Er, Sie und Es. Marge Piercy

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Er, Sie und Es - Marge Piercy

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der menschlichen Brust und einen durch den Kopf. Eine milchige Flüssigkeit lief heraus, anstelle von Blut. Es schien halb Maschine zu sein und halb neu erschaffenes biologisches Gebilde.

      David stöhnte und schlug die Augen auf. Jetzt erst bemerkte Avram Gadi und Shira. »Was macht ihr Kinder denn hier?«

      »Wir hörten Schreie, Lasergeräusche«, sagte Gadi. »Und wer ist das?«

      »Es ist ein Roboter«, sagte Shira. Sie war schockiert, denn Roboter waren immer ganz offensichtlich mechanische Apparate in Gestalt der Maschinen, die sie ersetzten. Künstliche Intelligenz war das Reich körperloser Computer, nicht das der Roboter, die überall niedere Arbeiten ausführten. Die Computerintelligenzen waren ungeheuer, aber Roboter besaßen nur genug Intelligenz, um für einfache Tätigkeiten programmiert werden zu können: Reinigung, Reparaturen, Bergbau, Fabrikation.

      Avram ließ David an die Wand sinken und sprang auf, packte sie am Arm. Er tat ihr weh, aber sie hatte zu viel Angst, um sich zu beklagen. Avram hatte eine leuchtend weiße Haarmähne, seine blitzenden blauen Augen glitzerten wie Glasscherben. »Du hast das nicht gesehen.«

      »Was ist hier los?«, sagte Gadi und trat auf seinen Vater zu. »Shira hat nichts getan. Wir haben die Waffe gehört. Wo hast du sie her?«

      »Das geht euch beide nichts an. Euch geht gar nichts hier an. Das ist einfach nur ein erfolgloses Experiment. Wir vergessen es und Schluss.«

      »Was ist passiert?«, rätselte Shira und versuchte wiederholt, ihren Arm loszureißen. Roboter reinigten die Straßen und die Häuser von denen, die sich welche leisten konnten, reparierten alles von Wasserleitungen bis zu Fahrzeugen, taten die gewöhnliche Schmutzarbeit. Mittelstandskinder wuchsen mit wenigstens einem Spielzeugroboter auf, und reiche Kinder hatten Roboter in allen möglichen Gestalten, um darauf zu reiten oder damit zu spielen, aber das hier war ein seltsamer, menschenartiger Roboter.

      »Nichts«, sagte Avram. »Der hier kann nicht repariert werden.«

      »Warum hast du ihn zerstört?«, fragte Gadi. »Wo hast du eine Waffe her?«

      Nur Konzernsicherheitskräfte und die Ökopolizei hatten legale Waffen. Alle anderen mussten sich Waffen auf dem Schwarzmarkt beschaffen oder bei Raubzügen erbeuten.

      »David ist gestürzt und hat sich verletzt. Es ist wichtiger, eine Rettungsmannschaft zu holen, als hier herumzustehen und zu schwatzen.« Aber was tat Avram? Er ließ sich von Gadi und Shira helfen, den Roboter auf einen Tisch zu legen, wo er rasch damit begann, ihn auseinanderzunehmen. Der Roboter war wesentlich schwerer als ein Mensch. Sie hatte noch nie einen in Menschengestalt gesehen. Es war illegal, sie so zu machen. Genauso illegal war es, Roboter mit menschenähnlicher Intelligenz zu erschaffen. Die obere Hälfte des Gesichts war zerstört, aber er hatte ein menschliches Kinn. Die Oberfläche fühlte sich wie Haut an, aber trockener. Er war tot. Nein, eine Maschine konnte nicht sterben. Maschinen gingen einfach kaputt.

      Avram brach den linken Arm am Ellbogen ab und dann an der Schulter, tat das Gleiche mit dem rechten Arm. »Tut mir leid, dass es sich anhörte, als wäre ich böse auf dich, Shira, aber das ist sehr wichtig für mich.«

      »Ich sage es auch niemandem.« Sie versuchte immer wieder, sich bei Avram beliebt zu machen. Manchmal hatte sie den Eindruck, er mochte sie, und manchmal schien er einfach durch sie hindurchzublicken. Manchmal versetzte ihn ihre bloße Anwesenheit in gereizten Zorn.

      »Gadi, hol jetzt Hilfe. Sag ihnen, David ist von einer Leiter gestürzt und hat sich den Kopf angeschlagen. Shira, du solltest gehen. Malkah muss bald nach Hause kommen. Versprich mir, dass du ihr nichts davon erzählst.« Seine hellen Augen bohrten sich in ihre.

      »Ich verspreche es. Ich sage kein Wort.«

      Er fuhr herum und funkelte sie an. »Gut. Denn wenn ich höre, dass du das Malkah erzählt hast oder irgendjemand sonst, dann bekommst du Ärger mit mir. Ich werde dafür sorgen, dass du nichts mehr mit Gadi zu tun hast, und ich meine nichts. Ich werde ihn ins Internat schicken.« Avram führte sie zur Treppe.

      Avram drohte immer damit, Gadi in ein strenges Internat zu stecken, das ihm Disziplin beibringen sollte. Shira nickte heftig zum Zeichen ihrer Zustimmung. Als Avram sie weiter anstarrte, sagte sie: »Ich sage zu keinem Menschen ein Wort, ich verspreche es. Ich verstehe das sowieso nicht.«

      »Natürlich nicht … Sara! Was tust du denn da, wieso bist du nicht im Bett?«

      Sie stand am Fuß der Treppe, dünn, mädchenhaft in ihrem blauen Morgenrock und den langen braunen Haaren, die über ihre Schultern fielen. »Ich hörte … Geschrei. Laserfeuer. Ich hatte Angst um dich.« Sie stolperte und Avram stürzte die Treppe hinunter, um sie in die Arme zu nehmen und in ihre Wohnung zu führen.

      »Es war nichts, nichts«, sagte er. »Reg dich nicht auf.« Er schloss die Tür hinter sich.

      Draußen auf der Straße sagte sie zu Gadi: »Avram hätte einen Arzt über den Com-con rufen können. Uns zu schicken ist Zeitverschwendung.«

      »Er muss das Ding noch verstecken. Was für eine Art Roboter kann einen Menschen verletzen? Sie sind alle so programmiert, dass sie sich selbst zerstören, bevor sie jemand Schaden zufügen.« Gadi schüttelte den Kopf. »Da geht etwas sehr Merkwürdiges vor.«

      »Wie konnte das Ding David verletzen? Vielleicht hat sich dein Vater mit David geprügelt?«

      »Mit einem Lasergewehr?« Gadi rollte die Augen.

      »Das macht keinen Sinn.«

      »Muss es aber«, sagte Gadi. »Was Vater tut, macht immer Sinn, sogar, wenn er sich irrt. Er würde nie eine Prügelei vom Zaun brechen. Sag ja nichts Malkah.« Gadi blieb vor der Straße stehen, die zum Krankenhaus führte, und packte sie bei den Schultern. »Er schickt mich sonst weg, Shira!«

      »Ich erzähle ihr kein Wort. Ich habe dem Haus gesagt, dass ich bei Zee bin. Malkah hasst es, wenn ich lüge – ich meine, wenn sie mich ertappt.«

      Sie trennte sich von ihm an der Ecke und ging weiter zu ihrem Haus, am Ende des Blocks auf der anderen Seite einer alten Gasse. Sie hoffte, Malkah würde noch nicht zu Hause sein, damit sie Zeit hatte, über das nachzugrübeln, was eben geschehen war. Dann fiel ihr ein, dass sie keine Jungfrau mehr war, und einen Moment lang musste sie darüber lächeln, unschlüssig, während sie zögerte, sich auszuweisen. Es war keine große Sache, aber es war doch etwas, so wie ihre Barmizwa, beides Riten, zur Frau zu werden. Sie hatte nicht geblutet, aber sie war wund. Sie legte ihre Hand auf die Platte, die Tür ging auf und das Haus begrüßte sie: »Komm herein, Shira. Malkah ist noch nicht hier. Sie möchte, dass du aus der Kantine Abendbrot holst. Dann mach einen Salat aus dem Garten.«

      Sie schloss die Tür, ohne zu antworten, aber anstatt in die Küche zu gehen, ging sie langsam in ihr Zimmer und schaute in den Spiegel. »Ich liebe Gadi«, sagte sie dem Spiegel, wie schon viele hundert Mal.

      Das Haus, das wie gewöhnlich zuhörte, antwortete ihr. »Liebe ist wichtig, Shira, an ihrem Platz in einem ausgewogenen Leben, aber in deinem Alter ist die Liebe deiner Familie am wichtigsten. Du willst doch nicht Malkah verärgern, indem du versäumst, Abendbrot zu holen und den Salat zu machen.«

      Jetzt gab ihr ein Computer Ratschläge über die Liebe: ein körperloser Computer, oder vielmehr einer, dessen Körper sie bewohnte, dessen Körper das Haus war. »Jetzt gehören wir einander mehr denn je«, sagte sie dem Spiegel, aber stumm, damit das Haus sie nicht um Erklärung bat, was sie damit meinte, jemand anderem zu gehören. Stattdessen fragte sie laut: »Warum gibt es ein weltweites

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