Herausforderungen für die Berufsbildung in der Schweiz. Markus Mäurer

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Herausforderungen für die Berufsbildung in der Schweiz - Markus Mäurer

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Aufgaben stehen in engem Zusammenhang mit der Neuregelung der Finanzierung (BBG, 2002, Art. 52–59) (vgl. den Beitrag von Markus Maurer in diesem Band, S. 61ff.), einer der wesentlichsten Reformen mit Bezug auf die Steuerung der Berufsbildung. Umfangmässig sollte der Anteil des Bundes an den Kosten der öffentlichen Hand von bis anhin gut 15 auf 25 Prozent angehoben werden.5 Hinzu kommt ein neuer Berechnungsmodus. An die Stelle der bisherigen, am Aufwand gemäss anrechenbaren Kosten (hauptsächlich plafonierte Lehrerlöhne und Schulmaterial) orientierten Subventionierung tritt ein System aufgabenorientierter Pauschalen (leistungsorientierte Lehr- beziehungsweise Ausbildungsvertragspauschalen); die Vergütung von Leistungen Dritter durch den Bund erfolgt hierbei über die Kantone. Neu ist schliesslich die gezielte Förderung von Innovationen (insbesondere Projekte zur Entwicklung der Berufsbildung und Qualitätsentwicklung) sowie von «besonderen Leistungen im öffentlichen Interesse». Hierfür sind insgesamt zehn Prozent der Bundesgelder bestimmt. Die Vergabe dieser Mittel und damit der Entscheid, welche Projekte gefördert werden, erfolgt aufgrund der Beurteilung durch die oben genannte Berufsbildungskommission.

      Zwei weitere steuerungsrelevante und in Zusammenhang mit der Berufsbildungskommission und der Finanzierung stehende Aufgabenbereiche stellen Forschung und Qualitätsentwicklung dar. Bezüglich Berufsbildungsforschung lässt sich bereits in der «Botschaft des Bundesrates über die Förderung der Bildung, Forschung und Technologie in den Jahren 2000–2003» (Schweizerischer Bundesrat, 1998)6 die Absicht zu einer Offensive feststellen. Im Zentrum steht der «Aufbau der applikationsorientierten Berufsbildungsforschung», und zwar zum einen am Schweizerischen Institut für Berufspädagogik (SIBP) (heute Eidgenössisches Hochschulinstitut für Berufsbildung, EHB) und zum andern auch in ausgewählten Hochschulinstituten7. Die anvisierte Berufsbildungsforschung soll die «Berufsbildungspolitik jeweils zugeschnitten auf die Bedürfnisse der verschiedenen Akteure mit empirisch gestützten Daten über die Berufsbildung, mit Prognoseinstrumenten, Trendberichten sowie mit Evaluationen von Teilen des Berufsbildungssystems» unterstützen. Als ein neuer Schwerpunkt wird die Erforschung der Lernleistungen der Bildungsteilnehmenden und der daraus resultierenden Folgewirkungen auf dem Arbeitsmarkt genannt (Schweizerischer Bundesrat, 1998, S. 364). Erste Priorität kommt somit insgesamt der Sammlung und wissenschaftlichen Aufbereitung steuerungsrelevanter Daten und Information zu, und zwar als Grundlage der genannten vom Bund auszugestaltenden evidenzbasierten Berufsbildungspolitik.

      Eine Schlüsselrolle im Hinblick auf die Steuerungsfunktion, die der angewandten Forschung und Qualitätsentwicklung in der Berufsbildung neu zukommen soll, spielt das Eidgenössischen Hochschulinstitut für Berufsbildung (EHB), das 2007 aus dem SIBP hervorgegangen ist. Das EHB ist weiterhin zur Hauptsache in der Aus- und Weiterbildung von Berufsbildungsverantwortlichen, insbesondere von Lehrkräften, tätig; als unabhängiges Institut auf Hochschulstufe übernimmt es nun zudem Aufgaben im Bereich der Akkreditierung von Berufsbildungsmodulen, der angewandten berufspädagogischen Forschung sowie der «Qualitätsentwicklung als Steuerungsinstrument der Berufsbildungspolitik insbesondere bezogen auf Berufsschulen (z. B. Entwicklung von Standards, Qualitätsmodellen, Indikatoren für Effizienzprüfungen)» (Schweizerischer Bundesrat, 2000, S. 5735).

      Die aufgezeigte Tendenz hin zur evidenzbasierten und an den Outcomes bzw. am Output orientierten Steuerung des Bildungssystems hat – wie die Diskussion der vergangenen zehn Jahre rund um Bildungsstandards und Kompetenzen zum Ausdruck bringt – ihre Entsprechung auf der Ebene der Bildungsprozesse. Dieser Trend hat sich in Teilen auch in der Neukonzeption der Bildungsverordnungen mit den dazugehörigen Bildungsplänen (und Qualifikationsprofilen), das heisst deren Ausrichtung an Leistungszielen und Handlungskompetenzen (BBT, 2007), niedergeschlagen. Zu verweisen ist im Zusammenhang mit der Output-Orientierung aber vor allem auch auf die neuen Bestimmungen im Bereich der Prüfungen und Abschlüsse, die einer Abkoppelung der Qualifikationsverfahren von formalen Bildungswegen entsprechen.

      Bildungspläne mit ihren curricularen Bestimmungen und Leistungsanforderungen regeln Inhalte und Aufbau der beruflichen Grundbildung mit Bezug auf sämtliche drei Lernorte; sie stellen somit ein klassisches Steuerungsinstrument dar und sollen im nächsten Kapitel ausführlicher zur Sprache kommen. Thematisiert wird allerdings nicht deren Inhalt oder Konzeption (vgl. hierzu den Beitrag von Markus Maurer und Silke Pieneck in diesem Band, S. 81ff.), sondern – anknüpfend zugleich an das vorangehende Kapitel – die Regeln der Erarbeitung der Bildungspläne.

       Vom BBG zum Masterplan

      Die Revision der Bildungsverordnungen als Teil der Politikumsetzung

      Die Formulierung institutioneller Regeln der Berufsbildung erfolgt auf Bundesebene mittels Rahmengesetz und dazugehörigen Ausführungsbestimmungen, wie sie in der aktuellen Berufsbildungsverordnung (BBV 2003) enthalten sind. Der Vollzug bleibt über weite Strecken den Kantonen überlassen, die ausgehend von den bundesrechtlichen Bestimmungen kantonale Berufsbildungsgesetze und -verordnungen erlassen. Über je eigene kantonale Behördenarrangements üben sie die Aufsicht über die berufliche Grundbildung aus, vollziehen Bildungsverordnungen und sorgen für ein bedarfsgerechtes Angebot an Berufsfachschulen.

      Der schweizerische Vollzugsföderalismus gewährt den Kantonen einen gewissen Spielraum bei der Adaption der bundesrechtlichen Vorgaben an die eigenen kantonalen und regionalen Gegebenheiten, mit Bezug auf die Berufsbildung also etwa an die vorhandenen wirtschaftlichen Strukturen, Bildungsinstitutionen und -traditionen. Positiv besetzt ist auch ein Zusammenarbeitsgebot, das sich aus den föderalistischen (und korporatistischen) Strukturen ergibt und sich im omnipräsenten Begriff der «Verbundpartnerschaft» kristallisiert. Zahlreiche Formulierungen im neuen BBG, die den Einbezug der Partner in Entscheidungsprozesse fordern, deren «Zusammenarbeit» anordnen oder die Möglichkeit der Übertragung von Aufgaben an Dritte vorsehen, eröffnen allerdings zugleich Ambiguitäten, denen die Kantone und OdA in der Vernehmlassung mit Skepsis begegneten.

      Ein typisches Beispiel verbundpartnerschaftlicher Kooperation bietet die Erarbeitung von Bildungsverordnungen, deren Revision das neue BBG (2002, Art. 73 Abs. 1) anordnet. Zugleich zeigt dieses Beispiel, wie ein gesetzlich, das heisst durch öffentliche Politik legitimierter Umsetzungsspielraum über Entscheide auf der nachgeordneten Verwaltungsebene – hier repräsentiert durch das «Handbuch Verordnungen» des BBT – reglementiert werden kann.

      Die Ausarbeitung der Verordnungen über die berufliche Grundbildung setzt grundsätzlich die Mitwirkung der Kantone und der OdA voraus. In letzter Instanz ist es jedoch der Bund beziehungsweise das BBT, das die Verordnungen erlässt (BBG 2002, Art. 19 Abs. 1). Die BBV von 2003 spezifiziert diesbezüglich: «Das Bundesamt stellt die Koordination mit und zwischen den interessierten Kreisen sowie den Kantonen sicher. Kommt keine Einigung zustande, so entscheidet das Bundesamt unter Berücksichtigung des Gesamtnutzens für die Berufsbildung und allfälliger sozialpartnerschaftlicher Regelungen» (Art. 13, Abs. 4). Eine Schlussbestimmung des BBG hält zudem fest, dass die geltenden kantonalen und eidgenössischen Bildungsverordnungen innert fünf Jahren nach Inkrafttreten des Gesetzes anzupassen beziehungsweise zu ersetzen sind (Art. 73).8

      Die Revision der Bildungsverordnungen gehört zu den vorrangigsten der in einem ersten Aktionsprogramm («Masterplan Berufsbildung») aufgeführten Umsetzungsschritte. Am Beispiel von Berufen der Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie (MEM) sollen im Folgenden die für den Erlass von Bildungsverordnungen und Bildungsplänen konstitutiven Regeln und Akteursnetzwerke dargestellt werden. Die Wahl fiel aus zwei Gründen auf diese Branche: erstens, weil diese über ressourcenstarke und gut organisierte Verbandsstrukturen verfügt, und zweitens, weil in diesem Bereich zwei Untersuchungen existieren, deren Sekundäranalyse Auskunft über allfällige Veränderungen der Erarbeitungsprozesse ermöglicht.

      Das Beispiel der MEM-Berufe

      Charbel Ackermann hat in seiner rechtswissenschaftlichen Dissertation von 1984 anhand der Entstehung und Durchsetzung von Ausbildungsreglementen unter anderem auch für Werkzeugmaschinen- und verwandte Berufe den Vollzug des schweizerischen Berufsbildungsrechts untersucht. Er bezieht sich in seiner Arbeit auf Ausbildungsreformen,

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