Firmung Jugendlicher im interdisziplinären Diskurs. Christian Lutz

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Firmung Jugendlicher im interdisziplinären Diskurs - Christian Lutz страница 13

Firmung Jugendlicher im interdisziplinären Diskurs - Christian Lutz Studien zur Theologie und Praxis der Seelsorge

Скачать книгу

sein [sollte,] als die Kritischen“157 zeigt die Problematik deutlich auf, denn die Initiationssakramente sind nur in der gegenseitigen Verwiesenheit von Taufe, Firmung und Eucharistie zu verstehen158.

      Es lässt sich festhalten: Thomas von Aquins Firmtheologie wird von der menschlichen Biographie her entfaltet. Dazu gehört bei Thomas der Vergleich der Firmung mit der nativitas ex utero, der Stärkung des Menschen, und der perfectio per augmentum, der Vollendung und Vervollkommnung des Menschen in der Firmung. Der Sachfrage nach der Gemeinschaft können bei Thomas zugeordnet werden: die geistliche Verwandtschaft, die in Taufe und Firmung begründet werden und die Beziehung der Firmung zur Priesterweihe: in der Firmung soll der Christ als Privatmann tätig sein. Das Gottesbild in Thomas’ Firmtheologie ist von der Passion Christi und dem Pfingstereignis her geprägt. Als Gabe und Aufgabe erscheinen das öffentliche Bekenntnis des Namens Christi durch den Gefirmten, die spritiualis potentia per fortem confessionem. Dem Kriterium Glaubensleben können zugeordnet werden die perfectio formalis in der Firmung zur Besiegelung eines tugendhaften Lebens, die Ausrichtung der Firmung auf die Eucharistie und die Gottesverehrung sowie das Verständnis jeglichen rituellen Handelns in der Glaubensgemeinschaft Kirche, das vom Priestertum Christi her erklärt werden muss. Die Sachfrage Kommunikation wird von Thomas nicht explizit genannt, aber die spiritualis potentia activa beinhaltet die Ausübung heiliger Handlungen. Damit besteht eine Berechtigung, sie der Kommunikation zuzuordnen, weil Kommunikation nicht auf verbale Kommunikation eingeschränkt werden kann. Ebenso könnte hier noch das öffentliche Bekenntnis des Namens Christi genannt werden, das aber schon dem Themenbereich Gabe und Aufgabe zugeordnet wurde. Kennzeichen der Firmung als Passageritual ist bei Thomas das Verständnis der Firmung in Beziehung zu Taufe und Eucharistie und der Verbindung des Gefirmten mit Christus, der Quelle christlichen Lebens Zum Alter macht Thomas keine genauen Angaben, von seinem Ausgangspunkt Biographie her lässt sich aber folgern, dass die Firmung im Übergang von der Kindheit zum Erwachsenenalter zu spenden ist, weil im Mittelalter das Jugendalter nicht kannte und das Erwachsenenalter als Vervollkommnung des Kindesalters verstanden wird. Es gelingt Thomas also verschiedene Sachthemen wie auch verschiedene Sakramente in die Ausdifferenzierung seines Verständnisses der Firmung zu integrieren. In der folgenden Tabelle werden die Ergebnisse zusammengefasst und den Sachthemen, die in Kapitel 1.1.5 vorgestellt wurden, zugeordnet. Das ergibt folgendes Bild:

       Tabelle 3: Firmung bei Thomas von Aquin und Sachthemen

Firmung ist bei Thomas von Aquin…Sachthemen
- …vergleichbar mit der nativitas ex utero: der Mensch wird gestärkt und kann als Christ exponiert stehen- …das Sakrament, das zur perfectio per augmentum führt: es geht um Reifung und Vollendung- …mit dem Gedanken der Vervollkommnung des Kindesalters ins Erwachsenenalter hinein verbunden, vom Jugendalter ist nicht die RedeBiographie
- …mit der Taufe das Sakrament, das eine geistliche Verwandtschaft begründet- …in Beziehung zur Priesterweihe erklärt, wobei in der Weihe der Christ als führendes Glied der Kirche wirksam werden sollGemeinschaft
- …wie alle Sakramente durch die Passion Jesu Christi wirksam- …wie die Taufe auch vom Heiligen Geist her wirksamGottesbild
- …das Sakrament zum öffentlichen Bekenntnis des Namens Christi als Privatperson- …mit der spiritualis potentia per fortem confessionem verbundenGabe und Aufgabe
- …das Sakrament, das zur perfectio formalis führt: sie besiegelt ein tugendhaftes Leben- …wie alle Sakramente auf die Gottesverehrung und damit auf das Sakrament der Eucharistie hin bezogen- …wie jegliches rituelles Handeln in der Glaubensgemeinschaft vom Priestertum Jesu Christi her zu verstehenGlaubensleben
- …mit einer spiritualis potentia activa verbunden. Der Gefirmte ist ähnlich wie der Geweihte mit der Ausübung heiliger Handlungen betrautKommunikation
- …nur in Beziehung zu Taufe und Eucharistie zu verstehen. Gerade in der Hinordnung auf die Eucharistie wird die Verbindung mit Christus als der Quelle christlichen Lebens Grund gelegtPassageritual
- …im Übergang von der Kindheit zum Erwachsenenalter zu spenden.Alter

      Die Firmung steht in Zusammenhang mit dem Handeln der Kirche und hat eine christologische wie auch eine pneumatologische Perspektive, nämlich das Wirken des Heiligen Geistes in den Sakramenten der christlichen Initiation. Die anthropologische Basis für die Taufe und die Firmung ist auf die Eucharistie und das Handeln Gottes am Menschen hin geordnet. Dieser Gedanke Thomas’ von der perfectio hat sicher auch heute noch seine Gültigkeit, vor allem dann, wenn man die eschatologische perfectio, das letztgültige Handeln des primus agens am Menschen, nicht aus den Augen verliert. Perfectio darf dabei allerdings nicht so verstanden werden, dass das Kindes- und Jugendalter als eine zu überwindende Zeit hin zum Erwachsenenalter erscheint, in dem dann letztendlich die perfectio erreicht wäre. Jedes menschliche Lebensalter hat im biographischen Kontext seine eigene Wertigkeit, Bedeutung und auch Problematik. Interessant ist zu beobachten, dass Thomas von Aquin das Sakrament der Priesterweihe zur Erklärung der Firmung heranzieht: in beiden Sakramenten geht es nämlich um die Ausübung heiliger Handlungen, bei der Weihe als führendes Glied der Kirche und als Amtsperson, bei der Firmung als Privatperson. Sogar ein Gedanke Hans Küngs und Jean Amougou-Atanganas wird von der Firmtheologie Thomas’ gestützt, insofern Taufe und Firmung als Sakramente der Geistmitteilung verstanden werden.

      Das christliche Glaubensleben wurde in den Dokumenten des Zweiten Vatikanischen Konzils vom gemeinsamen Priestertum her verstanden. Christinnen und Christen haben damit die Aufgabe, in ihrem Alltag ein tugendhaftes Leben zu führen, das auf die Feier der Eucharistie hin bezogen ist. Alltägliches Leben ist aber auch von all den Schwierigkeiten gekennzeichnet, denen Menschen ausgesetzt sind. Die Theologie Karl Rahners stellt sich diesen Schwierigkeiten und Hoffnungen des alltäglichen Lebens von Christinnen und Christen. Gotteserfahrung im alltäglichen Leben machen zu können, gilt geradezu als Schlüssel zum theologischen Werk Karl Rahners159. Deshalb wird in diesem Abschnitt die Theologie Rahners zum christlichen Leben und zur Firmung herangezogen, um die Firmung unter dem Aspekt des Glaubenslebens weiter zu entfalten. Im Unterschied zur menschlichen Biographie, die den gesamten Verlauf eines menschlichen Lebens beschreibt, geht es im Glaubensleben getaufter und gefirmter Christen also um ihre konkreten Lebensumstände, in denen sie zum Heil der Welt wirken können und sollen.

      Karl Rahner betont, dass jeder Christ und jede Christin eine Fähigkeit und einen Auftrag erhalten hat, eine Gabe und eine Aufgabe. Er jedenfalls geht dabei so weit, von einer Weihe des Laien zur Seelsorge zu sprechen und meint damit, dass alle Christen sich um die Seele „sorgen können und sich sorgen müssen“160. Dies sei deshalb notwendig, weil menschliches Dasein in der Welt stattfindet und der Mensch in gemeinschaftlichen Beziehungen lebt. Wo gegenseitige Fürsorge gepflegt wird, spricht er von einer Werkgemeinschaft, die zur Seelsorge werden kann, wenn sie caritas, Liebe Christi wird und damit „ein Weiterwirken, eine Verewigung der Seelsorge Jesu“161. Diese caritative Werkgemeinschaft ist auf die eschatologische Vollendung hin angelegt, wenn die Liebe Gottes zu allen Menschen nicht mehr ein Abbild benötigt und nicht mehr bezeugt und besiegelt werden muss.

      Entwickelt sich die Werkgemeinschaft zu einem gegenseitigen Führen „in das Reich des ewig Wahren und Guten“162, nennt Rahner dies Gemeinschaft im Geist. Diese Gemeinschaft ist durch Sprachlichkeit gekennzeichnet, sie geschieht „wesentlich in der Rede, im Wort“163. Da Gott nun in unüberbietbarer Weise sein Liebeswort in Jesus Christus gesprochen hat, ist der Gefirmte dazu beauftragt und geweiht, dieses Wort weiterzutragen und zwar sowohl in zeitlicher als auch in räumlicher Perspektive, also immer und zu allen Menschen. Firmung wird somit bei Rahner zunächst

Скачать книгу