Firmung Jugendlicher im interdisziplinären Diskurs. Christian Lutz

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Firmung Jugendlicher im interdisziplinären Diskurs - Christian Lutz Studien zur Theologie und Praxis der Seelsorge

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nahm.

      Die eucharistische Gemeinschaft bleibt in den Dokumenten des Zweiten Vatikanischen Konzils nicht auf sich selbst bezogen, sondern ist als solche immer schon eine gesandte. Apostolische Sendung und missionarische Verpflichtung sind damit eine priesterliche Tätigkeit im Dienst aller Getauften und Gefirmten: in Taufe und Firmung sind Christinnen und Christen zum Apostolat gesandt83. Dazu bedient sich das Dekret Apostolicam Actuositatem. Über das Laienapostolat 3 vor allem der drei theologischen Tugenden Glaube, Liebe und Hoffnung und bezieht die Liebe auf die Liebe zu allen Menschen und das Tätigwerden für deren Heil. Zur Durchführung dieses Apostolates schenkt der Heilige Geist den Gläubigen Gnadengaben, Charismen, die im Konzilstext allerdings nicht näher erläutert werden. Es wird lediglich erwähnt, dass der Empfang eines Charismas verpflichtet, sie „in Kirche und Welt zum Wohl der Menschen und zum Aufbau der Kirche zu gebrauchen“84 und dass das Hirtenamt damit beauftragt ist, die Charismen zu prüfen und zu fördern. Entscheidend ist an diesem Text, dass das Apostolat der Getauften und Gefirmten gleich ursprünglich zu verstehen ist wie die Sendung der sakramental geweihten Diakone, Priester und Bischöfe85.

      Ein Charisma, eine Gabe des Heiligen Geistes als Hilfe zum Apostolat, ist also nur zum Wohl der Menschen und zum Aufbau der Kirche zu gebrauchen. Es wird ganz ähnlich wie die Firmung als Gabe und Aufgabe verstanden, es ist allerdings nicht direkt als Wirkung der Firmung beschrieben, sondern als eine Gabe des Heiligen Geistes, die den Getauften und Gefirmten mit auf den Lebensweg gegeben wird. Und dieses Leben ist in vollem Umfang in den Prozess der Zeugenschaft für Christus mit einzubeziehen. Die sozialen Gruppen, in denen die Christinnen und Christen leben, wie auch die zeitlichen Einflüsse, denen alle Menschen unterliegen: all dem soll mit Liebe und Achtung begegnet werden, weil Zeugenschaft für Christus nur im persönlichen Leben möglich ist86. Peter Hünermann erklärt, dass eine „sichtbare Erneuerung des missionarischen Geistes […] durch dieses Dokument [AG] in der nachkonziliaren Kirche“87 nicht ausgelöst wurde. Festzuhalten ist aber auch, dass auch AG 11 das Apostolat der Laien nicht vom hierarchischen Priestertum abhängig macht, sondern als ursprüngliche Sendung zusammen mit dem hierarchischen Priestertum versteht88.

      Gerade im Dekret Orientalium Ecclesiarum. Über die katholischen Ostkirchen tritt eine weitere Frage zu Tage, die auch in der römischkatholischen Kirche in Deutschland für Diskussionen sorgt: nämlich die Frage nach dem Zeitpunkt der Firmung, die bewusst nicht beantwortet wird: „Das Konzil möchte zwar die ältesten Traditionen wiederhergestellt sehen, läßt aber den Zeitpunkt der Firmspendung offen“89. Während sich aber in den deutschsprachigen Ländern die Diskussion eher darum drehte, mit der Firmung zu warten und erst mündige junge Erwachsene zur Firmung zuzulassen90, geht es in OE darum, sowohl die Firmung im Anschluss an die Taufe als auch die Firmung zu einem späteren Zeitpunkt zuzulassen. Dabei zeigen die Texte des Zweiten Vatikanischen Konzils Interesse daran, dass möglichst viele Christinnen und Christen das Sakrament der Firmung empfangen, denn „um des Seelenheiles willen hält das Konzil nicht unbedingt am Prinzip der Rituszugehörigkeit fest. Alle orientalischen Priester dürfen sogar lateinisch Getaufte und auch unabhängig von der Taufspendung und ohne rituelle Konsequenz firmen, ähnlich umgekehrt lateinische Priester mit entsprechenden Vollmachten“91. Dies mag gerade dann überraschen, wenn man davon ausgeht, dass die Firmung kein heilsnotwendiges Sakrament ist92. Gerade die zeitliche Zusammengehörigkeit von Taufe, Firmung und Eucharistie in den orientalischen Kirchen mag zu dieser Haltung beigetragen haben. Sowohl die Bestimmung in LG 26, nach der die originären, erstberufenen Spender der Firmung die Bischöfe sind, als auch das Prinzip der Rituszugehörigkeit werden damit zugunsten des Seelenheiles der Christinnen und Christen ausgeweitet.

      Nach Günter Koch lassen sich deshalb die wenigen aber wichtigen Aussagen des Zweiten Vatikanischen Konzils zur Firmung folgendermaßen zusammenfassen: Taufe und Firmung gehören eng zusammen (LG 11; SC 71), Sie vereinigen mit Christus, dem Haupt (AA 3). Die Firmung verbindet vollkommener mit der Kirche (LG 11; AA 3), sie schenkt eine besondere Kraft des Heiligen Geistes (LG 11; AA 3) und befähigt und verpflichtet so nachdrücklicher zum Apostolat, zur Verwirklichung der christlichen Berufung (LG 11; AA 3). Die Bischöfe sind dabei die erstberufenen, originären Spender des Sakramentes des Firmung (LG 26)93. Günter Koch ist der Ansicht, dass das Zweite Vatikanische Konzil entscheidende und grundlegende Aussagen zur Firmung gemacht hat94, während Heribert Mühlen die Auffassung vertritt, das Zweite Vatikanische Konzil habe keine neuen Aspekte der Firmung vorgetragen95. Für Josef Zerndl ist diese Frage von geringerer Bedeutung, entscheidend sei vielmehr, dass auch das Zweite Vatikanische Konzil die prekäre Zuordnung von Tauf- und Firmwirkung nicht geklärt habe, so Zerndl96. Wenn das Zweite Vatikanische Konzil aber nichts zur exakten Unterscheidung von Tauf- und Firmwirkung beigetragen hat, kann man auch fragen, ob dies nicht eben die innere Zusammengehörigkeit der beiden Sakramente stärkt. So sehr auch Theologinnen und Theologen versucht haben, die spezifische Unterschiedlichkeit herauszuarbeiten, so bleibt man doch letztlich auf die innere Verbundenheit von Taufe und Firmung verwiesen, wobei die Beziehung zum Sakrament der Taufe nicht als ein exklusives Merkmal der Firmung interpretiert werden kann. Die Relation zum Sakrament der Taufe ist bei jedem einzelnen Sakrament ebenso zu berücksichtigen, wie die Beziehung zur Eucharistie.

      Die Sendung der Getauften und Gefirmten war dem Zweiten Vatikanischen Konzil ein wichtiges Anliegen. Betätigungsfelder oder Anregungen, die Sendung im alltäglichen Leben umzusetzen, sucht man aber vergebens. Die Gemeinsame Synode der Bistümer in der Bundesrepublik Deutschland und die Pastoralsynode der katholischen Kirche in der DDR hatten auch deshalb die Aufgabe, die Beschlüsse des Zweiten Vatikanischen Konzils in ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereichen zu fördern und „zur Gestaltung des christlichen Lebens gemäß dem Glauben der Kirche beizutragen“97. Dazu mussten sich beide Synoden in besonderer Weise auch mit dem Sakrament der Firmung auseinandersetzen. Die Schwierigkeit lag vor allem darin, dass Papst Paul VI. Im Jahr 1971 den Ritus der Firmspendung einer Revision unterzogen hatte98. Die Firmung der Erwachsenen folgt dem in den orientalischen Kirchen üblichem Ablauf von Taufe-Firmung-Eucharistie. Die Firmung von Heranwachsenden findet in der Regel nach der ersten Spendung der Eucharistie und des Bußsakramentes statt. Der Empfang der Firmung wurde abhängig gemacht von der Taufe, der Erlangung des Vernunftgebrauchs, einer katechetischen Unterweisung und der rechten Disposition zur Erneuerung des Taufversprechens99. In der Überarbeitung des Firmritus sollte deutlich werden, dass in der Firmung die Gabe des Heiligen Geistes mitgegeben wird100, die bis dahin übliche Spendeformel, die den Spender des Sakramentes in der Ersten Person als handelndes Subjekt nannte101, wurde abgeändert und die Betonung der Spendung der Firmung wurde erstens auf die Salbung mit Chrisamöl an der Stirn, und zweitens auf die Auflegung der Hände gelegt mit der neuen Spendeformel: Sei besiegelt mit der Gabe des Heiligen Geistes102 gelegt. Gerade der Bezug auf die Gabe des Geistes darf aber nicht exklusiv oder unter Zurückstellung der Taufe verstanden werden, denn Papst Paul VI. ordnete die Firmung in die Reihe der Initiationssakramente ein und verwies ausdrücklich auf die Taufe als Wiedergeburt, die Firmung als Stärkung und die Eucharistie als Nahrung für das ewige Leben103. Neuartig ist die vom Zweiten Vatikanischen Konzil her inspirierte beziehungsweise aus den Verlautbarungen her ableitbare zentrale Stellung der pneumatologischen Dimension der Spendeformel. Die Firmung ist somit in ihrer Beziehung zur Taufe und in ihrer Hinordnung auf die Eucharistie zu verstehen.

      Diese neuen Konstellationen stellte auch die Gemeinsame Synode vor Herausforderungen, was dazu führte, dass zeitweise ein eigenes Dokument zur Taufpastoral geplant war, unter Auslassung des Sakramentes der Firmung104. Die Auseinandersetzung mit der Firmung geschah in der Gemeinsamen Synode vorwiegend in dem Synodenbeschluss Schwerpunkte heutiger Sakramentenpastoral. Der Beschluss Die Beteiligung der Laien an der Verkündigung erwähnt die Firmung überraschender Weise nur beiläufig, stellt sie aber in eine Reihe mit der Taufe als „geistgewirkte Befähigung zum Glaubenszeugnis“105.

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