Menschen mehr gerecht werden. Franz Reiser

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Menschen mehr gerecht werden - Franz Reiser Studien zur Theologie und Praxis der Caritas und Sozialen Pastoral

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ein seine Endlichkeit übersteigendes Geheimnis der Wirklichkeit vorauszusetzen bzw. im Vorgriff und Ausgriff auf es zu leben und sich auf dieses als Erfüllung seines eigenen Seins zu beziehen, wie z. B. Karl Rahner dies beschrieben hat. Es geht vielmehr grundlegend darum, daß der Mensch auf Grund seiner Exzentrizität [vgl. H. Plessner] ein Verhältnis zu sich und zur Ganzheit seines Daseins entwickeln kann und muß, das unter der Devise mea res agitur steht. Es liegt in der Logik eines solchen Daseins, daß hier der anthropologische Ort für bedingungsloses Interesse und totales Engagement ist. Wenn irgendwo, dann sind an diesem Ort auch die Inhalte des intentionalen Gegenstandes der Religion einzuschreiben.“ (ebd., S. 190)

      72 Heinz Streib und Ralph W. Hood meinen deshalb mit Bezug auf James, dass sich alle sogenannten „spirituellen“ Erfahrungen im Bereich des Religionsbegriffs einordnen ließen, da dieser Spiritualität umgreife (vgl. Streib u. Hood 2011, S. 446). Vgl. dazu ausführlicher unten S. 66).

      73 Hervorhebungen im Original.

      74 Vgl. zu seiner Sicht auch einen späteren umfassenden Beitrag (Belzen 2004, S. 302–313).

      75 So plädiert auch Bernhard Grom für eine substanzielle Definition: „Religiöses Erleben hat hingegen immer eine spezifische kognitive Komponente, der nur eine ‚substanzielle‘ Definition gerecht wird. Tatsächlich hat die Religionspsychologie in einer langen Forschungstradition gute Erfahrungen mit einem substanziellen Religionsbegriff gemacht, der rein forschungspragmatisch religiöse Phänomene von nichtreligiösen abgrenzt, um sich nicht im Uferlosen zu verlieren. In dieser Sicht kann man sich darauf verständigen, dass als ‚religiös‘ jenes Erleben, Erkennen und Verhalten zu bezeichnen und zu erforschen ist, das in seiner kognitiven Komponente ausdrücklich etwas Übermenschliches und Überweltliches annimmt, gleich, ob dieses poly-, mono- oder pantheistisch oder anders aufgefasst wird.“ (Grom 2009, S. 16) „Als organisierte Glaubensüberzeugung und -praxis wird das Religiöse traditionell als ‚Religion‘ bezeichnet, im Unterschied zu ‚Religiosität‘ als individueller Gestalt des Religiösen.“ (ebd.)

      76 Ähnlich warnen Hill, Pargament, Hood et al. (2000) in einem wichtigen Grundlagenartikel Forscher ebenso vor zu restriktiven und engen wie übermäßig weiten Definitionen, die Studien ihrer unterscheidenden Kennzeichen berauben könnten. Wenn jede Annahme oder Aktivität, die einem Menschen ein Gefühl von Identität oder Sinn/Bedeutung gebe (z. B. Zugehörigkeit zu einem Verein), als halb des Bereichs dessen, was religiös bzw. spirituell sei (vgl. ebd., S. 71).

      77 „The term sacred is used inclusively here to refer not only to concepts of God and higher powers but also to other aspects of life that are perceived to be manifestations of the divine or imbued with divinelike qualities, such as transcendence, immanence, boundlessness, and ultimacy (Pargament & Mahoney, 2005). Virtually any part of life, positive or negative – including beliefs, practices, experiences, relationships, motivations, art, nature, and war – can be endowed with sacred status“ (Pargament et al. 2013a, S. 14).

      78 H. Streib und R.W. Hood kommentieren im Blick auf individuelle Symbolisierungen: „When, furthermore, the term sacred is defined as referring to ‚a divine being, divine object, Ultimate Reality, or Ultimate Truth as perceived by the individual, ‘both religion and spirituality are conceptualized rather in the tradition of a substantive definition of religion, but very open in the variety of individual symbolizations. And in regard to these symbolic characteristics, the authors do not propose any difference between religion and spirituality.“ (Streib u. Hood 2011, S. 445)

      79 Zu den Begriffen von Gesundheit und Krankheit generell vgl. den Überblick bei Eberhard Schockenhoff im Abschnitt „Definitorische Grenzziehungen“ (Schockenhoff 2009, S. 300–313).

      80 So sagt die WHO in ihrer Definition von Palliativversorgung bei lebensbedrohlichen Krankheiten: „Palliative care is an approach that improves the quality of life of patients and their families facing the problem associated with life-threatening illness, through the prevention and relief of suffering by means of early identification and impeccable assessment and treatment of pain and other problems, physical, psychosocial and spiritual. Palliative care […] integrates the psychological and spiritual aspects of patient care“ (WHO 2002, S. 1)

       Vgl. auch das US-amerikanische Grundlagenpapier zu Spiritual Care in der Palliative Care von Puchalski et al. (2009), sowie den Task Force-Bericht der European Association for Palliative Care von Nolan et al. (2011) mit einer Definition für den europäischen Kontext: „Spirituality is the dynamic dimension of human life that relates to the way persons (individual and community) experience, express and/or seek meaning, purpose and transcendence, and the way they connect to the moment, to self, to others, to nature, to the significant and/or the sacred.“ (ebd., S. 88)

       Entsprechend sagt die deutsche S3-Leitlinie Palliativmedizin für Patienten mit einer nicht heilbaren Krebserkrankung: „Der Ansatz der Palliativversorgung ist ganzheitlich, wobei der Patient in seinen vier personalen Dimensionen Beachtung findet: physisch, psychisch, sozial und spirituell. […] Die vier Dimensionen sind interrelational.“ (Leitlinienprogramm Onkologie 2015, S. 29)

       Die spirituelle Dimension wird beschrieben als „dynamische Dimension menschlichen Lebens, die sich darauf bezieht, wie Personen (individuell und in Gemeinschaft) Sinn, Bedeutung und Transzendenz erfahren, ausdrücken und/oder suchen, und wie sie in Verbindung stehen mit dem Moment, dem eigenen Selbst, mit Anderen/m, mit der Natur, mit dem Signifikanten und/oder dem Heiligen […]. Der spirituelle Bereich umfasst dabei: • Existentielle Fragestellungen (z. B. Identität, Bedeutung, Leid und Tod, Schuld und Scham, Versöhnung und Vergebung, Freiheit und Verantwortung, Hoffnung und Verzweiflung, Liebe und Freude betreffend) • Werte und Werthaltungen (d. h. das, was für eine Person am wichtigsten ist, beispielsweise das Verhältnis zur eigenen Person, Familie, Freunden, Beruf, Materielles, Natur, Kunst und Kultur, Ethik und Moral, zum Leben als solchem) • Religiöse Aspekte und Grundlagen (Glaube, religiöse Inhalte und Praktiken, die Beziehung zu Gott oder dem Transzendenten)“ (ebd.).

       Der Ressourcenaspekt wird ausdrücklich benannt: „Die emotionale und spirituelle Dimension können für den Patienten wichtige Ressourcen sein. Lassen der Arzt und die weiteren an der Behandlung beteiligten Berufsgruppen dem emotionalen und spirituellen Erleben des Patienten – sei es verbal oder nonverbal geäußert – Raum, unterstützen sie ihn wirksam beim Wiedergewinn von Selbstwert und Kontrolle sowie in der Suche nach neuer Orientierung […]. Auch hier geht es um einen Prozess, dessen Inhalte und Zeitablauf vom Patienten zu bestimmen sind.“ (ebd., S. 137)

      81 „Religiosität und Spiritualität können im Kontext einer Krebserkrankung sowohl protektiven als auch belastenden Charakter haben. Zu den spirituellen und religiösen Problemen zählen der Verlust des Glaubens, Zweifel, Hoffnungslosigkeit und Sinnverlust sowie ausgeprägte Schuldgefühle, Ängste vor Verurteilung oder Bestrafung aufgrund religiöser Werte, Probleme der Krankheitsverarbeitung, Todesängste sowie ethische Konflikte im Krankenhaus“ (Leitlinienprogramm Onkologie 2014, S. 36)

      82 Aus epistemologischer Sicht z. B. N. McLaren (1998). Hinsichtlich psychiatrischer Krankheitsmodelle und der Gefahr reduktionistischer Konzeptionen meint T. Fuchs: „Das in den letzten Jahrzehnten häufig vertretene ‚biopsychosoziale Modell‘ stellte noch eine Art Kompromisslösung dar, die allerdings oft zu einem bloßen Eklektizismus ursächlicher Faktoren führte“ (Fuchs 2010, S. 237).

      83 Vgl. die Zusammenfassung bei Egger (2015, S. 80), textgleich bereits 2005 (Egger 2005, S. 5).

      84 „Das erweiterte biopsychosoziale Modell basiert auf der Theorie der Materie-Geist-Einheit und macht sich u. a. die Metatheorien der Allgemeinen Systemtheorie sowie der Leib-Seele-Identitätstheorie zunutze. Es sagt bezüglich geistiger Phänomene einerseits und körperlicher Phänomene andererseits, dass mentale Phänomene (bspw.

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