Firmung Jugendlicher im interdisziplinären Diskurs. Christian Lutz

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Firmung Jugendlicher im interdisziplinären Diskurs - Christian Lutz Studien zur Theologie und Praxis der Seelsorge

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heutiger Sakramentenpastoral davon gekennzeichnet, dass die Relevanz der Sakramente im persönlichen Leben sichtbar werden soll. Richard Hartmann formuliert dies folgendermaßen: „Es geht den Synodalen darum, den Zusammenhang der Sakramente mit den Grundfragen nach dem Leben, nach bestimmten und zentralen Stationen herzustellen. Sakramente sollen nicht ‚einseitig als Gnadenmittel verstanden’ werden, ohne den Lebensbezug und die Christusbeziehung zu entfalten“106. Der Synodenbeschluss stellt den Bezug zum alltäglichen Leben gleich im ersten Abschnitt deutlich heraus und beginnt mit der Feststellung, dass Menschen in besonderen Lebenssituationen die Frage nach dem Sinn des Lebens stellen. Die Sakramente werden in diesem Kontext als Deutungsmöglichkeit und als Ausfaltung der Bestimmung des Menschen verstanden. Dass Sakramente Zeichen des Heils sind und in Jesus Christus, dem Ursakrament, begründet sind, würde vielen Menschen allerdings nicht mehr deutlich – „der Bezug zum eigenen Leben und das Angebot einer persönlichen Begegnung mit Christus“107 würden nicht mehr erkannt. Die Zeichen der Liebe und der Nähe Gottes, als welche die Sakramente auch bezeichnet werden, sind in der Kirche für jeden Menschen auffindbar, besonders sinnenfällig in der Gemeinde, die als Gemeinschaft der Gläubigen an einem Ort verstanden wird108. Deshalb möchte die Synode die Sakramente nicht nur als punktuelle Kontakte von Sakramentenempfängern mit der Gemeinde verstanden wissen, sondern auf vielfältige Weise zu Begegnungen mit der göttlichen Wirklichkeit auffordern.

      Die Firmung ist, wie alle Sakramente in ihrer pneumatologischen Dimension zu verstehen. Denn der Heilige Geist leitet die Kirche, die wiederum der Ort für die einzelnen Sakramente in den Gemeinden ist. Sie muss außerdem auch in ihrer Beziehung zur Taufe gesehen werden und sie führt zu einer „neuen Befähigung und Beanspruchung des Getauften zum christlichen Leben“109. Fragen nach einer genaueren Unterscheidung von Taufe und Firmung beantwortet der Synodentext nicht. Entscheidender sind die Anweisungen zur Firmpastoral, die aus der Zusammengehörigkeit der Initiationssakramente abgeleitet werden.

      Der Ort der Firmung ist die konkret verfasste Gemeinde, in der die Firmung in nicht allzu großen Abständen vom Bischof oder einem Bevollmächtigten gefeiert werden soll. Zusätzlich zu dieser Verortung der Firmung in der Gemeinde soll der Pate dem Firmanden helfen, seinen Ort in der Gemeinde zu finden. Deshalb ist die Glaubenshaltung des Paten das eigentliche Kriterium für deren Auswahl. Kann kein geeigneter Pate gefunden werden, kann auch auf den Paten verzichtet werden110.

      Spender der Firmung ist nach Möglichkeit der Bischof. So soll den Firmanden die Zusammengehörigkeit ihrer Gemeinde mit der Diözese und mit der Weltkirche vermittelt werden111. Entfalten soll sich die Firmung in einem Leben aus dem Glauben. Die Gefirmten sollen gelernt haben „als geistliche Menschen eine persönliche Beziehung zu Gott [zu finden] und bereit sein, gemeinsam und als einzelne in Kirche und Gesellschaft Verantwortung zu übernehmen“112. Dabei sollen die Gefirmten in der Seelsorge mithelfen können, in den kirchlichen Räten aktiv sein, die caritativen Einrichtungen mit ihrem Engagement unterstützen und im liturgischen Bereich Aufgaben übernehmen. Alle diese Stellungen und Funktionen sind mit einer Gnadengabe des Geistes verbunden und deshalb wären gerade Gefirmte in solchen Positionen wichtig.

      Eine große Schwierigkeit ist die Frage nach dem Alter der Firmanden: „Je mehr die eigene Entscheidung und Reife des Firmlings betont wird, desto eher wird ein höheres Alter gefordert. Dies, so wird festgehalten, sei jedoch keine theologische, sondern eine pastorale Ermessensfrage“113. Günter Koch hält dem gegenüber fest, dass die „pastorale Frage nach dem rechten Firmalter […] auch von dem favorisierten theologischen Ansatz“114 abhängt und somit nicht eine Entscheidung nur nach persönlichem Ermessen ist. Das kommt eigentlich auch im Synodenpapier zum Ausdruck:

      Angeführt wird 1) das Argument, die Firmung im 7. Lebensjahr würde es ermöglichen, die altkirchliche und bei der Eingliederung Erwachsener in die Kirche übliche Reihenfolge der Initiationssakramente Taufe-Firmung-Eucharistie einzuhalten. 2) Dem wird aber entgegengehalten, dass gerade die Findung der eigenen persönlichen Möglichkeiten zu einem freiheitlich verfassten christlichen Leben in diesem Lebensalter noch nicht möglich ist. 3) Deshalb wird für eine Firmung ungefähr im 12. Lebensjahr plädiert. In diesem Alter könne das Kind / der oder die Jugendliche bereits Zeuge des Glaubens sein und die Bedeutung der Firmung nachvollziehen. Es bleibt eigentlich dann nur die Frage offen, wie ein Kind im 10. Lebensjahr die Bedeutung der Gegenwart des erhöhten Herrn Jesus Christus im eucharistischen Brot begreifen kann, wenn es die Erstkommunion feiert. Deutlich sichtbar wird deshalb, dass der Synodentext ein Kompromissdokument ist, das bei verschiedenen Meinungen der Synodalen das richtige Mittelmaß finden will115. Der Wunsch war jedenfalls, dass das Synodenpapier einen Beitrag zur „Erneuerung der Kirche im Leben ihrer Gemeinden“116 leistet.

      Einen ähnlichen Weg ging die Pastoralsynode der katholischen Kirche in der DDR, indem sie das Sakrament der Firmung ausschließlich in dem Dokument Aspekte des Verkündigungsdienstes der Gemeinde berücksichtigte117. Die wenigen Aussagen zur Firmung machen deutlich, dass der Auftrag zur Verkündigung in Taufe und Firmung gegeben ist und dass alle Getauften und Gefirmten an der Sendung der Kirche in der Welt teilnehmen118. Die katechetische Arbeit mit jungen Christen erfordert, auf ihre Lebensumstände einzugehen. Ebenso sollen die Eltern der Firmanden in ihrem Glauben gestärkt werden119.

      In einer interdisziplinären Untersuchung müssen die verschiedenen Wissenschaften miteinander ins Gespräch gebracht werden. Dies geschieht dadurch, dass Kriterien beziehungsweise Sachthemen benannt werden, die in den wissenschaftlichen Diskurs eingebracht werden und welche eine Fokussierung des normativ-theologischen Gehalts der Firmung ermöglichen. Gleichzeitig müssen diese Sachfragen im weiteren Verlauf der Arbeit den ritualwissenschaftlichen und empirisch-sozialwissenschaftlichen Entwürfen gestellt werden können.

      Es kann festgehalten werden: Als Teil der christlichen Initiation steht die Firmung in den Dokumenten des Zweiten Vatikanischen Konzils an einem Berührungspunkt zwischen individueller Biographie und kirchlicher Gemeinschaft. In der persönlichen Biographie muss im christlichen Selbstverständnis der Blick auf das Pascha-Mysterium offen bleiben, das eigene Leben mit seinen alltäglichen Begebenheiten muss in Bezug auf das Leben und Sterben, die Worte und Taten sowie die Auferstehung Jesus Christi geführt und verstanden werden. Damit gehört jeder Christ / jede Christin in die Gemeinschaft des Kyrios, also zur Kirche. Die Firmung ist ein Heilszeichen für die kirchliche Gemeinschaft und für den /die Einzelne, denn die Gabe des Heiligen Geistes wird in der Firmung mit auf den Weg gegeben und die kirchliche Gemeinschaft wie die Firmanden stärker miteinander verbunden.

      Die kirchliche Gemeinschaft ist immer eine gesandte. in den Dokumenten des Zweiten Vatikanischen Konzils wird der Fokus von der Verteidigung des Glaubens stärker auf die Ausbreitung des Glaubens, auf die Zeugenschaft für Christus hin gelenkt. Gerade als Heilszeichen für die Kirche verdichten sich in der Firmung sowohl sakramentale Gabe und Aufgabe an den Einzelnen und an die Gemeinschaft. Die genannten Aufgaben reichen von der Ausbreitung des Glaubens in Wort und Tat, der Zeugenschaft für Christus bis hin zur Verpflichtung auf ein ethisch tugendhaftes Leben und der spirituellen Durchdringung des persönlichen Lebens.

      Mit der Gabe des Heiligen Geistes ist auch verbunden, dass die Firmung im Pascha-Mysterium und im Pfingstgeschehen verortet wird. Das heißt, dass die Firmung Zeichen der Liebe und der Nähe Gottes ist, der seinen Sohn und den Heiligen Geist gesandt hat. Die Begegnung mit Gott wird in der jüdischchristlichen Tradition als personal und als väterlich-liebende beschrieben. Mit Gott in Kontakt zu treten, bedeutet, einen kommunikativen Akt einzugehen und weiterzuführen. Dazu wird in der persönlichen Biographie ein Passageritual wie die Firmung benötigt, das zwar Elemente des alltäglichen sozialen Lebens aufnehmen kann, aber nicht auf weltliche Initiationsriten reduziert beziehungsweise mit ihnen verwechselt werden soll. In den Dokumenten des Zweiten Vatikanischen Konzils wird der Wunsch geäußert, möglichst viele Getaufte sollen das Sakrament der Firmung empfangen. In nachkonziliarer Zeit wurde für den Empfang

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