Verwurzelt in der Caritas. Daniela Blank

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Verwurzelt in der Caritas - Daniela Blank страница 7

Verwurzelt in der Caritas - Daniela Blank Studien zur Theologie und Praxis der Caritas und Sozialen Pastoral

Скачать книгу

kaum wahrgenommen.

      Auch wenn es den Frauen selbst meist nicht um eine individuelle Auszeichnung der eigenen Leistungen geht (was eine Erklärung für die mangelnde Erinnerung darstellen kann), so führt doch gerade eine solche Zurückhaltung meist zu einer mangelnden Kultur der Erinnerung, welche wiederum in der historischen Darstellung zu einer Verzerrung der Realität und Wahrheit führen kann. So meint Überschär dann auch:

      „Aber auf der Seite des Dienstes von nicht-ordinierten Frauen ist es eher schattig. Es gibt keinen Preis, der an die erste Gemeindehelferin erinnert […]. […] Eine Gedächtniskultur, die an der Wahrheit interessiert ist, darf den weiblichen Anteil an der Kirchengeschichte außerhalb von Amt und Würden nicht dem Vergessen preisgeben.“22

      Diese Namen und Orte, welche die Berufsgemeinschaft prägten, werden in diesem Kapitel vorgestellt. Ein historischer Überblick durch eine Zeittabelle im Anhang kann die Lektüre sinnvoll begleiten (Anhang 1).

      Die Gründung einer Berufsgemeinschaft von Frauen, die hauptberuflich in einem neu entstehenden Beruf innerhalb der Katholischen Kirche arbeiten, vollzieht sich inmitten verschiedener gesellschaftlicher Ereignisse. Die im 19. Jahrhundert entstehende Frauenbewegung und die damit einhergehende Veränderung im Blick auf das gesellschaftliche Rollenbild der Frau ist hier ebenso zu berücksichtigen wie die durch die Industrialisierung veränderte Situation in der Pastoral. Auf die aufkommende Soziale Frage antwortet die Katholische Kirche mit der Institutionalisierung und Professionalisierung ihres diakonischen Auftrags durch die Gründung des Deutschen Caritasverbandes und einer eigenen Caritasschule. Das Berufsbild der Wohlfahrtspflegerin/Sozialbeamtin/Fürsorgerin und die damit einhergehende Professionalisierung der Sozialarbeit sind ebenfalls am Beginn ihrer Entwicklung.

       Die Frauenbewegung

      Mitte des 19. Jahrhunderts startet eine liberale, sozialistische Frauenbewegung, die in der Öffentlichkeit wirkt und mehr Rechte für die Frau einfordert. Wichtige Wortführerinnen sind vor allem Helene Lange, Gertrud Bäumer und Louise Otto-Peters.23 Die erste Frauenbewegung in Deutschland beginnt bereits 1848 „zaghaft“ und wird dann „verdrängt“, obwohl diese Frauenbewegung nach Elisabeth Moltmann-Wendel danach „nie wieder so kühn und selbstbewusst“24 auftritt. Moltmann-Wendel stellt in Bezug auf die deutsche Frauenbewegung drei Frauen aus dem 19. Jahrhundert vor: Fanny Lewald (*1811), Malwida von Meysenburg (*1816) und Luise Otto (*1819).

      Fanny Lewalds Bestreben sind das „Recht auf Arbeit und ökonomische Selbständigkeit und politische Rechte für die steuerzahlende Frau.“25 Sie ist der Auffassung, eine „einseitige Pflege der Frauenbildung widerspricht […] ihrem Ziel sozialpolitischer Befreiung.“26 Lewald berichtet auch von Frauen, die „vom Christentum enttäuscht“ waren und aus diesem Grund „nie wieder den Weg in eine christliche Gemeinschaft zurück“27 fanden. Malwida von Meysenburg unterstützt die ökonomische Selbständigkeit der Frau ebenso, indem sie Schülerinnen einer religionsfreien Grundschule, welche an die Hamburger Hochschule für Frauen angegliedert ist, betreut und leitet.28

      Luise Otto-Peters schließlich gilt als Begründerin der deutschen Frauenbewegung. Sie gründet 1849 die erste Frauenzeitschrift in Deutschland (drei Jahrgänge): „Dieser selbe Erfahrungssatz ist es, welcher mich zur Herausgabe einer Frauen-Zeitung veranlaßt [sic!].29 Mitten in den großen Umwälzungen, in denen wir uns alle befinden, werden sich die Frauen vergessen sehen, wenn sie selbst an sich zu denken vergessen!“30 Gemeinsam mit Auguste Schmidt gründet Otto-Peters 1865 den Allgemeinen deutschen Frauenverein mit dem Ziel: Recht auf Erwerb für die Frauen.31 Helene Lange ist der Auffassung, dass trotz des Engagements einiger Frauen zuvor erst durch diese Gründung des Allgemeinen Deutschen Frauenvereins die Frauenbewegung „über das Stadium der ersten Anfänge“ 32 hinausgegangen sei.

      Die Vereinsgründung wird durch eine neue Verfassung von 1849 vereinfacht, welche die Gründung von Vereinen und das Versammlungsrecht aller Bürger ohne vorherige Genehmigung zulässt. Dann stagniert die Entwicklung jedoch – zumindest in Deutschland, denn in den USA geht die Frauenbewegung weiter. Hier spricht Moltmann-Wendel von einem „politischen und psychologischen 48er Schock […], in dem noch nicht recht eingebürgerte – Staat- und Staatskirche gefährdende – Ideen einfach erstickten und aus der Öffentlichkeit verbannt wurden.“33 „Die Kirche schien die Allein-herrschaft über die christliche Tradition wieder übernommen zu haben.“34

      Ein politisch-parteiliches Engagement ist den Frauen ab 1908 möglich.35 Eine wesentliche Errungenschaft ist vor allem das Stimmrecht, welches ab 1919 auch Frauen in der Weimarer Republik die Möglichkeit für wesentliche politische Teilhabe gibt. Ungeachtet dessen, dass sich immer mehr Frauen beruflich betätigen und dadurch auch kollektiv ein größeres Selbstbewusstsein erreichen, schließen sich allerdings nicht alle Frauen der beginnenden Frauenbewegung uneingeschränkt an: „Die fortschrittliche Frauenbewegung, die als nächstes Ziel die Erlangung der vollständigen politischen Gleichstellung der Frau mit dem Manne aufstellt, stößt in den Reihen der Frauen selbst noch auf viel Unverständnis und Indolenz, von direkter Gegnerschaft gar nicht zu reden.“36

       Frauen und Berufstätigkeit

      Sofern Frauen außerhäuslich berufstätig sind, so sind sie zu Beginn des 20. Jahrhunderts vor allem als Dienstbotinnen, Fabrikarbeiterinnen, im Handel, als Beamtinnen im Post,- Bahn, Telegrafen, und Telefondienst und als Lehrerinnen beschäftigt. Vor allem der Lehrerinnenberuf wird gesellschaftlich als der „Frauennatur“ entsprechend betrachtet.37

      Trotz der Errungenschaften und der Möglichkeit für Frauen, sich auch akademisch zu bilden und einem Beruf nachzugehen, ist ein Großteil der Gesellschaft der Meinung, dass die Frau nicht in Konkurrenz zum Mann treten solle. So meint der Theologe Augustin Rösler: „Auf dem politischen und wirtschaftlichen Gebiete wird dem Manne stets die Führerrolle verbleiben.“38 Keineswegs sollte eine „Frau […] ganz oder teilweise in den Wirkungskreis des Mannes eintreten.“39 Ein Beispiel stellt die Schriftstellerei dar. Für eine Frau ist es um 1900 schwierig und mit Kritik verbunden, schriftstellerisch tätig zu sein und zu publizieren. Rösler kritisiert es 1903 allerdings, „wenn von vornherein jede Schriftstellerin als Blaustrumpf und Emanzipierte verhöhnt wird.“ Er setzt sich für die Veröffentlichung von Schriften durch Schriftstellerinnen ein, sofern ihre familiären Pflichten nicht vernachlässigt werden.40

      Im Bereich der Industriearbeitenden kommt es zu einer sehr hohen Frauenberufstätigkeit, damit einhergehend auch zu Konkurrenzsituationen: In den neu entstandenen Fabriken existiert seit Beginn der Industrialisierung ein erhöhter Bedarf an Arbeitskräften, sodass auch Frauen als Arbeitskräfte in Betracht gezogen werden. Diese werden geringer entlohnt als ihre männlichen Kollegen, was zu einer Konkurrenzsituation zwischen den männlichen und den weiblichen Arbeitskräften führt. Schon bald sind bereits ein Drittel der arbeitenden Bevölkerung weiblichen Geschlechts: „Nach der Berufszählung von 1907 war der dritte Teil aller erwerbstätigen Bürger des Deutschen Reichs Frauen.“41

       Ehe als Ziel

      Selbst in den Fällen, in denen es notwendig ist, dass die Frau einem Beruf nachgeht, ist eine längere Erwerbstätigkeit der Frau zu Beginn des 20. Jahrhunderts nicht vorgesehen: „Für das Mädchen ist eine Erwerbstätigkeit von vornherein nur ein Durchgangs-stadium für die Ehe, nicht ein dauernder Beruf.“ Aus diesem Grund müsse die Vorbildung für die Frauen auch nicht so intensiv betrieben werden wie für die Männer.42 Eine ökonomische Unabhängigkeit

Скачать книгу