Meditation ist nicht, was Sie denken. Jon Kabat-Zinn

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Meditation ist nicht, was Sie denken - Jon Kabat-Zinn

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Dimensionen und diesen neuen Graden von Freiheit finden können, ein Weg, der nicht bloß einigen wenigen Auserwählten offensteht. Jeder kann sich auf diesen Pfad begeben und dort sehr vieles finden, was ihm nützlich ist und ihm wohltut.

      Zur Besinnung kommen ist etwas, was keinerlei Zeit erfordert, einzig und allein unsere Präsenz und Wachheit hier und jetzt. Paradoxerweise ist es zugleich eine lebenslange Aufgabe. Man könnte sagen, dass wir uns dieser Aufgabe „für unser Leben“ widmen – in jedem denkbaren Sinne.

      Wollen wir auf allen nur möglichen Ebenen zur Besinnung kommen, dann besteht der erste Schritt darin, dass wir Intimität mit unserem Bewusstsein an sich entwickeln. „Achtsamkeit“ ist ein Synonym für „Gewahrsein“. Meine Arbeitsdefinition von Achtsamkeit lautet: „das Gewahrsein, das entsteht, wenn man absichtsvoll aufmerksam ist, im gegenwärtigen Moment und ohne zu urteilen“. Sollten Sie einen weiteren guten Grund brauchen, ließe sich dem noch hinzufügen: „im Dienste der Weisheit, des Verständnisses für uns selbst und des Erkennens unserer intrinsischen Verbundenheit mit anderen und der Welt und somit auch im Dienste von Güte und Mitgefühl“. Achtsamkeit hat eine intrinsische ethische Dimension, wenn man versteht, was „ohne zu urteilen“ wirklich bedeutet. Ganz sicher bedeutet es nicht, dass Sie keine Urteile mehr haben sollen – Sie werden weiterhin jede Menge Urteile haben. Es ist vielmehr eine Einladung, sich mit den Urteilen zurückzuhalten, so gut Sie können, und sie einfach zu erkennen, wenn sie auftauchen, aber dann auch das Urteilen selbst nicht zu verurteilen.

      Unsere Fähigkeit zu Gewahrsein und Selbsterkenntnis könnte man als die „ultimative Gemeinsamkeit auf dem Weg zu unserem eigentlichen Menschsein“ bezeichnen. Durch die Kultivierung von Achtsamkeit bekommen wir Zugang zu der Kraft und Weisheit unseres Gewahrseins. Und mittels Achtsamkeitsmeditation kann man Achtsamkeit als Praxis und als Seinsweise sorgsam und systematisch kultivieren, entwickeln und verfeinern.

      Die Achtsamkeitspraxis hat sich in den letzten vierzig Jahren – nicht zuletzt aufgrund der stetig steigenden Zahl an wissenschaftlichen und medizinischen Studien zu ihren vielfältigen Wirkungen – rasch in der ganzen Welt ausgebreitet und ist zu einem Bestandteil der westlichen Kultur geworden, und in verschiedensten Bereichen ist ein explosionsartig ansteigendes Interesse zu verzeichnen, sei es an weiterführenden Schulen und Hochschulen, in der Geschäftswelt, im Sport, in der Justiz, im Militär und in Regierungsinstitutionen, von Psychologie und Psychotherapie ganz zu schweigen. Wie bereits erwähnt: Falls Sie allerdings zu den Menschen gehören sollten, die bereits ein seltsames Gefühl beschleicht, wenn sie den Begriff „Meditation“ auch nur hören, oder falls Sie aufgrund Ihrer Vorstellungen davon denken, das sei ohnehin nichts für Sie, dann ziehen Sie in Betracht, dass Meditation, und ganz besonders Achtsamkeitsmeditation, nicht das ist, was Sie denken.

      An Meditation ist überhaupt nichts Außergewöhnliches oder Seltsames. Es geht im Wesentlichen nur darum, dass wir in unserem Leben so aufmerksam sind, als käme es wirklich darauf an – denn wie ebenfalls schon gesagt wurde: Es kommt darauf an, und zwar mehr, als Sie vielleicht denken mögen. Trotzdem kann es hilfreich sein, wenn wir im Gedächtnis behalten, dass Meditation zwar nichts Außergewöhnliches, zugleich aber etwas ganz Besonderes und Transformierendes ist, auf eine Weise, die man sich nicht wirklich vorher vorstellen kann – was uns aber nicht davon abhält, es uns dennoch vorzustellen.

      Wenn man Achtsamkeit entwickelt und sie immer feiner werden lässt, kann sie auf jeder Ebene des Lebens eine positive Wirkung entfalten, auf der privaten und der beruflichen, der gesellschaftlichen, politischen und globalen. Allerdings setzt das voraus, dass wir motiviert sind herauszufinden, wer wir wirklich sind, und unser Leben in dem Bewusstsein zu leben, dass es einen Unterschied macht, nicht nur für uns selbst, sondern auch für die anderen und die Welt. Denn wenn wir aufwachen, realisieren wir, dass die Realität an sich und damit auch die Welt, die wir bewohnen, zutiefst von Verbundenheit durchzogen ist. Nichts ist wirklich von irgendetwas anderem getrennt. Und diese Verbundenheit wird umso offensichtlicher, je mehr wir uns darin üben, wach und bewusst zu sein.

      Dieses lebenslange Abenteuer beginnt genau dann, wenn wir unseren ersten Schritt machen. Indem wir diesen Pfad beschreiten, wie wir es mit diesem Buch und den folgenden drei Bänden gemeinsam tun, werden wir sehen, dass wir mit unseren Bemühungen nicht allein sind, ebenso wenig wie mit unseren Schwierigkeiten im Leben. Denn wenn Sie mit der Praxis der Achtsamkeit beginnen, dann werden Sie Teil einer wachsenden, immer stärkeren globalen Gemeinschaft, die sich darum bemüht, absichtsvoll und offen zu leben, und die letztendlich uns alle mit einschließt. Eine Sache noch, bevor wir uns auf den Weg machen. Soviel wir auch an uns arbeiten mögen, um durch die Kultivierung von Achtsamkeit zu lernen, daran zu wachsen und das zu heilen, was der Heilung bedarf: Völlige Gesundheit ist unmöglich in einer Welt, die in vielerlei Hinsicht zutiefst ungesund ist und in der es offensichtlich so viel Leiden und Not gibt, sowohl bei denen, die uns nahestehen, als auch bei jenen, die wir gar nicht kennen, sei es gleich nebenan oder auf der anderen Seite der Erde. Da wir mit allem verbunden sind, ist das Leiden der anderen zugleich unser eigenes Leiden, selbst wenn wir uns manchmal gern davon abwenden würden, weil es so schwer zu ertragen ist. Dies muss jedoch kein Problem sein; es kann vielmehr zu einer starken Motivation für innere und äußere Transformation in uns selbst und in der Welt werden.

      Es ist wohl nicht übertrieben zu sagen, dass die Welt an einer ernsthaften und fortschreitenden Krankheit leidet. Ein Blick zurück in die Geschichte überall und zu jeder Zeit, auch auf das heutige Leben, zeigt ganz deutlich, dass unsere Welt immer wieder von Krämpfen des Irrsinns geschüttelt wird, von Phasen, die wie eine Art kollektiver Wahnsinn wirken, in denen Engstirnigkeit und Fundamentalismus das Ruder übernehmen und großes Elend, Verwirrung und die Gesellschaft zersetzende Kräfte den Status quo beherrschen. Diese Eruptionen sind das genaue Gegenteil von Weisheit und Gleichgewicht. Nicht selten gehen sie mit einer arroganten Verherrlichung der eigenen Position und der schamlosen Ausbeutung anderer einher, und fast immer beruhen sie auf einer Ideologie politischer, kultureller, religiöser oder wirtschaftlicher Überlegenheit, selbst wenn diese sich sprachlich hinter der Fassade von Humanismus, wirtschaftlicher Entwicklung und Globalismus versteckt sowie des allzu verführerischen Köders des zu eng gefassten materiellen „Fortschritts“ und der Demokratie nach westlichem Vorbild. Unter der Oberfläche haben diese Kräfte oft eine kulturelle Gleichschaltung und die Zerstörung der Umwelt zur Folge, ebenso wie die grobe Missachtung der Menschenrechte, was zusammengenommen tatsächlich einer Krankheit gleichkommt. Das Pendel scheint immer schneller auszuschlagen, sodass es kaum Zeiten gibt, in denen der Irrsinn zumindest vorübergehend aussetzt und wir tatsächlich einmal zu innerer Ruhe und einem Gefühl tiefen Friedens finden können.

      Im 20. Jahrhundert gab es bekanntlich mehr systematisches Morden im Namen des Friedens und der Beendigung von Kriegen als in allen Jahrhunderten davor zusammengenommen, wobei die große Mehrheit davon, vielleicht ironischerweise, in Europa und dem Fernen Osten stattfand, in den damaligen großen Zentren der Bildung und der Hochkultur. Und im 21. Jahrhundert geht es gerade so weiter, selbst wenn dies in anderen, nicht minder verstörenden Erscheinungsformen geschieht. Wer auch immer die Protagonisten sind und um welche rhetorischen und konkreten Themen der Streit sich auch dreht, werden Kriege, zu denen ebenso verdeckte und Antiterrorkriege gehören, auf allen Seiten stets im Namen überaus hehrer Ideale und Prinzipien ausgetragen. Selbst wenn die Auseinandersetzungen unvermeidbar erscheinen, führen sie stets zu einem mörderischen Blutvergießen und schaden am Ende sowohl den Angegriffenen als auch den Aggressoren. Und sie gehen immer auf Störungen im menschlichen Geist zurück. Doch wenn wir uns zur Lösung von Problemen der Anwendung von Gewalt bedienen, statt auf andere, kreativere Mittel zurückzugreifen, macht uns das blind für die Tatsache, dass Krieg und Gewalt selbst Symptome jener Autoimmunerkrankung sind, unter der unsere gesamte Spezies zu leiden scheint. Es macht uns blind dafür, dass andere Wege zur Wiederherstellung von Harmonie und Balance möglich sind, wenn diese durch ganz reale, sehr gefährliche und sogar virulente Kräfte unterbrochen werden, an deren Erstarken und Verbreitung wir vielleicht unfreiwillig mitwirken, selbst wenn wir sie ansonsten verabscheuen, ihnen entschlossen entgegentreten und sie bekämpfen.

      Es ist heutzutage sehr viel leichter, einen Krieg

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