Tatort Oberbayern. Jürgen Ahrens

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Tatort Oberbayern - Jürgen Ahrens

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Stückchen besser gefühlt. Im Laufe der nächsten Tage war bei ihr die Überzeugung gewachsen, dass sie das Kind haben wollte.

      Was Svenja wohl später über ihre Mutter sagen würde? Sie war noch klein und Mama die Beste auf der Welt. Aber was wäre mit 20: »Du hattest nie Zeit, deine Scheißrecherchen waren wichtiger als ich, seit Jahren gehe ich zur Psychotherapie – wegen dir.« Katharina kannte diese Gedankenschleife, sie holte sie regelmäßig ein. Wie immer in diesen Situationen sagte sie sich, dass sie zwar nicht so viel Zeit hatte wie andere Mütter, aber genauso verständnis- und liebevoll war wie ihre eigene. Das erschien ihr besser, als eine unzufriedene Hausfrau zu sein, die wie eine Klette an ihren Kleinen klebte. Jedenfalls schaffte sie es, wie versprochen um kurz vor 17 Uhr bei ihrer Mutter in Obermenzing zu klingeln. Als die Tür aufging, blickte sie in zwei strahlende Gesichter. »Mama, komm, ich zeig dir, was ich gebaut habe.« Svenja zog Katharina in den Garten des kleinen Reihenhauses. Susanne Hartschmidt hatte gerade noch Zeit, ihrer Tochter eine Kusshand zuzuwerfen. Im Garten hatte Katharinas Mutter extra für Svenja einen Sandkasten eingerichtet. Und darin befand sich eine kleine Flusslandschaft. Von hübschen Steinen eingerahmt hatte Svenja einen Flusslauf gebaut, der in ein größeres Becken mündete. Das Wasser kam aus einem Gartenschlauch und lief an der höchsten Stelle in die Konstruktion hinein. Dass es in dem Becken einfach versickerte, war der ansonsten sehr ökologisch eingestellten Oma Hartschmidt offenbar egal. Noch mehr wunderte sich Katharina über den Einsatz der Steine: »Sind das deine Heilsteine, Mama?«

      »Ach, Kind, Svenja hat so lieb gefragt, ich konnte nicht Nein sagen.« Susannes Augen strahlten. Die Heilsteine waren eigentlich verbotenes Terrain, eine falsche Berührung könnte die Heilkraft auslöschen, hatte ihre Mutter stets erklärt. Offenbar galt das nicht für Kinderhände und Gartenschlauchwasser. Katharina liebte ihre Mutter auch für ihre Inkonsequenz. Sie legte den Arm um sie. Gemeinsam beobachteten sie, wie Svenja das Wasser stärker aufdrehte. Ein paar Heilsteine hielten dem Druck nicht stand und die ganze Konstruktion begann, sich in eine wässrige Sandpampe ohne Regulierung zu verwandeln.

      »Svenjalein, super. Jetzt dreh das Wasser aus, wir fahren langsam. Oma hat gleich ihren Kurs.«

      »Okay, Mama, was essen wir heute Abend? Bei der Oma gab’s Fischstäbchen mit Pommes und Erbsen zu Mittag.« Auch für ihre Enkelin ignorierte Susanne ihre eigenen kulinarischen Vorlieben und kochte das, was Svenja sich bei einem Telefonat am Abend vor dem Omabesuch wünschte. Die merkwürdige Mischung aus Fischstäbchen und Erbsen war eine von Svenjas Leibspeisen.

      »Mmh, wie wäre es mit Fleischpflanzl, Kartoffelbrei und Rotkraut?«

      Svenja jauchzte begeistert: »Au ja, den Kartoffelbrei machen wir selber, ich zermatsch die Kartoffeln.« Katharina und Susanne grinsten sich an. Svenja war seit jeher eine Feindin von Fertigessen. Als Baby hatte sie Gläschen meist ausgespuckt, selbst gekochten Karotten- oder sonstigen Brei aber in großen Mengen in sich hineingeschaufelt.

      »Wie war es am Chiemsee?«, fragte Susanne ihre Tochter, mit der sie weiter Arm in Arm dastand.

      »Interessant, Mama, sehr interessant. Würde zu lang dauern, das zu erzählen. Es wird eine spannende Geschichte, die ich schreiben darf. Weißt du, was das Beste an dem Tag heute war?« Susanne schaute ihre Tochter interessiert an.

      »Dass ich mal wieder gemerkt habe, was für eine großartige Mutter ich habe.«

      »Und ich eine tolle Oma.« Svenja kam mit einer Tüte voller Heilsteine aus ihrem Schlammparadies. Ihre Beine und Arme starrten noch vor nassem Sand, Omas Steine hatte sie alle säuberlich abgespült und eingesammelt.

      »Hier, damit deine Kranken alle gesund werden.« Stolz überreichte sie Susanne den Beutel, die ihn gerührt entgegennahm.

      »Kinder, das ist mir zu viel Harmonie. Svenja, wasch dich, damit Mamas Auto nicht voller Sand wird, und ab mit euch.«

      Nicht ganz so harmonisch verlief die Heimfahrt, Diskussionsthema: Schauen wir heute Abend das Finale von »Germany’s Next Top Model« an? Für Svenja klare Sache, Katharina versuchte noch, andere Köder auszuwerfen wie »DVD-Abend Pippi Langstrumpf« oder »Harry Potter«. Keine Chance.

      »Alle in meiner Klasse dürfen, ich will das auch sehen. Und Mama«, Svenja schaute ernst zu Katharina rüber, die kurz den Blick von der Straße wendete und in die mitfühlenden Augen ihrer Tochter blickte. »Du musst dir echt keine Sorgen machen, dass ich Model werden will. Das ist mir viel zu langweilig. Und ich könnte nicht mehr so viel Kartoffelbrei essen, wie ich will.«

      Katharina grinste ob der Weitsicht ihrer siebenjährigen Tochter. »Svenjalein, na gut, wir schauen das Finale an. Das heißt aber nicht, dass wir bei der nächsten Staffel bei jeder Folge dabei sind. Abgemacht?«

      Svenja seufzte und nuschelte: »Okay.«

      Nach einem kurzen Abstecher zum Supermarkt fand sich Katharina in der Küche wieder und formte Fleischpflanzl, während die Kartoffeln vor sich hin kochten und auf ihre Verwandlung in Brei warteten.

      »Jippieee, der Papa kommt«, hörte sie plötzlich ihre Tochter. Katharina fuhr es in den Magen. Sie schaltete sofort auf »er ist der Vater deiner Tochter«, und fragte freundlich:

      »Ist Tobias auf dem Anrufbeantworter? Wie schön!« Es war schließlich gut, dass er sich um Svenja kümmerte. Nur sie selbst hätte gern so wenig wie möglich mit ihm zu tun.

      »Was will er mit dir machen?«

      »Er holt mich morgen ab, wir gehen in den Tierpark, danach Burger essen und dann bringt er mich heim.«

      »Aha, das heißt, er kommt mittags?«

      »Das sollen wir mit ihm ausmachen, ich soll ihn anrufen.« Svenja strahlte und Katharina gelang es, sich mit ihr zu freuen. Auf keinen Fall beabsichtigte sie, ihr das Treffen mit ihrem Papa zu vermiesen. Sie hatte zwar Pläne für das Wochenende gehabt, aber immerhin wollte sich Tobias mit ihr abstimmen.

      Dass ihre Beziehung wegen irgendeiner Tussi auseinandergegangen war, tat immer noch weh. Sie lebte mit Svenja ein glückliches Leben, aber die Erinnerung an damals kehrte regelmäßig zurück – meistens, wenn Tobias sich meldete. Seine jämmerliche Vorführung damals, als sie ihn gefragt hatte, für wen das schick verpackte Parfum in seinem Rucksack war. Sie hatte es gefunden, als sie das Fernsehprogramm herausholen wollte.

      »Es ist nicht, wie du denkst«, war noch einer der harmloseren Sprüche gewesen. Dass er sich von der Schwangerschaft überfordert fühle – nachdem sie beide sich seit zwei Jahren ein Kind gewünscht hatten –, war schon härter. Dann kam noch: »Du hast doch nie Zeit für mich gehabt, ich finde, dass du auf 50 Prozent hättest reduzieren können. Mein Geld hätte für uns beide gereicht. Du hast mich quasi in die Arme einer anderen getrieben.« Da war es vorbei. Sie hatte ihn angeschrien, er solle gehen und nie wiederkommen. Als er sie überrascht angeschaut hatte und sitzen geblieben war, hatte sie ihm ein paar Sachen in eine Reisetasche gepackt und selbige mitsamt ihm vor die Tür gesetzt. Am nächsten Tag hatte sie das Schloss ihrer Wohnungstür ausgetauscht und vor Svenjas Geburt mit Tobias nur noch einmal gesprochen: als er kam, um seine restlichen Sachen abzuholen. Er hatte einen Versuch zur Versöhnung unternommen, wohl vor allem deshalb, weil seine neue Flamme ihn bereits verlassen hatte. Katharina hatte sich sein Gejammer äußerlich ungerührt angehört und ihn gebeten, zu packen und zu gehen. Anschließend hatte sie zwei Stunden lang Rotz und Wasser geheult. Getröstet hatte sie ein Telefonat mit ihrer Mutter, die ihr erklärte, was für eine starke Frau sie sei und wie großartig sie es finde, dass sie Tobias gegenüber hart geblieben war.

      Als Svenja schließlich auf der Welt war, schickte Katharina Tobias eine Karte. Ein paar Tage nach der Geburt kam er mit einer Rassel und einem Blumenstrauß,

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