An der Front und Hinter der Front - Au front et à l'arrière. Группа авторов

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An der Front und Hinter der Front - Au front et à l'arrière - Группа авторов Serie Ares

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ihre Ressourcen. Australien entsandte insgesamt 331 000 Freiwillige an die Fronten des Nahen Ostens und Westeuropas. Über 60 000 von ihnen kamen dabei ums Leben, und über 166 000 wurden verwundet. Das bedeutete eine Verlustrate von 65 Prozent!20 Ähnlich schlimm erging es den 100 000 Neuseeländern, unter ihnen auch viele Maoris, deren Verlustrate bei 58 Prozent lag.21 Kanada schickte mehr als 600 000 Mann an die Westfront, von denen 60 000 fielen.22 Südafrikanische Soldaten kämpften vorwiegend auf dem eigenen Kontinent – etwa 170 000 Mann. Weitere 32 000 Soldaten wurden jedoch nach Frankreich geschickt. Zudem wurden 25 000 «schwarze» Arbeiter für niedere Dienste und Schwerarbeit nach Europa transportiert.23

      Die Soldaten auf den Schlachtfeldern des Ersten Weltkriegs waren der Stolz der Dominions. Viele von ihnen waren Freiwillige, aber die Mehrzahl, vor allem in Kanada, Wehrpflichtige. Der militärische Beitrag zum Krieg des Empires wurde zum Gründungsmythos dieser neu entstehenden Nationen, mit Ausnahme vielleicht Südafrikas. Noch heute ist ANZAC-Day so etwas wie der inoffizielle Nationalfeiertag Australiens. Die politischen Eliten der Dominions profitierten von den Kriegsanstrengungen ihrer Länder. Sie wurden von den britischen Kollegen als gleichberechtigte Partner anerkannt. Der Südafrikaner Jan Smuts, der Kanadier Sir Robert Borden und der australische Premierminister William Morris Hughes stiegen im Imperial War Cabinet zu mächtigen Männern auf.24

      Die britischen Kolonien waren in einer erheblich schwächeren Position. Sie wurden von britischen Beamten verwaltet, die sich um die Meinung der Untertanen wenig kümmerten. So proklamierte Vizekönig Lord Hardinge in Indien das Kriegsrecht, ohne den Indian National Congress (INC), die politische Organisation westlich gebildeter Inder, überhaupt zu konsultieren. Bürgerrechte wurden eingeschränkt und «Unruhestifter» eingesperrt. Die indischen Politiker gingen dennoch nicht in Opposition zu den von oben verordneten Kriegsanstrengungen. Sie hofften vielmehr, nach dem Krieg für ihre Loyalität durch Zugeständnisse und mehr Selbstverwaltungsrechte belohnt zu werden. So entsandte Indien schliesslich 1,5 Millionen Soldaten und Arbeiter auf die Kriegsschauplätze; mehr als 60 000 Soldaten kamen dabei ums Leben.

      Doch damit nicht genug. Auch die Heimatfront musste schwere Lasten tragen. Die indische Wirtschaft hätte vom Krieg als Lieferant von Waren profitieren können. Doch da Indien über keine eigene Regierung verfügte, handelten die Behörden vornehmlich im Interesse der Kolonialmacht. So wurde die Rupie künstlich überbewertet, was den indischen Export behinderte und den Aufbau von Industrien weitgehend verunmöglichte. Indien verharrte in der Unterentwicklung. Die Kolonialbehörden erzwangen die Zahlung von 220 Millionen Pfund an Grossbritannien zur Finanzierung des Kriegs. Gleichzeitig stiegen in Indien die Militärausgaben exorbitant. Zu ihrer Finanzierung wurden die Steuern drastisch erhöht. Dies und die einsetzende Inflation trafen hauptsächlich die Armen. Proteste und Unruhen, vor allem im Punjab, wurden gewaltsam unterdrückt, Oppositionspolitiker verhaftet. Dadurch erhielt der INC verstärkten Zulauf unter den breiten Massen. Aber die Hoffnung auf mehr Selbstverwaltung nach dem Krieg wurde nicht erfüllt. Stattdessen eröffneten britische Truppen am 13. April 1919 das Feuer auf eine friedliche Versammlung in Amritsar und töteten mehr als 400 Menschen.25 An der kolonialen Unterdrückungs- und Ausbeutungspolitik hatte sich also wenig geändert.

      All dies radikalisierte den antikolonialen Widerstand in Indien. Der Erste Weltkrieg trug somit wesentlich dazu bei, die britische Herrschaft über den Subkontinent zu unterminieren. Auch in den Dominions wurden die Bindungen zum Mutterland durch den Krieg gelockert. Im Unterschied zu Indien nahm die Wirtschaft dort einen erheblichen Aufschwung, und die Industrialisierung schritt voran. Das stärkte das nationale Selbstbewusstsein der Bevölkerung. Kam es jedoch zu Inflation und Mangelwirtschaft sowie zu rigorosen Eingriffen in bürgerliche Freiheiten wie bei der Einführung der Wehrpflicht in Kanada 1917, konnten starke Protestbewegungen entstehen, die sich auch gegen die britische Oberherrschaft richteten.

      Auch die russischen Behörden rekrutierten im grossen Stil Soldaten in den quasi-kolonialen Randprovinzen. In Zentralasien, das erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erobert worden war, verhielten sich die Behörden jedoch vorsichtig. Die unruhige indigene Bevölkerung sollte nicht im Dienst an der Waffe geschult werden. Aber die katastrophalen Verluste der russischen Armee bewirkten ein Umdenken. Im Sommer 1916 sollte auch in Zentralasien die Wehrpflicht eingeführt werden. Allerdings sollten die Rekruten vor allem in der Etappe schuften. Die Einführung der Wehrpflicht kam also der Rekrutierung zur militärischen Zwangsarbeit gleich. Dies brachte das Fass zum Überlaufen. Die indigene Bevölkerung, zum grossen Teil Nomaden, wurde seit Jahren unterdrückt, ausgebeutet und durch russische Siedler verdrängt. Die korrupten Beamten versuchten zudem, die Nomaden durch Zwangsmassnahmen sesshaft zu machen. Nun kam es zum Aufstand. Mehr als 3000 russische Siedler und Beamte wurden ermordet. Die Behörden schlugen mit extremer Gewalt zurück. Über 100. 000 Einheimische wurden getötet und die gleiche Anzahl nach Sibirien deportiert. Etwa 300 000 Menschen flohen ins benachbarte China. Der Aufstand von 1916 und seine schrecklichen Folgen sind noch heute tief im Bewusstsein der zentralasiatischen Bevölkerung präsent und belasten die Beziehungen zu Russland.26

      Der Aufstand in Zentralasien trug zum Untergang des Zarenreiches bei. Aber er war die einzige grossflächige Rebellion gegen die Mobilisierungsmassnahmen der Imperien. Anderswo waren die Loyalitäten zu stark und die Hoffnung auf Milderung der Kolonialherrschaft durch den Krieg zu gross. Zudem arbeiteten die Repressionsapparate zu effizient, um den vorhandenen Widerstand ausufern zu lassen. Auch wenn die Imperien durch den Krieg geschwächt wurden und einige von ihnen sogar untergingen, so überlebte die europäische Dominanz in weiten Teilen der Welt; aber ihre Wurzeln begannen zu faulen.

      Aussereuropäische Mächte greifen ein

      Die Mobilisierung aussereuropäischer Ressourcen war ein Aspekt des Weltkriegs. Mindestens ebenso wichtig war aber das Eingreifen von Mächten ausserhalb Europas. Da war zunächst einmal das Japanische Kaiserreich. Am 23. August 1914 erklärte die japanische Regierung dem Deutschen Reich den Krieg. Seit dem Jahr 1902 war man mit Grossbritannien verbündet. Doch der japanischen Regierung ging es weniger darum, den Bündnisverpflichtungen nachzukommen, als vielmehr den Krieg in Europa zu weiterer Expansion in Ostasien zu nutzen. Erstes Angriffsziel war die deutsche Kolonie in China, Tsingtau. Am 2. September 1914 griffen japanische Truppen mit britischer Unterstützung an. Die deutschen Verteidiger wehrten sich heftig, was ihnen die Achtung ihrer Gegner einbrachte. Doch abgeschnitten von jeglichem Nachschub, mussten die Deutschen am 7. November kapitulieren. Unterdessen besetzten japanische Soldaten kampflos einen grossen Teil der deutschen Pazifikinseln. Darunter waren auch die Karolinen und das dort gelegene Atoll Truk, welches im Zweiten Weltkrieg eine der wichtigsten Basen der japanischen Flotte im Pazifischen Ozean wurde.

      Zum Jahresende 1914 waren die Kämpfe für die Japaner bereits vorbei. Die Verluste betrugen nur 2000 Mann. Doch die expansionistische Politik wurde nun gegen China fortgesetzt. Im Januar 1915 präsentierten Premierminister Okuma und Aussenminister Kato der chinesischen Regierung die berüchtigten «Einundzwanzig Forderungen», welche darauf hinausliefen, China zu einer Art japanischem Protektorat zu degradieren. Die japanische Regierung spekulierte darauf, dass die anderen Grossmächte wegen des Kriegs in Europa diesen Coup hinnehmen würden, was sich aber als Irrtum erwies. Die britische und vor allem die US-amerikanische Regierung intervenierten und erzwangen ein Einlenken der japanischen Regierung. Nach dem Scheitern ihrer Pläne mussten Okuma und Kato zurücktreten. Dies war der Beginn jener Spannungen zwischen Japan und den angelsächsischen Grossmächten, die später in den Zweiten Weltkrieg münden sollten.

      Japan war zwar nur am Rand am Ersten Weltkrieg beteiligt, doch waren die wirtschaftlichen Auswirkungen gravierend. Das traditionell eher arme Land erlebte durch den Krieg einen regelrechten Boom. Japanische Exporte eroberten die von Europäern verlassenen Märkte und versorgten die Verbündeten. Die Industrialisierung Japans schritt nun schneller voran. Nicht nur die grossen Familien profitierten, sondern auch die Mittelschicht wuchs. Aber der Boom schlug bald in Spekulation, Korruption und Inflation um. Die Reallöhne der Arbeiter sanken. Bis zum Sommer 1918 verdoppelte sich der Preis für Reis. Es kam zu schweren Unruhen, die

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