Gestalttherapie mit Kindern und Jugendlichen. Группа авторов

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Gestalttherapie mit Kindern und Jugendlichen - Группа авторов IGW-Publikationen in der EHP

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1990, S. 47)

      Die Beziehung zur Mutter ist laut Salonia der Hintergrund und Entwicklungsmotor, durch den das Kind Kontaktfähigkeit erlernt. Gesunder Kontakt ist dadurch gekennzeichnet, dass die drei Phasen des Kontakts, De-Strukturierung, Re-Strukturierung und Assimilation, unaufhörlich aufeinander folgen. Ist die Erregung zu hoch, kann der Kontakt bewusst oder unbewusst angehalten werden oder auf Phasen regredieren, in denen es zu Entwicklungsverzögerungen oder -störungen gekommen ist (vgl. Salonia 1990).

      »So werden Konfluenz, Introjektion, Projektion, Retroflexion und Egotismus zu ›Widerstandformen gegen den Kontakt‹.« (Salonia 1990, S. 52)

      Eine Gegenüberstellung – Leitsätze der allgemeinen Entwicklungspsychologie und gestalttherapeutische Entwicklungstheorien

      Die leitende Frage im folgenden Kapitel ist, ob die Theorien des Gestaltansatzes in ihrer Konzeption zeitgemäß sind.

      Die Abbildung 1 stellt diese Gegenüberstellung komprimiert dar. Im anschließenden Text folgt eine detaillierte Beschreibung der Inhalte.

      Perls’ Konzept des »Hungertriebes« enthält in seinen Annahmen traditionelle Stufentheorien. Die Entwicklung ist auf die Kindheit beschränkt und universell konzipiert. Ein ökologischer Gedanke findet sich im Konzept des »oralen Widerstandes« implizit wieder. Damit es auf den einzelnen Stufen der dentalen Entwicklung zu Störungen kommt, bedarf es Reaktionen und Forderungen aus der Umwelt.

      Im Gegensatz dazu enthält das Entwicklungsmodell »Selbst und Kontakt« von F. Perls, R. Hefferline und P. Goodman überwiegend moderne Annahmen. Bis auf den Leitsatz, dass Entwicklung immer Gewinn und Verlust darstellt, stimmt das Modell mit modernen Entwicklungskonzeptionen überein. Ihre Theorie fasst Entwicklung (Wachstum) als differenziell auf und ist mit dem Organismus-Umwelt-Konzept ökologisch orientiert. Eine lebenslange Entwicklung wird ebenso angenommen wie die Eingebettetheit der Entwicklung in einen Kontext. Traditionelle Annahmen enthält es insofern, als dass es von einer Entwicklung in Richtung eines höherwertigen Endzustandes ausgeht.

      »Das Reifwerden ist die Entwicklung von der Unterstützung durch die Umwelt zur Unterstützung durch uns selbst (self-support).« (Perls 1992a, S. 93)

      Ähnlich verhält es sich mit K. Koffka und K. Lewin. Beide beschreiben ein Modell von Entwicklung, dass durch Differenzialität, Ökologie und Kontextualismus gekennzeichnet ist. Gewinn und Verlust finden sich in ihren Modellen nicht wieder. Bei Lewin finden wir explizite Annahmen über eine lebenslange Entwicklung. Gedanken über Regression im Alter werden nur kurz angerissen.

      Auch G. Wheeler, M. McConville und G. Salonia haben in ihren Weiterentwicklungen der gestalttherapeutischen Entwicklungstheorie eine große Schnittmenge mit der modernen Entwicklungspsychologie. Bis auf den Leitgedanken von »Gewinn und Verlust« bei Entwicklungsverläufen lassen sich alle modernen Leitsätze wiederfinden. Salonias Entwicklungskonzeption enthält auch noch Motive der traditionellen Entwicklungspsychologie. Er kehrt in seinem Modell zu traditionellen Stufenmodellen zurück und beschreibt die Kontaktunterbrechungen als entwicklungspsychologische Phänomene, die sich über die ersten drei Lebensjahre stufenförmig entwickeln.

      Bei dem Blick auf die Abbildung 1 ist die große Schnittmenge aller gestaltpsychologischen und gestalttherapeutischen Entwicklungstheorien mit den Leitsätzen der modernen Entwicklungspsychologie auffallend. Bis auf wenige traditionelle Motive sind die Theorien des Gestaltansatzes in ihrer Konzeption zeitgemäß.

      Zusammenfassung und Ausblick

      Zu Beginn wurde die Frage gestellt, welche entwicklungstheoretischen Motive und Theorien im Gestaltansatz enthalten sind, wie sie weiterentwickelt wurden und wie sie im Vergleich zur aktuellen allgemeinen Entwicklungspsychologie angesiedelt sind. Dem aufmerksamen Leser wird aufgefallen sein, dass sich zwei Grundmotive aus dem gestalttherapeutischen Entwicklungstheoriekanon herausfiltern lassen: zum einen das Motiv vom Selbst und Kontaktprozess und zum anderen das feldtheoretische Konzept. Beiden immanent ist ein Entwicklungsgedanke. Der Kontaktprozess ist Entwicklung per definitionem und auch Veränderungen im Feld bewirken zwangläufig Entwicklung, so wie auch Entwicklung Veränderungen im Feld bewirkt. Außerdem wurde sichtbar, dass keines der Modelle eine explizit ausformulierte Lebensspanne-Perspektive einnimmt. So ist es nicht verwunderlich, dass sich auch das Axiom »Wachstum und Verlust« in keinem der Modelle wiederfinden lässt.

      Eine positive Bilanz dieser Untersuchung ist, dass der Gestaltansatz zeitgemäße und moderne Konzeptionen von Entwicklung zur Verfügung stellt, obwohl diese fast ein Jahrhundert alt sind.

      So stellen sich nach Ansicht des Autors zwei Aufgaben:

      Erstens: Bestehende gestalttherapeutische Entwicklungstheorien der Vorläufer, Begründer und Weiterentwickler in eine einheitliche und konsistente Entwicklungstheorie zu überführen.

      Zweitens: Diese vorliegenden Konzepte auf einen aktuellen Stand zu bringen und durch das Konzept der lebenslangen Entwicklung zu ergänzen.

      Bei der Recherche vorhandener Theorien fiel vor allem eines auf: Es gibt wiederholt Anläufe, eine Entwicklungstheorie der Gestalttherapie zu entwerfen und zu beschreiben, allerdings stehen diese Versuche lose nebeneinander. Mit Ausnahme des Übersichtsartikels von Felicia Carroll (2001) lässt sich ein rekursiver Verweis der Autoren trotz gewissenhaften Studiums der Bibliografien nicht entdecken.

      Abschließend sei an dieser Stelle eine These angeführt, die für eine explizite und ausformulierte Entwicklungstheorie in der Gestalttherapie spricht.

      Wir alle haben implizite Theorien und Vorstellungen von Entwicklung. Diese Vorstellungen – sind sie bewusst oder unbewusst, implizit oder explizit – lenken unseren Kontakt. Sie leiten uns in unserem Umgang mit den Patienten. Einer gestalttherapeutischen Bewusstheit und Achtsamkeit (Awareness) bedarf es nach Ansicht des Autors nicht nur gegenüber dem Erleben, den Gefühlen und der Wahrnehmung, sondern auch gegenüber den eigenen Gedanken und (unbewusst) vorhandenen Theorien und Menschenbildern.

Gestalttherapeutische Behandlung von Kindern und Jugendlichen verschiedener Lebensalter

      Agnes Salomon

      Eltern – Säuglings-/Kleinkind – Therapie

      Aspekte gestalttherapeutischer Behandlung bei prä-, peri- und postpartalen Belastungen

      Mit einer Kindheit voll Liebe aber kann man ein halbes Leben hindurch für die kalte Welt haushalten.

      (Jean Paul, 1763-1825)

      Vor dem Hintergrund der wichtigsten Entwicklungstheorien zur frühen Kindheit, unter Hinweis auf die Relevanz der Bindungstheorie inklusive der Psychobiologie, werden verschiedene Themenbereiche der gestalttherapeutischen Arbeit im prä-, peri- und postpartalen Bereich vorgestellt. Neben der Bewusstmachung möglicher Traumata und Kontaktstörungen in diesen Zeiten wird näher auf Interventionsmöglichkeiten bei sogenannten Regulationsstörungen eingegangen. Eine Regulationsstörung bezeichnet die außergewöhnliche Schwierigkeit eines Säuglings, sein Verhalten in einem oder auch mehreren Interaktions- und regulativen Kontexten angemessen zu gestalten.

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