Kreta Reiseführer Michael Müller Verlag. Eberhard Fohrer
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Wie dem auch sei, Evans’ gewagte und originelle Rekonstruktionen haben jedenfalls dazu beigetragen, Knossós „attraktiv“ zu machen. Sie sind bis heute nahezu unverändert, obwohl die Wissenschaft mittlerweile vieles anders sieht - und die meisten Besucher freuen sich daran, auch wenn Knossós die zweitteuerste archäologische Stätte Griechenlands ist (nach der Akropolis in Athen).
Geschichte
Der Palasthügel von Knossós war schon während der Jungsteinzeit besiedelt - unter dem Zentralhof hat man Reste von Wohnhütten gefunden. Nach 2000 v. Chr. entstand dann der erste Palast, gleichzeitig mit den Palästen von Festós und Mália. Bereits damals muss um den Hügel herum eine größere Siedlung existiert haben.
Um 1700 v. Chr. wurden Knossós und die anderen Paläste wahrscheinlich durch ein Erdbeben zerstört, bereits um 1600 aber wiederaufgebaut - noch schöner und wesentlich größer als vorher. Die Blütezeit der minoischen Kultur fällt in diese Zeit. Knossós war der Mittelpunkt der Insel, mit seinen beiden Häfen und weit über 100.000 Einwohnern hatte die Stadt um den Palast wohl annähernd so viele Einwohner wie das heutige Iráklion! Von Knossós aus sollen der sagenhafte König Mínos und seine Nachfolger die ganze Insel und das östliche Mittelmeer beherrscht haben.
Das Labyrinth des Minotauros
Laut Arthur Evans war Knossós der Schauplatz des grausigen Mythos um den Minotauros (→ Geschichte). Imponierend in seiner Größe und Vielfältigkeit wirkt der Palast auch heute noch. Aber wie mögen ihn erst die Festlandsgriechen empfunden haben, als sie ihn nach der rätselhaften Brandkatastrophe von 1450 v. Chr. durchstöberten? Eingestürzte Lichtschächte und Mauern, lange rätselhafte Gänge, verschüttete Etagen, Treppen ins Dunkel ... Evans vermutete, dass sie ihn damals nach den zahllosen Doppeläxten (= labrys), die überall in die Wände und Pfeiler geritzt waren, „Labyrinthos“ nannten. Allmählich wurde dieses Wort gleichbedeutend mit Chaos und Irrgarten, in dem sich kein gewöhnlicher Sterblicher mehr zurechtfindet - das Wort Labyrinth war entstanden. So weit die Theorie von Evans, allerdings gibt es dagegen gewichtige Einwände und die Vermutung, dass sich das Labyrinth von Kreta ganz woanders befand (→ Link).
1450 v. Chr. bricht eine bis heute rätselhafte Katastrophe über Kreta herein, nach älteren Theorien verursacht durch einen gewaltigen Vulkanausbruch auf der Insel Santoríni, der eine ungeheure Flutwelle erzeugt, die wenig später die kretische Nordküste erreicht und furchtbare Verwüstungen anrichtet. Neuere Untersuchungen stellen den Zusammenhang zwischen Vulkanausbruch und Zerstörung der Paläste jedoch entschieden in Frage (→ Geschichte). Was auch immer die Ursache gewesen sein mag, der Palast brennt jedenfalls bis auf die Grundmauern nieder. Brandspuren sind noch heute an der Westfront zu erkennen. Anders als die übrigen Paläste wird Knossós aber zum zweiten Mal wiederaufgebaut, wahrscheinlich von den Mykenern, die damals Kreta eroberten. Aus dieser Zeit stammen auch die berühmten Linear-B-Schrifttäfelchen, die man auf Kreta nur hier gefunden hat - wahrscheinlich die älteste Form des mykenischen Griechisch. In den 1950er Jahren konnte ein Brite die Schrift entziffern (→ allgemeiner Teil/Geschichte).
Um 1400 folgt dann die endgültige Zerstörung des Palastes, vielleicht durch wieder neue Eroberer. Die Siedlung Knossós bleibt jedoch bestehen, ebenso wie ihre Häfen. Die Dorer bewohnen fortan die noch immer mächtige Stadt. Sie überdauert sogar die Besetzung durch Römer und Byzantiner, bis sie im 9. Jh. n. Chr. von den Sarazenen zerstört und geplündert wird. 1271 wird sie erstmals urkundlich erwähnt und ist mit Unterbrechungen bis heute bewohnt.
Die Ausgrabungen
Das Vorhandensein einer mächtigen Stadt Knossós war schon lange bekannt. Homer hatte in seiner Odyssee von ihr als Hauptstadt Kretas und Sitz des sagenhaften Königs Mínos berichtet. Aber den uralten Mythen hatte jahrhundertelang niemand Glauben geschenkt - bis der deutsche Hobbyarchäologe Heinrich Schliemann Ende des 19. Jh. auf Grund seiner Homer-Studien Troja fand und mit seinen Ausgrabungen in Mykéne und Tíryns das Vorhandensein einer glänzenden Kultur lange vor der Zeit des „Klassischen“ Hellas bewies.
Schliemann war es schließlich auch, der dem Palast von Knossós auf der Spur war. Auf dem Hügel von Kephála, nahe bei Iráklion, sollte Knossós auf Grund der Überlieferung liegen. Hier waren auch schon eine Menge Funde gemacht worden - der Besitzer des Geländes, der kretische Kaufmann Minos Kalokairinos, hatte schon seit 1878 Probegrabungen vorgenommen und dabei mächtige Tonpithoi und Steine mit Steinmetzzeichen entdeckt. Aber die damaligen türkischen Behörden unterbanden die Ausgrabungen. 1886 kam Schliemann nach Iráklion und wollte das ganze Gelände kaufen. Der geforderte Kaufpreis erschien ihm jedoch zu hoch, zumal er skeptisch war, was den Fundort anging. Da er außerdem alle Funde den griechischen Behörden hätte abliefern müssen, reiste er ab - und beging damit den größten Fehler seiner Laufbahn!
1894 kam Arthur Evans nach Knossós. Er war der Sohn eines vermögenden Altertumsliebhabers, finanziell unabhängig und ein begeisterter Hobby-Archäologe. Sein besonderes Interesse galt eigenartigen Siegelsteinen mit merkwürdigen, nie gesehenen Schriftzeichen, die er bei einem Antiquitätenhändler in Athen entdeckt hatte. Auf die Frage, woher er diese Steine habe, antwortete ihm der Händler: „Aus Kreta.“ Auf Kreta angelangt, entdeckte Evans die rätselhaften Schriftzeichen auf den verschiedensten Zufallsfunden auf der ganzen Insel. Vor allem aber bemerkte er, dass viele Frauen in ländlichen Gegenden diese uralten, durchlochten Siegelsteine um den Hals trugen. Jetzt war sein Interesse gänzlich geweckt. Als er sah, was auf dem Hügel Kephála gefunden worden war, witterte er seine Chance. Er erwarb einen Teil des Geländes und sicherte sich damit das Recht, ein Veto gegen jegliche Ausgrabungen von anderer Seite einzulegen. Vier Jahre später verließen die Türken Kreta und er konnte das gesamte Gelände kaufen.
Im März 1900 begannen die Ausgrabungen. Noch im selben Monat wurde ihm klar, dass ein ganzes System von Gebäuden unter der Hügelkuppe ruhen musste. In seinem Tagebuch notierte er: „Nichts Griechisches, nichts Römisches