Verwurzelt in der Caritas. Daniela Blank

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Verwurzelt in der Caritas - Daniela Blank Studien zur Theologie und Praxis der Caritas und Sozialen Pastoral

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kam sie in der Mehrzahl den Frauen selbst zu. Priester fungierten dann als Geistliche Beiräte.“77

      Für die Katholische Kirche mit ihrer Herausforderung, die Seelsorge in den modernen Großstädten zu organisieren, stellt das katholische Vereinswesen eine hilfreiche Unterstützung dar: „Die katholischen Vereine haben sich als unentbehrliches Hilfsmittel moderner Seelsorge in den Großstädten erwiesen.“78 Die Vereine werden in die Großstadtseelsorge fest eingeplant und das Laienapostolat soll mit der Seelsorge verknüpft werden:

      „Diese beiden Richtlinien möchten wir als maßgebend für die zukünftige Großstadtseelsorge bezeichnen. Wir formulieren so folgendermaßen: 1. Planmäßige, stetige Missionierung der gesamten Pfarrgemeinde unter Führung der Seelsorger, unter Mitarbeit eines straff organisierten Laienapostolates und unter Mithilfe eines der Zeitlage angepaßten katholischen Vereinslebens. 2. Erweiterung und Neuorientierung der organisierten Caritasarbeit und engste Verknüpfung derselben mit Seelsorge und Laienapostolat.“79

       Die ersten Berufsorganisationen von Frauen

      Die ersten von und für Frauen gegründeten Berufsvereine werden bereits im 19. Jahrhundert gegründet. Die Gründerinnen sind zumeist auch in der aufkeimenden Frauenbewegung aktiv und möchten aktiv gegen die Benachteiligungen von berufstätigen Frauen vorgehen.

      „Wie solche Initiativen konkret Gestalt annahmen, läßt sich besonders gut am Beispiel der Lehrerinnenvereine zeigen. Schon allein die Tatsache, daß eine große Anzahl von engagierten Vertreterinnen der bürgerlichen, aber auch der proletarischen Frauenbewegung selbst Lehrerinnen waren, verweist deutlich auf den inneren Zusammenhang zwischen Frauen- und Lehrerinnenbewegung.“80

      Da die Berufsgruppe der Lehrerinnen für den aufkommenden Beruf der Seelsorgehelferin noch von Relevanz sein wird, soll hier beispielhaft auf den ersten deutschen Lehrerinnenverein hingewiesen werden, der 1865 gegründet wird:

      „Der Dresdner Verein, der 1865 unter dem Namen Pädagogischer Zirkel gegründet wurde, war wohl nicht nur der erste Lehrerinnenverein, sondern auch eine der ersten Berufsorganisationen bürgerlicher Frauen überhaupt. Als Verein von Lehrerinnen und Freundinnen des Erziehungswesens bemühte sich die Organisation darum, die Geselligkeit zu fördern und befaßte sich mit Aus- und Weiterbildungsfragen. Die materielle Interessensvertretung beschränkte sich in der frühen Zeit auf Selbsthilfemaßnahmen, wie Unterstützung bei Krankheit oder Stellenvermittlung.“81

      Berufstätige Frauen gründen auch zu Beginn des 20. Jahrhunderts zur Vertretung ihrer Interessen Berufsorganisationen. Allerdings schließen sie sich nicht den bestehenden Männerorganisationen an, sondern gründen eigene Verbände. Dies ist zum einen darin begründet, dass sie in den Männerorganisationen vermutlich einen schwereren Stand hätten, zum anderen, dass sie andere Interessen vertreten. Allerdings ist es keineswegs so, dass die berufstätigen Frauen in den Verbänden zugleich die Frauenbewegung aktiv unterstützen.82

      Auch die ersten Berufskräfte in der Seelsorgehilfe schließen sich aus den Vereinen heraus bereits zu einem Verband zusammen. In diesen treten auch einige Helfer und Helferinnen ein, die noch nie in der Caritasarbeit standen. Der Erste Weltkrieg entschleunigt die bereits in Gang gesetzte Entwicklung jedoch.

       Elisabethvereine und Vinzenzkonferenzen

      Vor allem die Elisabethkonferenzen und Vinzenzkonferenzen stellen eine wesentliche Unterstützung der Laien in der Seelsorgehilfe dar. Noch bevor die ersten Gemeindehelferinnen die Gemeinden hauptamtlich unterstützen, gibt es Frauen und Männer, welche sich – ehrenamtlich – um Notleidende in der Gesellschaft kümmern. So betätigen sich beispielsweise Elisabethvereine in den Bereichen der Armenfürsorge, Krankenpflege, der Pflege für Schulpflichtige, Fürsorge für Alte. Bereits zuvor gibt es caritativ tätige Frauenvereine, wie z.B. ab 1815 in Freiburg. Im Jahr 1817 wird durch von Görres in Koblenz der Hilfsverein gegründet, welcher später unter dem Namen Katholischer Frauenverein weiter existiert.83

      Die Elisabethvereine gründen sich als Antwort auf die große Not in der beginnenden Industrialisierung in der Mitte des 19. Jahrhunderts, vor allem zwischen 1840 und 1860. So werden die ersten Elisabethenvereine 1840 in Trier und Augsburg gegründet, bald danach folgen München (1842) und Barmen (1843, bei Höhn). Weitere Elisabethvereine gründen sich in Mainz (1848), Olpe (1855), Osnabrück (1864), Ellwangen (1848), Würzburg (1853) und Limburg (1859). 1845 findet die erste Vinzenzkonferenz statt; 1853 wird die Organisation in einen Vinzenz- und einen Elisabethenverein umgestaltet. In Freiburg gründet sich 1892 ein Elisabethverein, der bereits 1815 gegründete Frauenverein geht in diesen im Jahre 1920 über.84

      Schwerpunkte sind die caritative Tätigkeit für arme, wohnungslose und kranke Menschen, wobei die einzelnen Elisabethvereine durchaus unterschiedlich aufgestellt sein und auch verschiedene Ziele haben können. Mitglieder sind Frauen, die ehrenamtlich mitwirken und beispielsweise Krankenbesuche tätigen (im Sinne einer ambulanten Krankenpflege). Informationen hierfür holen sie sich auch vom Pfarrer. Ein weiterer, wesentlicher Aufgabenbereich ist die Einrichtung von Suppenküchen für arme Leute.85

      Die bestehenden Vinzenzkonferenzen schließen in der Regel eine Teilnahme von Frauen aus, allerdings gibt es auch innerhalb mancher Vinzenzvereine bereits Frauenkonferenzen. Im Fokus steht hier die Hausarmenpflege, später werden Hausbesuche bei unverheirateten Paaren und Eltern von ungetauften Kindern getätigt. Dies ist bis dahin den männlichen Mitgliedern der Vinzenzvereine vorbehalten.86 Die meisten Elisabethvereine haben eine religiöse als auch wesentlich praktische Ausrichtung; ihre Mitglieder kümmern sich schwerpunktmäßig um arme und kranke Menschen.87 Interessant ist, dass der in München gegründete örtliche Elisabethverein eine „von Laien gegründete, von ihnen ehrenamtlich geführte und religiös ausgerichtete Gemeinschaft“88 ist. Es gibt zwar einen geistlichen Beirat, die Gemeinschaft wird aber von den Frauen selbst geführt. Der für die Mitglieder relevante Schwerpunkt in der religiösen Ausrichtung zeigt sich in der Tatsache, dass der Verein 1851 zur Marianischen Kongregation wird.89 „Eine planmässige Arbeit dieser Art war aber schon deshalb nicht möglich, weil keine brauchbare Kartothek vorhanden war, und vor allem deshalb, weil es an geschulten Kräften fehlte.“90

      Auf der Schwelle zum 20. Jahrhundert steht die Katholische Kirche mit ihrer Seelsorgetätigkeit vor großen Herausforderungen. Jahrhundertelang waren Gemeinden keiner großen Fluktuation durch Wegzüge ausgesetzt. Die Gemeindepfarrer wussten bisher um jedes einzelne Gemeindemitglied. Durch die Industrialisierung kommt es nun zu tiefgreifenden Veränderungen: „Die Zeiten, wo sich die Gesamtheit der Pfarrangehörigen als eine bodenständige, mit der Scholle verwachsene, seit Generationen mit dem Pfarrleben verbundene Gemeinschaft darbot, sind für die meisten Großstadtgemeinden längst vorüber. Ein großer Teil des weiten Feldes, das die Seelsorge zu bestellen hat, ist nicht mehr das altbekannte, oft erprobte Erdreich, sondern angeschwemmtes Land; denn schon seit Jahrzehnten wird Deutschland von einer gewaltigen Binnenwanderung beherrscht, die eine große Zahl von Menschen aus dem Lande in die Stadt und von einem Ort zum andern hinführt.“91

      Durch die Industrialisierung und die hierdurch verursachte Binnenwanderung sehen sich die Priester plötzlich mit für sie neuen und gravierenden sozialen Problemen, der sogenannten Sozialen Frage konfrontiert. Hiervor konnten sie ihre Augen nicht verschließen.

      „Es muss aus genauer Sachkenntnis der zur Lösung anstehenden Probleme heraus eine institutionelle Änderung der wirtschaftsgesellschaftlichen Verfassung herbeigeführt werden. Deswegen war es notwendig, dass sich der Klerus, soweit er sich in echter Weise als 'Volkslehrer' (Kolping) erkannte, dem Studium der sozialen Frage mit besonderer Eindringlichkeit widmete, um etwas zur Sache

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