Raue Februarwinde über den Elbmarschen. Manfred Eisner

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Raue Februarwinde über den Elbmarschen - Manfred Eisner

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Stellen bereits meterhoch auftürmt.

      Waldi und Nili begleiten die beiden hinaus: »Fahrt vorsichtig, Freunde! Wenn Petrus so weitermacht, geht hier bald auf den Straßen nichts mehr«, orakelt Nili.

      Bevor Hauke in den Wagen steigt, fragt er: »Sagt mal, liebe Kollegen, würdet ihr uns bei diesem Fall eine Hand reichen? Mir schwant, dass wir allein nicht weiterkommen werden. Es hat wegen der Windräder in letzter Zeit einen ziemlichen Aufruhr in der Bevölkerung gegeben. Wenn dieser Fall irgendwie damit zu tun haben sollte, na denn Mahlzeit!«

      »Im Prinzip sehr gerne, nicht wahr, Waldi?«, sagt Nili. »Aber ehrlich gesagt glaube ich kaum, dass euer Boss, der ehrenwürdige Herr Kriminaloberrat Stöver, so etwas zulassen würde. ›Hein Gröhl‹ ist doch berühmtberüchtigt wegen seiner Abneigung gegen jede ›Einmischung‹ von außen, daran kann ich mich noch sehr gut erinnern!«

      »Versucht doch erst einmal die Leiche zu identifizieren«, beschwichtigt Waldi. »Wenn ihr wisst, um wen es sich handelt, und dann tatsächlich Hilfe benötigt, gebt uns Bescheid! Dann ergibt sich vielleicht eine passende Gelegenheit. Und nun ab mit euch, bevor es wieder schneit. ’ne gute Fahrt und tschüss!«

       *

      Kranführer Wilfried Beuck parkt sein Audi Q5 vor dem Eingangstor des Barghus. »Komm schon, Sigfried, wir müssen dem Chef Bericht erstatten.«

      Monteur Förster steigt ebenfalls aus. Beide betreten die geräumige Diele des ehemaligen Bauernhauses, in dem der Sitzungssaal der Genossenschaft eingerichtet wurde. Sie gehen weiter bis zu einer Tür, an der ein Schild mit der Aufschrift »Technischer Leiter« und dem Namen des Diplomingenieurs – Wolfgang Schneider – angebracht ist.

      »Herein!«, ertönt es von innen, nachdem Beuck angeklopft hat. Schneider begrüßt die beiden, überrascht über ihr unerwartetes Erscheinen.

      Der Kranführer berichtet kurz von der Anordnung des Montageleiters Klages, die sie zur Inspektion der Gerätschaften an die Baustelle geführt hatte, und von dem dabei erfolgten grausamen Fund.

      »Oh weh, das ist ja fürchterlich! So etwas hat uns gerade noch gefehlt! Verdammt noch mal, womit haben wir nur dieses Schlamassel verdient? Wer uns das wohl eingebrockt hat!« Schneider lässt die beiden ausführlich berichten. »Habt ihr sonst irgendjemandem von dem Leichenfund erzählt?« Als Wilfried Beuck und Sigfried Förster verneinend die Köpfe schütteln, greift Wolfgang Schneider zum Telefon. »Dann macht jetzt mal Feierabend, Jungs. Ich kümmere mich darum. Seid so nett und haltet die Schnauze über diesen Vorfall. Wir müssen ja nicht unbedingt alle Hunde wecken. Das werden mit Sicherheit andere zur Genüge tun, vor allem die feindseligen Medien!«

      Die Angesprochenen murmeln nur noch ihr »Auf Wiedersehen, Chef!« und verschwinden lautlos durch die Tür.

      »Hier ein aufgebrachter Alfred Rademacher am Hörer! Wer wagt es, meine heilige Sonntagsruhe derart zu stören?« Der Geschäftsführer der Genossenschaft ist offensichtlich über den Anruf wenig erfreut.

      »Tut mir leid, Herr Rademacher, dass ich Ihre Siesta unterbreche, aber ich muss Ihnen ein sehr bedauerliches Ereignis melden, das zudem keinen Aufschub erlaubt!« Schneider erzählt seinem Vorgesetzten von dem Vorfall, so wie dieser ihm soeben gemeldet worden war.

      Nachdem Alfred Rademacher seinem ersten Entsetzen lauthals Luft gemacht hat, beruhigt er sich und senkt seine Stimme. »Mensch, Schneider, das kommt ja wohl wirklich zum allerunglücklichsten Zeitpunkt. Keine Ahnung, um wen es sich bei dem Toten handeln könnte? Ich meine, hat er irgendetwas mit unserem Unternehmen, mit unseren Gegnern oder etwa mit unserem Projekt zu tun?«

      »Soweit unsere Mitarbeiter mir soeben berichteten, ist die Antwort eindeutig nein! Es scheint sich um eine uns völlig unbekannte Person zu handeln, jedenfalls hat keiner der dort ermittelnden Beamten irgendwie erkennen lassen, dass die Identität des Toten bekannt sei. Mir scheint, der Täter hat einfach nur nach einem günstigen, weil weitab gelegenen und kaum frequentierten Ort gesucht.«

      »Ihr Wort in Gottes Ohren, mein lieber Schneider! Fällt Ihnen irgendetwas ein, was wir eventuell tun sollten?«

      »Ich denke, zunächst am besten die Ruhe bewahren, sehr geehrter Herr Rademacher. Informieren Sie doch erst einmal die anderen Vorstandsmitglieder. Meiner Meinung nach sollten wir ›abwarten und Tee trinken‹, wie der alte, weise Friese sagt. In der augenblicklichen Situation können wir sowieso nichts anderes tun. Vielleicht lässt sich unsere PR-Dame vorsorglich einen passenden Text für die Verlautbarung an die Medien einfallen. Das könnte sich durchaus positiv für uns auswirken, sobald der Vorfall publik wird.«

       *

      »Hast du nun endlich deine Entscheidung getroffen, Schwiegervater? Die Bedenkzeit, die Regine und ich dir vor zwei Wochen gegeben haben, ist um. Wir müssen nun endlich erfahren, woran wir sind.«

      Norbert Bahlke fängt sich einen scheelen Blick des Altbauern Theo Thode ein. »Ick hef yum segt, ick lass mi nie nich de Pistol op de Bost setten!«, antwortet er stur.

      »Dann dait uns dat mannig leid, Vadder, dann schalt wi nun uttrecken!«, verkündet seine Tochter Regine mit von Tränen erstickter Stimme.

      Der Altbauer springt von seinem Stuhl auf, hinkt hinüber zu seiner Tochter und umarmt sie. »Woll du worhaftig dien ol’n Vadder leddig loten, mien Deern?«

      »Kannst du uns nicht wenigstens etwas entgegenkommen?«, fragt Norbert Bahlke. »Natürlich möchten Regine, die Kinder und auch ich keineswegs von hier weg. Du musst aber verstehen, dass es so, wie es bisher war, nicht weitergehen kann. Wir haben kein Geld mehr in der Kasse, sind praktisch pleite und müssen jede Woche zwei Milchkühe dem Schlachter überlassen. Sieh doch der Realität ins Gesicht! Diese Art Landwirtschaft wirft in der heutigen Zeit keinen Gewinn mehr ab, von dem wir alle einigermaßen anständig leben könnten. Und ich muss an unsere Zukunft und an die unserer Kinder denken. Die sollen doch was Ordentliches lernen! Leider haben sie hier auf dem Hof kaum noch eine Zukunft, und ohne Bildung bekommen sie keinerlei Chance für ihr Leben. Die Windräder wären unsere Rettung. Glaube mir, wir meinen es nicht böse mit dir, aber ich kann doch nicht weiter mit ansehen, wie meine ganze Familie darbt, nur weil du uns diese uns einzig verbliebene Möglichkeit vereitelst.«

      Regine sieht ihren Vater flehend an. »Vadder, denk doch an unsere liebe verstorbene Modder, dien Siglinde, die hätte uns ganz bestimmt recht gegeben!«

      Altbauer Theo Thode wendet sich von seiner Tochter ab und dreht sich zu seinem Schwiegersohn um. Dieser bemerkt verwundert, dass zwei dicke Tränen über die wettergegerbten, runzligen Wangen des Alten kullern. Mit heiserer Stimme gibt sich Theo Thode geschlagen. »Dann mokt man in Gottes Nomen, wat ihr wullt!« Schwer hinkend verlässt er die Wohnküche.

      Erleichtert fallen sich Norbert und Regine in die Arme.

       *

      »Ruf bitte all die Freunde zusammen, Elisabeth! Es gibt brisante Neuigkeiten!«

      »Was ist denn los, Martha, weshalb die Aufregung?«, flötet Elisabeth Beckstein, die Erste Vorsitzende des BÜGEWIR – Bürger gegen Windräder e. V. – mit Sitz in Neufeld am Dithmarscher Nordseeufer, verwundert ins Telefon.

      Die Aktivistin Martha Waldberg antwortet: »Jonas hat mich gerade angerufen. Er sagt, dass in einer Fundamentgrube am neuen Windpark bei Oldenmoor eine Leiche gefunden wurde. Ob das einer von unseren Leuten ist?«

      »Mensch, Martha, denk doch mal nach! Glaubst du wahrhaftig, dass bei

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