Tatort Oberbayern. Jürgen Ahrens
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»Mama?«
»Äh, Svenja, Entschuldigung, was hast du gesagt?«
»Ich will die Kartoffeln zermatschen, nach dem Essen telefonieren wir mit Papa und dann kommt Heidi Klum.«
»Ich sehe, du hast alles im Griff.«
Katharina schüttete die gekochten Kartoffeln in eine Schüssel und gab Svenja den Stampfer. Die stieg routiniert auf ihren Hocker und verarbeitete die Kartoffeln zu Brei.
Eine Stunde später – Svenja hatte drei Fleischpflanzl mit reichlich Kartoffelbrei und Rotkraut verdrückt – war die Küche gemacht, Chips und Limo standen vor dem Fernseher bereit und in einer halben Stunde würde Heidi Klum anfangen, über das Leben, die Figur und das Wesen junger Mädchen zu richten. Vorher gab es noch den Programmpunkt »Papa«. Katharina wählte Tobias’ Nummer und gab das Telefon direkt an Svenja weiter.
»Nein, hier ist nicht Katharina, ich bin’s, Svenja.« Die Kleine strahlte und hörte aufmerksam zu, was ihr Vater ihr zu sagen hatte. »Echt? Für Margarine? Iiih, Margarine mag ich nicht. Mama hat gesagt, du sollst um zwei kommen. Super, ich freu mich, in Hellabrunn gibt’s neue Elefantenbabys. Schauen wir die an? Und danach will ich einen doppelten Cheeseburger. Okay, klar, das verstehe ich. Bis morgen, Papa.«
»Klappt«, informierte Svenja ihre Mutter. »Er denkt sich gerade eine Werbung für Margarine aus, iiih.«
»Das muss es auch geben, Svenjalein«, sagte Katharina und erinnerte sich, wie sie früher abends im Bett gemeinsam mit Tobias Werbespots überlegt hatte – für Schokoladencreme, Glasreiniger, Handcreme – was gerade anfiel. Bei dem Auftrag für Kondomwerbung hatte sie ihn damals davon überzeugt, der richtige Spruch würde ihm gleich einfallen, sie müssten das Produkt nur testen. Falsche Gedanken, Katharinchen, sagte sie zu sich selbst und setzte sich mit einem Glas Rotwein zu Svenja aufs Sofa.
Freitagabend, München Bogenhausen
Freitagabend und kein Date – Jana lag unzufrieden auf ihrer Couch. Missmutig ermahnte sie sich selbst zur Geduld. Es war klar gewesen, dass es nicht so schnell gehen würde. Thomas war am Vorabend Punkt 19 Uhr gekommen. Sie hatte ihm Bier angeboten und selbst Sekt getrunken. Wie sie es geplant hatte, waren sie sich nähergekommen, als sie ihm über sein Smartphone gebeugt die Funktionen erklärte. Anfangs hatten sie sich kichernd entschuldigt, wenn sich ihre Hände, Schultern und Oberschenkel für einen Moment berührten. Nach dem dritten Bier hatte Thomas die Hand nicht weggenommen, als sie aneinanderstießen. Sie hatte ihn vermeintlich überrascht angeschaut und dann hatte er sie geküsst – ein langer, leidenschaftlicher Zungenkuss. Danach lief es, wie sie es kannte und vorausgesehen hatte. Er hatte ihr gesagt, wie schön es gewesen sei, dass er aber verheiratet sei, Kinder habe und sich solch ein Vorfall nicht wiederholen dürfe. Sie solle sich keine falschen Hoffnungen machen. Und Abgang. Was er nicht wusste: Jana hatte ihm mit einer Flirt-Mail eine kleine Schadsoftware geschickt.
Damit war garantiert, dass das gestrige Treffen nicht das letzte war. Sobald er die Mail öffnete, würde sich das Virus ausbreiten. Hilfesuchend würde er sich bei ihr melden.
In besserer Stimmung stand sie auf und ging ins Bad – Sicherheitsblick: Das Gelümmel auf der Couch hatte ihre Haare verdrückt, aber: ein routinierter Griff zum Haarspray und alles saß wieder perfekt.
Mit einem Schokoriegel in der Hand ging sie pfeifend in ihr Arbeitszimmer, öffnete ihren Laptop und begann, eine E-Mail zu schreiben. Schließlich mussten die Zahlungen weitergehen. Es war fest vereinbart. Sie konnte nur hoffen, dass das der anderen Seite klar war.
Samstagnachmittag,
München Haidhausen
Nachdem Svenja am Samstag tatsächlich pünktlich um 2 Uhr mit ihrem Vater Richtung Tierpark entschwunden war, beschloss Katharina, die unerwartete kinderfreie Zeit zu nutzen, um ein bisschen zu arbeiten. Sie setzte sich mit ihrem Laptop auf den Balkon und fand eine Mail von Birgit vor.
»Hallo, Katharina, Montag fange ich mit den Bergwinterrecherchen an, heute habe ich Klamotten dafür gekauft (drei Ekel-Smileys). Ansonsten bin ich noch mal ins Netz. Aber du kannst ganz ruhig bleiben: Die verschlüsselten Adelhofer-Daten sind weiterhin verschlüsselt. Anbei wie versprochen die interessantesten Fotos, die ich außer den Bergbildern noch gefunden habe. Es ist übrigens nur eine kleine Auswahl …«
Im Anhang sah Katharina Fotos ohne Ende. Und weibliche Fans ohne Ende: Robert und knackige Blondinen auf Partys, Robert und leicht bekleidete Mädels am Strand, Robert und Dirndl tragende Fans auf dem Hof seiner Eltern, Robert umringt von Verehrerinnen im Fernsehstudio. Es war zwar eine große Ausbeute, half Katharina aber nicht richtig weiter, genau wie Birgit es vorausgesagt hatte. Sie beschloss, den dritten Adelhofer-Artikel für die kommende Woche zu planen.
Wie schnell das ging, wenn keine Svenja dazwischenquakte, war erstaunlich. Gleichzeitig vermisste sie ihre Tochter und hoffte, dass sie Spaß mit ihrem Papa hatte.
Nachdem sie sogar noch Zeit für eine entspannte Maniküre gefunden hatte, drehte sich Punkt 19 Uhr der Schlüssel im Schloss und Svenja kam hereingestürmt. »Mama, bin wieder da, es war toll, wir waren bei den Elefanten und den Würgeschlangen, ich durfte eine halten, irre. Die war ganz warm, oder, Papa?« Svenja drehte sich zur offenen Wohnungstür, wo Tobias stand und unsicher lächelte. Der gleiche Sonnyboy wie früher, dachte Katharina, schwarze lockige Haare, Lederjacke, teure Jeans, Sneakers.
»Mama, darf ich Papa noch mein Zimmer zeigen? Ich hab extra aufgeräumt.« Svenja strahlte ihre Mutter erwartungsvoll an.
»Klar. Hey, Tobias, komm rein. Willst du noch was trinken?«
»Danke, ein Espresso wäre super.«
Und schon nahm Svenja ihren Vater an die Hand und zog ihn ins Kinderzimmer. Katharina hörte nur ihre Tochter reden und ab und zu ein »spitze«, »aha«, »super« von Tobias.
Sie warf einen kurzen Blick in den Raum und fragte: »Kakao für dich, Svenja?« Ihre Tochter nickte und redete sofort weiter.
Ein paar Minuten später saßen sie zu dritt am Küchentisch.
Auf einem Foto würden wir aussehen wie eine normale Familie, dachte Katharina bitter.
Die Unterhaltung verlief schleppend. Beziehungsweise redete eigentlich nur Svenja. Für Katharina gab es nichts, was sie Tobias erzählen wollte, und vieles, was sie gern fragen würde, war vermintes Terrain.
Als Tobias verkündete: »Ich geh dann«, fragte Svenja sofort: »Gehst du mit mir in den neuen Disney-Film, Papa? Der läuft nächste Woche an.«
Tobias Fissler wuschelte sich durch die Haare – wie immer, wenn er unsicher war. Die Dreierkonstellation in der Wohnung, die früher auch seine gewesen war, stresste offensichtlich nicht nur Katharina.
»Klar.