Organisation gestalten – Stabile und dynamische Unternehmensstrukturen. Götz Schmidt
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Die Dominanz der Aufbau- über die Prozessorganisation war lange Zeit relativ unproblematisch, weil die Märkte die damit verbundenen Nachteile toleriert haben. Diese Zeiten sind vorbei. Die Nachteile des „klassischen Ansatzes“, wie z. B. lange Durchlaufzeiten aufgrund der vielen Schnittstellen, zeigen sich in hart umkämpften, dynamischen Märkten immer deutlicher. Deswegen kann die These gewagt werden, dass nur solche Unternehmen auf Dauer überleben werden, die bei der Gestaltung der Aufbauorganisation von den zentralen Prozessen ausgehen, die also die Dominanz der Prozesse über die Aufbauorganisation akzeptieren und umsetzen. Insofern kann wohl zu Recht von einem grundlegenden Wechsel im gedanklichen Ansatz der Aufbauorganisation – in der Sprache der Theorie von einem Paradigmenwechsel – gesprochen werden.
1.2.2 Trennung als Kunstgriff
Es wird gelegentlich gefordert, auf die Trennung in Aufbau- und Prozessorganisation ganz zu verzichten, da diese Aufspaltung zu den gerade angedeuteten Problemen wie Bereichsdenken, Suboptimierung, viele Schnittstellen usw. geführt habe. Diese Argumentation übersieht im Wesentlichen zwei Sachverhalte:
Die Trennung ist ein methodisch notwendiger Kunstgriff bei der Gestaltung komplexer Lösungen, und die Neugestaltung einer Organisation ist in aller Regel ein sehr komplexes Vorhaben.
Der mangelhafte Umgang mit diesem gedanklichen Modell sollte nicht zur Ursache für nachteilige Folgen gemacht werden. (Es wird kaum jemand auf den Gedanken kommen, die Gesetze der Fliehkraft dafür verantwortlich zu machen, dass ein Auto aus der Kurve fliegt. Die Verantwortung liegt doch wohl eher beim Fahrer, der die Auswirkungen dieser Gesetze kennen muss.)
Die Trennung zwischen Aufbauorganisation und Prozessorganisation soll die gedankliche Auseinandersetzung mit organisatorischen Fragen erleichtern. Kehren wir noch einmal zu dem Beispiel von Herrn Buch zurück.
Wenn Herr Buch gemeinsam mit dem Berater über eine neue Aufbauorganisation spricht, so denken beide in vereinfachten Zusammenhängen. Sie beschäftigen sich mit der Stellenbildung (etwa ob die Stellen eher spezialisiert oder eher generalisiert werden). Wenn Herr Buch sich dafür entscheidet, einen Mitarbeiter ganzheitlich für den Kunden zuständig zu machen, dann denkt er in diesem Augenblick an ein Teilgebiet der Aufbauorganisation. Dazu hat er sich vorher vermutlich den Kopf darüber zerbrochen, bei welchen zentralen Prozessen Schnittstellen zu minimieren sind. Dabei dachte er in den Kategorien der Prozessorganisation. Wenn er dann mit dem Berater darüber diskutiert, welche Informationen der Mitarbeiter benötigt, denken sie an ein weiteres Teilgebiet der Aufbauorganisation. Schon dieses einfache Beispiel macht deutlich, dass es gar nicht möglich ist, alle diese Sachverhalte gleichzeitig im Auge zu behalten.
Die Trennung in Aufbau- und Prozessorganisation ist ein Kunstgriff, der dem Systemdenken entspringt. Bei der Neugestaltung komplexer Systeme werden diese nach außen abgegrenzt und im Inneren in kleinere, gedanklich beherrschbare Fragestellungen oder Teilprojekte (Unter- bzw. Teilsysteme) zerlegt. Sie werden zwar nacheinander durchdacht und bearbeitet, dann aber integriert, d. h. auf Verträglichkeit überprüft und aufeinander abgestimmt.
Zur Vertiefung des Themas Prozessorganisation siehe Band 9 „Praxishandbuch Prozessmanagement“ dieser Schriftenreihe.
1.3 Das Baumaterial der Aufbauorganisation
Im Folgenden soll die Aufbauorganisation in ihre
Elemente (Bestandteile)
Beziehungen (Verknüpfungsformen) und
Dimensionen (Eigenschaften)
zerlegt werden, um den Einstieg in das Thema zu systematisieren. Zur Orientierung soll ein Würfel beitragen, dessen Seiten kurz erläutert werden. Wie oben schon erwähnt, gelten diese Elemente und Dimensionen selbstverständlich auch für die Prozessorganisation.
Abb. 1.04: Organisationswürfel
1.3.1 Elemente der Aufbauorganisation
Organisatorische Lösungen werden immer aus den gleichen Baumaterialien hergestellt. Diese Materialien sollen hier als Elemente bezeichnet werden. Es gibt vier grundlegende Elemente – dabei ist zu beachten, dass der Sachmittelbegriff sehr weit gefasst ist:
Aufgaben
Aufgabenträger
Sachmittel
Information.
Abb. 1.05: Elemente der Organisation
1.3.1.1 Aufgaben
Ganz gleich, ob eine Unternehmung neu aufgebaut, eine bestehende Unternehmung reorganisiert oder nur eine kleine Einheit organisatorisch bearbeitet werden soll, jede Organisationseinheit lässt sich durch ihre Aufgaben beschreiben. Die Aufgaben des Bereiches, der organisatorisch neu gestaltet werden soll, sind das Fundament aller aufbau- und ablauforganisatorischen Lösungen.
Aufgaben stehen damit im Mittelpunkt der Organisationsarbeit. Organisieren bedeutet letztlich, Regelungen zu finden, die sicherstellen, dass alle notwendigen Aufgaben bestmöglich erfüllt werden. Nur wenn ein System Aufgaben erfüllt, hat es eine Daseinsberechtigung. Das gilt für öffentlich-rechtliche Systeme ebenso wie für privatwirtschaftliche. Erst wenn ein System Aufgaben erfüllt, kann es erwarten, dass der Markt im Gegenzug bereit ist, dafür auch einen Preis zu zahlen.
Die Aufgaben eines Verlags bestehen primär darin, Bücher und Zeitschriften bereitzustellen und für deren Vertrieb an interessierte Kunden zu sorgen. Das sind die eigentlichen Leistungsaufgaben. Neben den Leistungsaufgaben gibt es weitere, interne Aufgaben, die sogenannten Unterstützungsaufgaben.
Beispiele für (primäre oder) Leistungsaufgaben:
Forschung und Entwicklung
Einkauf
Produktion
Vertrieb
Kundendienst.
Für diese Leistungen ist der Kunde bereit, einen Preis zu zahlen.
Unterstützungs- bzw. Verwaltungs- und Steuerungsaufgaben sind eher nach innen gerichtete, interne Aufgaben, die die Funktionsfähigkeit eines Systems aufrechterhalten.
Beispiele dafür sind:
Finanzierung
Rechnungswesen
Controlling
Revision
Personalwesen
Sozialverwaltung
Sachanlagenverwaltung
Organisation
allgemeine