Firmung Jugendlicher im interdisziplinären Diskurs. Christian Lutz

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Firmung Jugendlicher im interdisziplinären Diskurs - Christian Lutz Studien zur Theologie und Praxis der Seelsorge

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und in der Alltäglichkeit der Lebensumstände erhält die Firmung auf diese Art und Weise eine kirchliche Dimension, indem die Kirche thematisiert wird als „die gesellschaftlich legitim verfaßte Gemeinschaft […], in der durch Glaube und Hoffnung und Liebe die eschatologisch vollendete Offenbarung Gottes (als dessen Selbstmitteilung) in Christus als Wirklichkeit und Wahrheit für die Welt präsent bleibt“182. Das bedeutet, dass Gottes Heilswillen allen Bereichen menschlichen Lebens gilt und jedes Handeln der Menschen offen bleiben muss auf Christus selbst hin. Wie dies allerdings möglich ist und was präsent bleiben soll, ist nach Rahner eine der Fragen einer praktischen Theologie183. Kurz gesagt soll sich die praktische Theologie deshalb mit der Frage beschäftigen, wie die Kirche zu handeln hat, weil sie Kirche ist und dadurch klären, was eigentlich genau in der Kirche präsent gehalten werden soll. Die Hinweise Rahners können in diesem Zusammenhang dazu dienen, die kirchliche Sendung, die in der Firmung geschieht, näher zu verstehen.

      Rahner geht davon aus, dass sich Gott den Menschen selbst gibt184. Damit ist die Kirche kein Platzhalter oder ein Repräsentant Gottes, sie soll Gott die Ehre geben. Die Menschen sollen, so Rahner, gerettet werden, indem sie Gott als den bekennen, der er ist, nämlich als den Transzendenten, dessen letztlich unverfügbares Geheimnis den Menschen anvertraut ist. Die Kirche wird sich deshalb auch immer mit der Destruktion falscher Götzen zu beschäftigen haben, die das Leben der Menschen vielleicht auf den ersten Blick vielleicht reichhaltiger erscheinen lassen und sie wird sich selbst hinterfragen müssen, ob sie in aller Definitivität der Präsenz Gottes in ihrem Handeln selbst den Horizont für den Allumfassenden offen hält.

      Gott selbst ist „in der Kirche präsent als die Wahrheit und als die Liebe“185. Die Selbstmitteilung Gottes ist die Selbstvollzugsweise Gottes oder mit den berühmten Worten: die „’ökonomische’ Trinität ist die immanente“186. Die Kirche bleibt somit immer eine hörende auf Gottes Wort, sie ist logisch zunächst Heilsfrucht, dann erst Heilsmittel, auch die „Apostel mußten zuerst Glaubende sein, um Offenbarungsträger sein zu können“187. Die Kirche hat deshalb die Zusage, dass der Glaube indefektibel ist, ihre ureigensten Aufgaben sind dort zu suchen, wo Gott wirklich präsent ist als die Wahrheit und als die Liebe. Dies geschieht in besonderer Art und Weise in der Feier der Eucharistie, in der Gott gelobt wird und in der gläubig empfangen wird, was als Gottes Wahrheit der Kirche anvertraut ist.

      Zur Kirche gehört auch, dass in ihr „die Liebe zu Gott als Annahme der Liebe und die Vermittlung der Liebe Gottes als heiligende Macht in Sakrament, Gebet, Leben“188 gegenwärtig gehalten wird und zwar als persönlicher Vollzug und als objektive Heilsgabe von Gott her. Weil der Mitvollzug und die subjektive Aufnahme der Liebe Gottes zum innersten Wesen der Kirche dazugehört, ist auch das, was den Menschen in seiner Geschöpflichkeit auszeichnet, in der Kirche aufgehoben. Dies ist nicht von Gottes Heilszusage abzuleiten, sondern von der Faktizität, dass Gott als der Notwendige und Bleibende gegenwärtig ist für die Menschen, die kategorial verfasste Wesen sind.

      Entscheidend für den Selbstvollzug der Kirche ist ihre Verwiesenheit auf die eschatologische Vollendung. Die Kirche selbst ist die „eschatologische Parousia Gottes in Christus“189. Von ihr ist noch einmal die Selbstgabe Gottes in der Ewigkeit, von Angesicht zu Angesicht, zu unterscheiden. Deshalb wird die Kirche ihre wesentliche Aufgabe, Gottes Gegenwart selbst zu bezeichnen, nur verwirklichen können, wenn sie dies in der Weise des Mysteriums tut. Die Kirche ist kein Platzhalter für Gott, so als würde er sich nicht in der Wirklichkeit zeigen. Im Gegenteil: sie ist „das Ereignis dessen, daß er als das Geheimnis für uns präsent wird“190. Die Kirche wird so zu einem Hinweis auf den letztlich unverfügbaren Größeren, der die Kirche selbst hervorgebracht hat und das Mittun des Menschen in seiner schöpferischen Kraft in der Gemeinschaft der Kirche ermöglicht.

      Deshalb bezeichnet Rahner die Kirche als „das ‚Sakrament’ dieser Selbstmitteilung Gottes“191, weil so deutlich wird, dass Gott wirklich anwesend ist und gleichzeitig die Kirche „nur dessen Zeichen192 ist. Um die Kirche einerseits von den sieben Sakramenten der Kirche zu unterscheiden und andererseits ohne sie mit Christus als dem Ursakrament verwechseln zu wollen, spricht Rahner von der Kirche als Ursakrament, um die Präsenz Gottes und gleichzeitig die „Nichtidentität zwischen Zeichen und Bezeichneten“193 zu kennzeichnen. Dabei enthält die Kirche aber als Realsymbol das, was sie bezeichnet, denn sie ist das von Gott ins Werk gesetzte Zeichen seiner Selbstmitteilung und Gegenwart und insofern übt die Kirche eine heilsnotwendige Funktion aus. Das zeichnet die Kirche aus und so handelt sie in der Weise des Ursakraments.

      Wenn die Kirche als Realsymbol die Präsenz Gottes bezeichnet und beinhaltet, und wenn sie auf die eschatologische Gültigkeit des Christusereignisses verpflichtet ist, dann kann man sie sich nicht als Institution verstehen, die den Menschen lediglich eine Heilsmöglichkeit anbietet. Sie ist vielmehr „geschichtliche Präsenz der siegreichen Gnade Gottes in der Welt“194. Die Kirche handelt nicht getreu ihrem Auftrag, wenn sie nur von der Möglichkeit spricht, Gott habe sein Heil angeboten oder wenn sie Gottes Heil proklamierend einfordert. Es geht auch nicht um einen blinden Optimismus, der Menschen benebeln soll. Denn: „Gott hat die Welt gerettet und ihr reuelos und unaufhebbar und unbesieglich sich selbst schon mitgeteilt“195. Deshalb muss die Kirche alle ihre Lebensvollzüge als Evangelium verstehen, als die frohe Botschaft von der endgültigen Rettung der Welt durch Gott. Und nur von daher kann sie in der Weise des neuen Gesetzes des Evangeliums sprechen und handeln. Sie kann die Menschen dabei nicht ansprechen und abwarten, wie sie reagieren, denn es geht um die Liebe Gottes, die die Liebe des Menschen zu Gott einfordert.

      Die Kirche handelt dabei in eschatologischer Präsenz. Sie ist immer auf die Vollendung der gesamten Schöpfung hin angelegt und sie wird als Zeichen aufhören. Trotzdem ist in ihr in reflexer, kateogrialer und geschichtlicher Ausdrücklichkeit der eschatologische Sieg Gottes präsent und fordert eine „bleibende, geschichtliche Kontinuität im Lauf der Zeit“196. Die Kirche entsteht also nicht immer neu oder müsste sich von Zeit zu Zeit neu erfinden, je nach den Ansprüchen der jeweiligen Gegenwart. Sie ist das „’ein für alle Mal’ gegebene Zeichen und Ursakrament“197 und auf ihren Ursprung in Jesus Christus hin bezogen. Neuerungen gegenüber oder angesichts des Anspruchs, zeitgemäß zu sein, wird die Kirche „gerade als eschatologisch bleibende immer die ‚traditionelle’“198 sein.

      Neben dieser Unabänderlichkeit der Kirche als eschatologisch gegebenem Zeichen des Heiles Gottes ist die Kirche auch eine geschichtliche Größe und handelt in immer neuer Aktualpräsenz. Geschichtlichkeit meint dabei, dass der Mensch „als Empfänger des Heiles“199 geschichtlich veranlagt ist. Aktualpräsenz bedeutet, dass die Kirche nicht nur „in ihrem Wesen beharrt und in einer Kirchengeschichte ‚etwas’ geschieht, sondern, daß dieses Wesen selbst eine Geschichte hat. Nicht im Sinne einer Wesensverwandlung, aber im Sinn der Entfaltung, Findung, Einholung dieses Wesens selbst“200. Rahner spricht in diesem Zusammenhang auch von dem Wesensvollzug der Kirche, der dazu führt, dass das „apriorisch-gnadenhafte Existential des Menschen und seiner Geschichte […] nicht nur der unveränderliche Horizont [ist], innerhalb dessen sich menschliche Geschichte abspielt, sondern [dass es] in dieser Geschichte des Menschen seine eigene Geschichte“201 erfährt. Genaue und exakte Handlungsanweisungen, die aus einer wissenschaftlichen Analyse der Gegenwart stammen, werden somit nur als Hinweise dienen können, weil die Geschichtlichkeit der Kirche die Geschichtlichkeit der eschatologisch gültigen Präsenz Gottes ist: „In der Unmöglichkeit der adäquaten Reflexion des Ausgleiches zwischen eschatologischer Gültigkeit des bleibenden Wesens der Kirche und je aktuell neuem Selbstvollzug“202 wird sich kirchliches Handeln ereignen müssen.

      Rahners Ausführungen pendeln zwischen zwei Brennpunkten kirchlicher Existenz: die eschatologische Gültigkeit des einmal gegebenen Heilswortes in der Kirche und die Geschichte dieser Präsenz Gottes im Glauben, Leben und Handeln der Christen. In genau dieser Spannung steht auch das Handeln der Kirche in der Weise des Mysteriums und in der Weise des Ursakramentes, denn Gott,

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