Systemische Professionalität und Transaktionsanalyse. Bernd Schmid

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Systemische Professionalität und Transaktionsanalyse - Bernd Schmid страница 17

Автор:
Серия:
Издательство:
Systemische Professionalität und Transaktionsanalyse - Bernd Schmid

Скачать книгу

im Umgang miteinander richten. Beide Einschätzungen führen zur Auswahl von Beziehungspartnern oder der Art von Beziehungen, die man mit potenziellen Partnern eingehen möchte. Außerdem bieten solche intuitiven Wahlen Chancen in der gegenseitigen Abstimmung und bei der gemeinsamen Entwicklung der Beziehungswirklichkeit.

      Intuition kann im Dienste der Entwicklung positiver Beziehungswirklichkeiten stehen wie leider auch im Dienste der Wiederholung von unbefriedigenden oder gar destruktiven Beziehungen. Letzteres beschäftigt Transaktionsanalytiker beruflich häufiger. Dies führt manchmal dazu, dass die Normalität und die enormen Vorteile von Intuition und der unbemerkten Beziehungssteuerung aus dem Blickfeld geraten.

      Häufig werden Transaktionsanalytiker dann tätig, wenn Menschen ihre Partnerwahl und Beziehungsgestaltung mit Hilfe intuitiver Steuerungsmöglichkeiten so betreiben, dass die Beziehungsergebnisse unbefriedigend sind. Dies wird oft erst nach einiger Zeit bemerkt, wenn die Folgen dieser problematischen Beziehungsgestaltung spürbar werden. Zum Beispiel können sich Partner zunehmend missbraucht fühlen, obwohl sie sich im besten Bemühen um gegenseitige Würdigung wähnten. Dann kann es lohnend sein, sich die transaktionale Entstehungsgeschichte einer bestimmten Beziehungssituation bewusst zu machen. Welche Annahmen über gegenseitige Wünsche steuern die Verhaltensweisen und was löst diese Annahmen aus oder bestärkt sie? Dies kann die Analyse intuitiver Beurteilungs- und Auswahlvorgänge der Beteiligten einschließen. Diese wiederum können intuitiv erfasst oder anhand der eigenen Reaktionen und Aktionen erschlossen werden. Der Berater selbst kann sich durch die Klienten irgendwie missbraucht fühlen, was er daran merkt, dass er immer ausführlicher betont, wozu er bereit ist und wozu nicht. Letzteres wird soziale Diagnose genannt. Um aus eigenen Reaktionen verantwortlich auf auslösende Signale anderer schließen zu können, ist allerdings ein Studium der eigenen Neigungen und Reaktionsmuster erforderlich, damit man nicht dem Klienten zuschreibt, was man selbst in die Beratung getragen hat.

      Ein Beobachter kann von außen häufig schon aus den ersten Transaktionen Eigenarten der sich anbahnenden Beziehung, eventuell auch absehbare Beziehungskonflikte erkennen, während die Beteiligten sich dessen oft (noch) nicht bewusst sind. Die Aufmerksamkeit auf eine sich entfaltende Wirklichkeit im Initialstadium oder erste Anzeichen von Unstimmigkeiten zu lenken, ist ein großes Verdienst der TA.

      Transaktionsanalytiker schenken berufsbedingt solchen transaktionalen Abläufen, die nach einiger Zeit zu problematischen Beziehungsergebnissen führen, besondere Beachtung. Die Beteiligten erleben unbefriedigende Ergebnisse einer vorher für sie unauffälligen Kommunikation als überraschend und doch oft als vertraut. Solche Serien von Transaktionen werden psychologische Spiele genannt. Menschen neigen dazu, in Beziehungen immer wieder psychologische Spiele zu inszenieren. Gewohnte, wenn auch häufig problematische Wirklichkeiten werden durch immer wieder ähnliche, intuitiv gesteuerte Partnerwahlen und Beziehungsgestaltungen reinszeniert.

      BERNE hat eine ganze Sammlung solcher typischen psychologischen Spiele zusammengetragen (BERNE 1970). Er formulierte Grundideen, auf denen einzelne Spiele möglicherweise beruhen und welche typischen Wirklichkeiten sie erzeugen. Aufgrund solcher Überlegungen eröffnen sich Möglichkeiten, Alternativstrategien zu entwickeln. Sofern psychologische Spiele in der Beziehung zu einem Transaktionsanalytiker initiiert werden, kann er diese entweder durch Alternativstrategien durchkreuzen und andere Beziehungswirklichkeiten etablieren. Oder er kann die gewohnten Beziehungsangebote des anderen und die ihnen zugrundeliegenden intuitiven Erwartungen und Beurteilungen zum Gegenstand einer Klärung machen. Die Transaktionsanalyse hat für solche Situationen ein ganzes Inventar von Kommunikationsmanövern entwickelt, die in der Praxis angewendet und in der Weiterbildung gelehrt werden.

      Intuitionen können also richtig oder falsch sein, treffend oder fehlgewichtet bzw. fehlgeleitet. Sie stehen im Dienst einer beglückenden oder auch problematischen, ja sogar gefährlichen Lebensgestaltung. Eigene unbewusste Neigungen, transaktionale Einladungen oder Beiträge zu Spielen anderer können jedoch erkannt und verändert werden. Es ist möglich Intuition zu »reinigen« und zu entwickeln. Dadurch kann diese hochkomplexe und integrative Orientierungs- und Steuerungsfunktion wieder ganz in den Dienst schöpferischer und konstruktiver Beziehungsgestaltungen gestellt werden. Soweit Intuition professionelles Handeln steuert, muss sie kontext- und rollenspezifisch qualifiziert werden.

      Von ENGLISH (1976 und 1981) stammt das Konzept des Racketteering, des Ausbeutungsverhaltens in Beziehungen. Es werden z.B. Gefühlsäußerungen unter dem Gesichtspunkt betrachtet, ob und wie sie dazu dienen, die Aufmerksamkeit, die Hilfsbereitschaft, die Hingabefähigkeit oder andere Talente des Gegenübers für sich unter Beschlag zu nehmen. Dies kann dann als ausbeuterisch betrachtet werden, wenn es nicht auf abgeklärten Beziehungsvereinbarungen beruht und daraus nicht für alle Beteiligten Nutzen entsteht. ENGLISH hat typische Beziehungsmuster zwischen der »übersicheren« Position und der »hilflosen« Position in solchen Beziehungen beschrieben.

      Der Betrachtung des Ausbeutungsaspekts in Beziehungen ist das Konzept der dysfunktionalen Symbiosen (SCHIFF et al. 1975) bzw. entsprechender Haltungen ähnlich. Von einer dysfunktionalen Symbiose spricht man dann, wenn man bei der Betrachtung einer Beziehung zu dem Schluss kommt, dass Verantwortung oder Unbehagen (als Folge der Nichtübernahme von Verantwortung) zwischen den Beteiligten verschoben wird. Dies kann Lebensgestaltung und Entwicklung in der Beziehung behindern. Unter diesem Gesichtspunkt kann man dysfunktionale symbiotische Beziehungen auch definieren als Beziehungen, innerhalb derer die Beteiligten ihr persönliches Potenzial nicht zum Ausdruck bringen oder nicht entwickeln (SCHMID 1986c).

      SCHIFF und ihre Mitarbeiter untersuchten dysfunktionale Symbiosen im Zusammenhang mit dem Versuch, psychotisches Verhalten zu verstehen und im Rahmen von psychotherapeutischen Beziehungen zu behandeln. In ihrem Kathexis-Institut wurden psychotische Patienten durch therapeutische Eltern-Kind-Beziehungen behandelt. Dabei wurden sogenannte passive Verhaltensweisen studiert, die dazu dienten, andere in dysfunktionalsymbiotische Beziehungen zu nötigen oder sie darin festzuhalten.

      Werden Beziehungen und die Transaktionen, über die sie gelebt werden, näher untersucht, kann es aufschlussreich sein zu fragen, welche Teilpersönlichkeit in welcher Weise daran beteiligt ist. Man untersucht dann, wer innerhalb der Personen als Absender von Botschaften, auf die andere Menschen reagieren, betrachtet werden könnte. In diesem Erklärungsrahmen kann man sich vielschichtige Beziehungen vorstellen, bei denen verschiedene Teilpersönlichkeiten auf verschiedene Arten miteinander Kontakt aufnehmen.

      Bildlich gesprochen kann man sich eine ganze Beziehungskonferenz vorstellen, wenn zwei Personen miteinander sprechen. Zum Beispiel könnten zwei Erwachsene versuchen in angemessener Weise miteinander umzugehen, während jugendliche Kind-Ich-Zustände miteinander ums Besser-Können konkurrieren oder miteinander einen Flirt beginnen. Innere Väter, Mütter, Lehrer oder andere frühere Bezugspersonen könnten durch Meinungen, emotionale Reaktionen oder Handlungen zum Geschehen beitragen wollen. Die inneren Väter zweier Gesprächspartner könnten dabei auf eine rein formale Beziehung höchsten Wert legen, während die Mütter genüsslich eine Romanze fördern. Dies wiederum könnte bei den jugendlichen Persönlichkeitsanteilen beider Gesprächspartner irritierte Reaktionen hervorrufen.

      Als Ausdrucksmittel stehen den Teilpersönlichkeiten das Ausdrucks- und Empfindungsvermögen ein- und derselben Person zur Verfügung. Deren Ausdrucksverhalten und Beiträge zur Beziehungsgestaltung kann man sich als zumindest vielschichtig vorstellen. Dies kann von den Personen selbst und ihren Partnern als irritierend erlebt werden. Insbesondere dann, wenn die Erwachsenen-Ich-Zustände der Beteiligten keinen entscheidenden Einfluss auf die Integration und Steuerung der Teil-Persönlichkeiten bei der Beziehungsgestaltung

Скачать книгу