sie finden sich aber auch häufig innerhalb klassischer