Menschen mehr gerecht werden. Franz Reiser

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Menschen mehr gerecht werden - Franz Reiser Studien zur Theologie und Praxis der Caritas und Sozialen Pastoral

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auch Ingolf U. Dalferth (vgl. S. 37). – Der Philosoph Max Scheler (1874–1928) dagegen nahm in seiner Phänomenologie der Religion – ausgehend vom „Wertfühlen“ und seiner „materialen Wertlehre“ – eine „Absolutsphäre“ des „Seins und der Werte“ an, die jeder Mensch wesensnotwendig besitze (vgl. Scheler 1921, S. 560): „Da der religiöse Akt eine wesensnotwendige Mitgift der menschlichen geistigen Seele ist, kann gar nicht die Frage ergehen, ob er von einem Menschen vollzogen wird oder nicht. Es kann nur die Frage ergehen, ob er das ihm adaequate Objekt findet, das Ideenkorrelat, zu dem er wesensmäßig gehört, oder ob er auf ein Objekt zielt und es als heilig und göttlich, als absolutes Wertgut bejaht, das seinem Wesen widerstreitet, da es der Sphäre endlicher, kontingenter Güter angehört. Es besteht das Wesensgesetz: Jeder endliche Geist glaubt entweder an Gott oder an einen Götzen.“ (ebd., S. 559) Das wird man so heute nicht mehr ohne weiteres vertreten können. – Zu Scheler vgl. etwa bei Richard Schaeffler den Abschnitt „Das religiöse Apriori und die Sinnlogik der religiösen Akte: Max Schelers Ansatz zu einer Phänomenologie der Religion“ (Schaeffler 2002, S. 130–133).

      61 „Anima intellectiva dicitur esse quasi quidam horizon et confinium corporeorum et incorporeorum.“ Dazu Fußnote 22: „»Die geistige Seele, so heißt es, ist etwas wie ein Horizont und eine Grenze zwischen Körperlichem und Unkörperlichem.« Thomas von Aquin, Summa contra Gentiles II, 68, 1453b.“ (Welte 1969, S. 89)

       Vgl. zu dieser Stellung zwischen Endlichkeit und Unendlichkeit auch Karl Rahner im „Grundkurs“ über „die ganz eigentümliche Situation, die gerade das Wesen des Menschen auszeichnet: Insofern er seine geschichtliche Bedingtheit als solche erfährt, ist er schon in einem gewissen Sinne über sie hinaus und kann sie trotzdem nicht eigentlich verlassen. Dieses Gestelltsein zwischen Endlichkeit und Unendlichkeit macht den Menschen aus und zeigt sich noch einmal dadurch, daß sich der Mensch gerade in seiner unendlichen Transzendenz, in seiner Freiheit als der sich Auferlegte und geschichtlich Bedingte erfährt.“ (Rahner 1976, S. 53)

      62 Vgl. dazu im „Grundkurs des Glaubens“ die Einleitung sowie die Kapitel „Erster Gang: Der Hörer der Botschaft“ und „Zweiter Gang: Der Mensch vor dem absoluten Geheimnis“ (ebd., S. 13–96).

      63 Ein kurzer Seitenblick in die Philosophie des 19. Jahrhunderts: Albert Franz schreibt unter dem Titel „Der Mensch als Wesen der Transzendenz“ über die Spätphilosophie F. W. J. Schellings: „Wie auch immer seine Synthese im einzelnen beurteilt werden mag: Daß mit ‚Transzendenz‘ der Nerv sowohl des philosophischen Denkens als auch jeden religiösen Vollzuges berührt wird und daß es gerade hierbei um die Existenz des Menschen, und zwar des konkreten Menschen, von Grund auf geht, dies kann nach Schelling nicht bezweifelt werden.“ (Franz 1992, S. 263)

       Für den Begriff Transzendenz vgl. auch Richard Schaeffler über Probleme im verbreiteten traditionellen Verständnis (das Transzendente als „jenseits“ unserer Erkenntnis und damit relativ definiert, in Bezug auf unser Erkenntnisvermögen; Religion werde dann als Verhältnis zu einer Wirklichkeit verstanden, die unserer Alltagserfahrung unzugänglich bleibe und damit auf die Sphäre „übernatürlicher“ Ereignisse eingeschränkt), wogegen in einem transzendentalen Verständnis Transzendenz als Möglichkeitsgrund von Akten des Subjekts betrachtet werde(vgl. Schaeffler 2002, S. 208f).

      64 Für religionspsychologische Untersuchungen anwendbar sind auch die Analysen des menschlichen Bewusstseins (human consciousness) des Philosophen Bernard J. F. Lonergan, vgl. v. a. die Werke „Insight“ (Lonergan 1957) / dt.: „Die Einsicht“ (Lonergan 1995) sowie „Method in theology“ (Lonergan 1972) / dt.: „Methode in der Theologie“ (Lonergan 1991). – Vgl. etwa die zusammenfassenden Darstellungen bei Daniel A. Helminiak im Blick auf eine Konzeption von Religionspsychologie, die die menschliche Seite religiöser und spiritueller Phänomene untersucht (Helminiak 2006, S. 208–212, 2008, S. 170)–172). „The human spirit is a structured, open-ended, dynamic dimension of the mind. The human spirit is inherently self-transcending, geared to reach ever beyond itself. It is oriented to the universe of being, to all that there is to be known and loved, to reality.“ (Helminiak 2006, S. 211)

      65 Baier greift teilweise auf die berühmte anthropologische Definition von Spiritualität bei Hans Urs v. Balthasar zurück, eine der ersten, die einen „weiten“ Begriff zu erfassen suchte: „Vom gleichen allgemeinen Bewußtsein her ist positiv der Begriffsinhalt annähernd zu bestimmen als je praktische oder existentielle Grundhaltung eines Menschen, die Folge und Ausdruck seines religiösen – oder allgemeiner: ethisch-engagierten Daseinsverständnisses ist: eine akthafte und zuständliche (habituelle) Durchstimmtheit seines Lebens von seinen objektiven Letzteinsichten und Letztentscheidungen her.“ (Balthasar 1967, S. 247) – Zentral ist ihm die Geistigkeit des Menschen, der Begriff Spiritualität stellt den spiritus, den Geist in die Mitte, mit großer Weite: „Und doch braucht diese Weite keine entscheidungslose Verschwommenheit zu sein, sofern im Wort eine – wenigstens eine! – klare Grundentscheidung immer schon mitgesagt ist: daß der Mensch sich als Geist versteht und durch Geist definiert – und nicht durch Materie, nicht durch Leib, nicht durch Trieb. Geist aber eröffnet eindeutig, wenn auch geheimnisvoll, die Totalität des Seins, und zwar als absolute Totalität (da der Begriff des relativen Seins nur von einem Punkt aus gebildet werden kann, der die Relativität überblickt, anders gesagt, da der Wahrheitsanspruch des Geistes Absolutheit notwendig impliziert). Damit liegen die Dimensionen menschlicher Spiritualität grundsätzlich für uns offen.“ (ebd., S. 248) Erstveröffentlichung des Beitrags in Concilium 1 (1965), S. 715–722 ( = Balthasar 1967, S. 247– 263).

      66 Hervorhebungen hier und in den weiteren Lehmann-Zitaten sind original.

      67 Nach Pröpper kann Pannenberg sein Anliegen nicht einlösen: „Was aber seine weitergehende Absicht, eben den Aufweis religiöser Implikationen der anthropologischen Befunde betrifft, so handelt es sich, streng geurteilt, um Interpretationen: um Interpretationen eben ‚in theologischer Perspektive‘, um Deutungen also, die zwar grundsätzlich möglich sind, aber Alternativen nicht argumentativ ausschließen und deshalb für einen strengen Aufweis der Gottverwiesenheit des Menschen auch nicht ausreichen können. […] Ich bezweifle, daß der Aufgabe, die uns von der historischen und gesellschaftlichen Situation auferlegt ist, primär dadurch gedient wird, daß man ‚dem öffentlichen Bewußtsein von der Natur des Menschen sein religiöse Dimension zurückzugeben‘ und ihm die Bezogenheit auf die Wirklichkeit Gottes als ‚Konstante des Menschseins von seinen Anfängen an‘ vor Augen zu führen versucht (A 7f.469). Derart wird sich dem säkularen Bewußtsein seine unausweichliche Religiosität kaum noch andemonstrieren lassen“ (Pröpper 2011, S. 436).

      68 Hervorhebung im Original.

      69 „An entscheidender Stelle im vorangegangen Traktat haben wir schon das, was jetzt als »Theologische Anthropologie« zu entfalten oder auch nur zu skizzieren ist, in einem einzigen Satz zusammengefasst: »Der Mensch ist Schwester und Bruder Jesu Christi.« In der Tat ist für eine Anthropologie mit der theologischen Besinnung auf Jesus Christus im Grunde alles gesagt. Denn Gott zeigt sich ja gerade in Jesus Christus, erweist in ihm seine Gegenwart, um sich dadurch den Menschen zu zeigen und sich an ihnen als ihr Gott zu erweisen. […] Wie Gott sich aber in Jesus Christus in seinem Verhältnis zu den Menschen und zu allen Geschöpfen zeigt und erweist, so entspricht es offenkundig seinem Wesen, das heißt: So ist er überhaupt.“ (Pesch 2008, S. 3)

      70 Hervorhebung im Original.

      71 Vgl. dazu auch die Überlegungen von Max Seckler, der einen klassischen theologischen Begriff von Religion – „ordo hominis ad Deum“ – erläutert (vgl. Seckler 1985, S. 182) und anthropologisch vermittelt sieht im Interesse für das eigene Leben im Ganzen: „Es geht in der Religion um die menschliche Existenz selbst, in letzter Hinsicht und im ganzen, insofern diese sich selbst als

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