Lernen ist meine Sache (E-Book). Dagmar Bach

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Lernen ist meine Sache (E-Book) - Dagmar Bach hep praxis

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werden, zum Beispiel:

      •Werde ich angesichts eines unvermittelt auftretenden Konflikts in der hintersten Bankreihe

      –die Lektion möglichst ordentlich über die Runde bringen oder

      –den Konflikt verhandeln?

      •Einer in der Klasse nervt schon wieder, ich fühle mich gestört. Werde ich

      –den Störer vor der Klasse zurechtweisen oder

      –ihm diskret diesen Zettel hinstecken «Machen Sie jetzt bitte zehn Minuten Pause, in der grossen Pause um zehn Uhr höre ich Ihnen dann gerne zu»?

      •Wenn wieder zu Unterrichtsbeginn zwei (immer die gleichen!) Lernende fehlen,

      –setze ich ohne Aufhebens den Unterricht fort, selbst dann, wenn sie fünfzehn Minuten später lässig, ihren Auftritt geniessend, durch die Klasse zu ihren Plätzen schlendern, oder

      –stelle ich sie gleich raus und nehme dabei den unvermeidlichen Unterrichtsunterbruch in Kauf, oder

      –klebe ich vorher das Schild an die Türe «Die Veranstaltung hat begonnen, nächster Einlass um 9.15 Uhr» und schliesse ab?

      •Wenn zum Unterrichtsbeginn aus der Klasse der Ruf ertönt: «Dieses Thema ist aber langweilig, können wir nicht über … sprechen»,

      –ist meine Antwort dann normalerweise: «Zuerst machen wir mein Programm, dann können Sie Ihren Vorschlag nochmals bringen», oder

      –schicke ich die Interpellantin nach draussen mit dem Auftrag, in einer halben Stunde entweder das Thema zu moderieren oder mit einem Bearbeitungsvorschlag zu kommen?

      Diese und weitere Beispiele aus dem eigenen Repertoire dienen dazu, künftiges Handeln statt von Spontanreflexen von seiner pädagogischen Haltung leiten zu lassen. Ein solcher Verhaltenstrainings-Effekt wird begünstigt, wenn man das Dilemma in zwei Dimensionen durchspielt: 1) Wie handle ich spontan in der Situation?, und b) Was wäre die für mich ideale Reaktion? Konfliktantizipationen eignen sich auch perfekt für das Teamtraining im Rahmen von Intervisionen oder ähnlichen Settings.

      Eine andere Möglichkeit, die pädagogische Haltung zu schärfen und zu pflegen, setzt bei der Unterrichtsplanung an. Statt zu fragen: «Mit welchen Methoden bringe ich den Stoff am besten durch?», heisst die vorrangige Frage: «Was will ich erreichen?»

      Massvolle und dynamische Semesterplanung

      Eine mittelfristige Planung der Unterrichtsinhalte und -abläufe ist sinnvoll, da sie entlastet und Transparenz schafft. Ob das Planungsintervall ein Quartal oder ein Semester umfasst, ist weniger von Belang und wird hier vereinfachend als Semesterplanung apostrophiert. Die entscheidenden Aspekte sind die Entlastung (insbesondere der Lehrperson) und die Transparenz (vor allem für die Lernenden). Ich möchte an dieser Stelle für eine massvolle, dynamische und deshalb bewusst lückenhafte Semesterplanung plädieren – auch wenn solches kontrastiert zu vielem, was in didaktischen Lehrbüchern steht. Denn eine bis ins Detail durchgetaktete Semesterplanung übergeht zwingend die situativen Lernbedürfnisse der Hauptpersonen – oder, dramatisiert ausgedrückt, sie zerquetscht die nachfolgenden Bausteine zu Bauschutt.

      Die Semesterplanung entlastet die Lehrperson und schafft Transparenz, wenn sie die zu behandelnden Themen nennt und die Inhalte grob umreisst, wenn sie explizit auf geplante Leerstellen verweist und zwingend auch die nicht stoffgebundenen Dimensionen wie soziale Ziele, Methodenziele oder eben auch die Offenlegung des pädagogischen Credos berücksichtigt. Es geht bei der Semesterplanung auch darum, alle (Lernende und Lehrperson, eventuell auch interessierte Lehrmeister) mit einer gewissen Verbindlichkeit auf die vorgesehenen Verhandlungsspielräume hinzuweisen. Solche mehrdimensionalen Semesterpläne sind anpassungsfähig, für alle spannender und mindestens so nützlich wie minutiöse Zeit- und Ablaufpläne. Sie haben als zweite Funktion auch einen zentralen Wert für einen abschliessenden Semesterrückblick, der die Leerstellen und Verhandlungsspielräume reflektiert und zur Diskussion stellt: Wurden sie genutzt? Wie? Warum nicht? Wie könnte man das besser handhaben? Reflektieren wird man solche Fragen selbst oder im Team, diskutieren kann man sie durchaus mit der Klasse, besonders dann, wenn sie im Zeichen von Transparenz auch schon über den Plan ins Bild gesetzt wurde.

      Dynamische Unterrichtsplanung

      Ein minutiös geplanter Unterricht ist das Gesellenstück einer jeden Lehrerausbildung; die Architektur und die Einhaltung solcher Pläne sind der Gradmesser für die in Noten übersetzte Praxistauglichkeit der Novizinnen und Novizen. Dagegen ist nichts einzuwenden – fast nichts, ausser, dass damit Lernen verhindert wird. Oder mit Krapf ausgedrückt: «Mancherorts wird erwartet, dass vorbereiteter Unterricht sich gemäss der Vorbereitung realisieren lässt. Gerade das dürfte nicht passieren. Wenn es trotzdem geschieht, ist der Misserfolg dokumentiert. Wenn nämlich Unterricht ein gemeinsames Unternehmen von Leiter und Schüler/-innen ist, kann es gar nicht sein, dass die Vorlage der Lehrkraft ihre Gültigkeit behält» (Krapf, 1995, S. 119).

      Die hier empfohlene Alternative ist natürlich nicht der gänzlich unvorbereitete Unterricht, sondern eine dynamische Unterrichtsplanung analog zur Semesterplanung, zum Beispiel so:

      •Die Lehrperson präsentiert ihr Vorhaben (mehr oder weniger detailliert) und sammelt Reaktionen dazu. Anmerkungen: Das entspricht einem üblichen Sitzungsverlauf, wo zu Beginn die Traktandenliste präsentiert wird, gefolgt von einer Umfrage zu den vorgeschlagenen oder ergänzenden Traktanden.

      •Die Lehrperson hat einen (mehr oder weniger detaillierten) Unterrichtsplan, eröffnet jedoch mit einer solchen oder ähnlichen Frage: «Was ist in der vergangenen Woche passiert, das Sie hier besprechen möchten?»

      •Der Unterricht ist aufgrund zurückliegender Vereinbarungen bereits sequenziert, inklusive Art und Umfang des (Lehrer-)Inputs. Dieser kann dann nach Plan oder als Option zu alternativen Angeboten realisiert werden.

      •Die Lehrperson hat jeweils einen Plan B (zum Beispiel die wasserdichte Stellvertretungslektion), den sie hervorziehen kann, falls ein geplantes, offenes Unterrichtsvorhaben fehlschlägt.

      Klar, dass solche dynamischen Unterrichtsplanungen die Bereitschaft erfordern, geplante Inhalte und Abläufe zurückzustellen und situative beziehungsweise spontane Anliegen zu priorisieren.

      Dynamische Unterrichtsplanung verspricht lebendigeren Unterricht und garantiert nicht nur spannendere Erfahrungen für alle, sie entlastet mittelfristig auch, da nicht benötigte Vorbereitungen für später zur Verfügung stehen. Auf jeden Fall sind durchpräparierte Musterlektionen reserviert für Probelektionen und funktionieren nur, weil die Schülerinnen und Schüler in aller Regel solidarisch brav mittun.

      Unterrichtsreflexion

      Sich fragend mit der eigenen pädagogischen Haltung beschäftigen heisst, in der Unterrichtsplanung ab und zu Reflexionsphasen einzubauen. Was habe ich gewollt? Was wurde erreicht? Was funktionierte? Was nicht? Weshalb?

      Eine einfache Möglichkeit dazu ist für Krapf (1995) die Nachbereitung: «Wie wäre es, wenn die Zeit, die gewöhnlich für die Vorbereitung eingesetzt wird, neu für die Nachbereitung verwendet würde? Die Konzentration würde sich auf jene Verhaltensweisen richten, die eine besonders günstige Lernsituation entstehen liessen.»

      Eine andere Möglichkeit besteht darin, bei mittel- und längerfristigen Unterrichtsplanungen, zum Beispiel bei der Themen-, Quartals- oder Semesterplanung, neben den üblichen Präparationskriterien zusätzlich die pädagogischen Absichten zu notieren: eine Spalte, reserviert für die pädagogischen

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