Die Revolverreiter von Dodge City: Western Bibliothek 10 Romane. Pete Hackett

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Die Revolverreiter von Dodge City: Western Bibliothek 10 Romane - Pete Hackett

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sich auf dem Sitzbrett liegen. Eine Hand löste sich von den Zügeln und langte nach dem kurzen Stiel.

      Das linke Vorderrad geriet in eine grasverdeckte Mulde. Mit einem heftigen Ruck wurde die Achse herumgeschleudert. Mary schrie unwillkürlich auf. Einen Moment schien es, der Wagen würde das Gleichgewicht verlieren. Eine unsichtbare Riesenfaust schien dem Mädchen die Zügel aus der Hand zu reißen.

      Dann jagte das Gefährt auf vier Rädern weiter dahin. Mary streckte eine Hand aus, um die davonwirbelnden Zügel zu fassen, musste sich jedoch im nächsten Moment am Sitzbrett festklammern, um nicht vom schlingernden Wagen geworfen zu werden. Mit geweiteten Augen starrte sie auf die vier Gäule, die jetzt ohne Kontrolle vor der donnernden Herde herjagten.

      Das Schlingern nahm an Heftigkeit zu. Mary hatte das schreckliche Gefühl, eine riesige Faust kralle sich um ihre Kehle. Jeden Augenblick konnte das Fahrzeug umkippen!

      Die gelben Hügel flogen vorbei. Das Dröhnen der Hufe füllte schmerzhaft ihre Ohren. Dann hörte sie rechts am Wagen ein lautes Schaben. Mühsam wandte sie den Kopf.

      Und da sah sie einen schweren Stierschädel mit weitgeschwungenen Hörnern neben dem Planendach auftauchen. Die Herde hatte sie eingeholt!

      In dem Augenblick, da sich Mary Lockwood verloren gab, drang eine heisere wilde Männerstimme durch den ohrenbetäubenden Lärm.

      „Halten Sie sich fest! Festhalten! Ich helfe Ihnen!“

      Sie glaubte, nicht recht zu hören. Automatisch kam sie der Aufforderung nach und krampfte die Hände noch fester um das Sitzbrett des heftig schwankenden Gefährts. Schräg von der Seite kam ein Reiter auf sie zugefegt. Der Staub war zu dicht, dass sie ihn erkennen konnte.

      Ein Gewehrschuss peitschte. Der Stier, der sich neben den Wagen geschoben hatte, brach zusammen. Wieder blitzte es über dem Pferdehals auf, und wieder sackte ein Rind aufbrüllend zusammen. Die gestürzten Körper behinderten für etliche Augenblicke die Flut der nachstürmenden Rinder.

      *

      Diese Zeitspanne benutzte der Reiter, um dicht neben den Planwagen zu kommen.

      „Nur ruhig, Miss Mary, ganz ruhig!“

      Der entsetzte Blick des Mädchens traf in Greg Williams’ staub und schweißverschmiertes Gesicht. Sie sah, wie er im vollsten Galopp die Füße aus den Steigbügeln zog und die Hände aufs Sattelhorn stützte.

      Sie ahnte, was er plante, und öffnete die Lippen zu einem warnenden Schrei. Sie brachte jedoch keinen Ton hervor.

      Und schon schnellte Greg durch die Luft – vom Pferderücken auf den Bock des wild dahinrasenden Küchenwagens zu. Erschrocken schloss Mary die Augen.

      Dann merkte sie eine Bewegung neben sich, blickte auf und sah den Cowboy neben sich stehen, eine Faust am Stützrahmen des Planendaches festklammernd, die andere nach der Seitenlehne des Sitzbrettes tastend. Gregs braunes Pferd preschte mit schlingernden Steigbügeln neben dem Fahrzeug her.

      Gregs Faust löste sich jetzt vom Planendach. Er hielt sich nur am Sitzbrett fest und neigte den Oberkörper tief hinab, um die schleppenden Zügel zu fassen. Mary sah eine Bodenvertiefung heranfliegen – das rechte Vorderrad sauste genau darauf zu.

      „Vorsicht!“, gellte sie entsetzt.

      Der Ruck kam, die Pferde rannten weiter, und für eine entsetzliche Sekunde hingen alle vier Wagenräder in der Luft.

      Mary presste sich gegen die Rückenlehne und erwartete, Greg unter den Hufen und Rädern verschwinden zu sehen.

      Er kam hoch, hielt die Zügel in die Rechte gekrampft und setzte sich neben sie.

      „Irgendwie schaffen wir es schon!“, keuchte er heiser. Der Schweiß zeichnete Rinnen in die Staubschicht auf seinem Gesicht.

      Die Rinder hatten wieder aufgeholt. Gehörnte Schädel tauchten links und rechts auf. Eine Hornspitze schlitzte die Segeltuchplane auf. Ein schwerer Körper drückte gegen die Bordwand des Wagens. Yard um Yard schoben sich die Rinder vor, der Halbkreis um das Fahrzeug schloss sich enger, dann waren schließlich die vordersten Rinderrücken auf gleicher Höhe mit den dahinstiebenden Zugpferden.

      Greg zerrte an den Zügeln, um die Gäule unter Kontrolle zu bringen. Es hing jetzt alles davon ab, das Tempo genau der Herdenstampede anzupassen. Aber das war keine Dauerlösung! Die Pferde hielten nicht mehr lange durch. Vielleicht noch zwei oder drei Minuten, dann würden sie zurückfallen. Und unweigerlich prallten dann die nachstürmenden Rinder gegen das Fahrzeug, würden es zu Fall bringen und dann …

      Greg führte den Gedanken nicht zu Ende. Den Blick starr geradeaus gerichtet, sagte er gepresst zu Mary: „Holen Sie die Zündhölzer aus meiner Hemdtasche hervor!“

      „Ich verstehe nicht …“

      „Tun Sie, was ich sage!“, befahl er knurrend.

      Ihre grauen Augen waren in einer Mischung aus Besorgnis und Erstaunen auf ihn geheftet, als sie die Schwefelhölzer aus der Tasche zog. Mit einer Hand hielt sie sich noch immer am Sitzbrett fest. Jetzt, da Greg die Pferde wieder in der Gewalt hatte, schlingerte der Planwagen nicht mehr so gefährlich. Dafür nahm der malmende Druck der Rinderleiber zu. Wieder war das Ratschen des zerfetzenden Segeltuchs zu hören. Ein Horn riss Holzsplitter aus der Bordwand.

      Gepresst befahl Greg: „Zünden Sie die Wagenplane an, Mary!“

      Sie fuhr zurück.

      „Aber das ist doch …“

      Er schaute sie mit einem wilden Ausdruck in den dunklen Augen an.

      „Wollen Sie nun überleben oder nicht?“

      Sie presste die Lippen zusammen und riss ein Schwefelholz an. Erst beim dritten fing die Wagenplane Feuer. Knisternd lohten die gelben Flammen auf. Der Fahrtwind trieb sie in rasender Eile rückwärts über das Planendach. Funken flogen durch die Luft.

      Mary hatte entsetzt den Kopf gedreht. Mit einer Hand klammerte sie sich an Gregs Schulter fest, die Finger krallten sich tief ins Fleisch. Sein Gesicht war merkwürdig grau, von dunklen Linien durchfurcht.

      „Sehen Sie nicht hin!“, sagte er heiser.

      Sie spürten den wabernden Anprall der Hitze. Das Wagendach brannte lichterloh.

      Links und rechts drängten die Rinder vom Wagen weg, stießen gegeneinander und brüllten wild. Einige Tiere stürzten und wurden von ihren Artgenossen gnadenlos niedergetrampelt.

      Greg hatte beide Füße fest gegen das Trittbrett gestemmt.

      Er entdeckte einen sanftanschwingenden Hang und lenkte das Gespann mit hartem Zügeldruck und heiseren Zurufen darauf zu.

      Vor dem brennenden Wagen wich die Masse der Rinder auseinander. Durch die enge Gasse erreichte das Fahrzeug den Hang. Die Herde blieb dahinter zurück, und schreiend jagte Greg die Gäule den Hügel hinauf.

      Mit dröhnenden Hufen fegten die Pferde auf der anderen Seite hinab, dann brachte sie Greg in einer grasbewachsenen Senke zum Halten.

      Er ließ die Zügel fallen, riss Mary in die Höhe und schnellte mit ihr vom Bock. Sie stolperte und stürzte ins dürre Büffelgras.

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