Systemische Professionalität und Transaktionsanalyse. Bernd Schmid

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Systemische Professionalität und Transaktionsanalyse - Bernd Schmid

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oder rebellisch reagieren. Alle diese Strebungen mögen sich gleichzeitig oder abwechselnd im Erleben und Verhalten der Person zum Ausdruck bringen. Mit Hilfe der Strukturanalyse können diese Vorgänge studiert und daraufhin befragt werden, welche Ich-Zustände in welcher Weise beteiligt sind. Man kann dann für die Beteiligung der Teilpersönlichkeiten, ihre Beziehung untereinander und die integrierende Steuerung dieser Vorgänge Strategien entwerfen. Dies gelingt im Alltag meist durch natürliche Lernvorgänge oder bewusste Lernstrategien der Betroffenen. Manchmal ist professionelle Hilfe von außen zweckmäßig. Für das erwähnte Beispiel können verschiedene Ich-Zustände im Rollenspiel personifiziert werden. Auf diese Weise können frühere Lebenssituationen und der heutige Bezug zu ihnen, aber auch verschiedene aktuelle Strebungen in einer Person in Szene gesetzt werden. Solche Maßnahmen können hilfreich sein, eine »integrierte Persönlichkeit« zu entwickeln.

      Aus der Perspektive der Person gibt es eine Reihe weiterer TA-Konzepte, die nicht direkt mit strukturanalytischen Überlegungen einhergehen müssen. Beispielsweise gibt es Beschreibungen von gewohnheitsmäßigen Erlebens- und Verhaltensweisen (Rackets), die als gelernte Eigenarten der persönlichen Organisation eines Menschen angesehen werden. Daher studiert man, ob sich hier nicht bestimmte Denkmuster, Verhaltensmuster oder Gefühle beobachten lassen, die wiederholt – oft unbemerkt gewohnheitsmäßig – gelebt werden. Man tut dies, weil solche Muster aus der Sicht der Mitmenschen oft als nicht zur Situation passend, als nicht nachvollziehbar oder als unerfreulich erlebt werden.

      Für den volkstümlichen amerikanischen Ausdruck Racket gibt es verschiedene Übersetzungen, die etwas mit verschiedenen Definitionen dieses Begriffs zu tun haben. Ich greife je ein Verständnis von ENGLISH und BERNE heraus. Nach ENGLISH sind Rackets Ersatzgefühle. Hier wird ein gezeigtes Gefühl unter dem Gesichtspunkt studiert, ob es situativ passt oder ob es nicht gewohnheitsmäßig statt eines anderen, hier passenderen Gefühles aktiviert wird. Zum Beispiel könnte jemand in seiner Familie gelernt haben sich gewohnheitsmäßig depressiv zu fühlen, anstatt etwa Schmerz, Empörung oder vielleicht auch Tatendrang zu empfinden und zu zeigen. Wenn man unter diesem Gesichtspunkt auf Gefühle schaut, ergeben sich daraus Operationen, die daraufhin zielen, dem Klienten die Gefühle, die durch das Ersatzgefühl gewohnheitsmäßig ersetzt werden, wieder zur Situation passend zugänglich zu machen. Analog zu Ersatz-Gefühlen könnte man auch von Ersatz-Einstellungen oder Ersatz-Verhaltensweisen sprechen.

      In einer von BERNES Definitionen werden Rackets mit Erfahrungen gleichgesetzt, die angestrebt werden, um damit bevorzugte Lebenseinstellungen zu bestätigen, oder um damit Rechtfertigungen für bestimmte Einstellungen und Verhaltensweisen bereitzustellen. Zum Beispiel könnte ein Ehemann und Vater sich wiederholt Ausgrenzungserlebnisse in der Familie verschaffen und damit seine Idee, dass Männer ›einsame Wölfe‹ sind, bestätigen und um darüber hinaus berufliches Überengagement bei Verkümmerung der privaten Beziehungen zu rechtfertigen. Dementsprechend interessiert dann bei einer Racket-Analyse, welche Lebenseinstellungen durch welche Erlebens- und Verhaltensweisen bestätigt oder gerechtfertigt werden sollen und wie dies in der Person organisiert wird.

      Auch aus der Perspektive der Person kann der Selbstausdruck eines Menschen, sein Kommunikationsverhalten und seine Lebensgestaltung anhand von Transaktionen untersucht werden. Allerdings werden die äußeren Transaktionen hier genauso wie die inneren mit dem Wirklichkeitserleben und der inneren Organisation der Person in Beziehung gesetzt. Die äußere Welt wird lediglich als Bühne angesehen, auf der sich die innere Organisation zum Ausdruck bringt. Dies unterscheidet sich von der Betrachtung derselben Transaktionen aus der Perspektive von Beziehungen.

      Ein weiterer Bereich transaktionsanalytischer Konzeptbildung ist die Beziehungsgestaltung. Einzelne Situationen oder Lebensgestaltungen von Menschen werden aus dem Blickwinkel betrachtet, wie sie als Ausdruck von oder als Beiträge zu Beziehungen angesehen werden können. Weiter unten ist diesbezüglich von Begegnung die Rede, wenn konkrete Beziehungsinszenierungen von prinzipiell möglichen Beziehungsvarianten unterschieden werden.

      Die Arbeit von Transaktionsanalytikern schließt normalerweise die Gestaltung einer therapeutischen, beraterischen oder pädagogischen Beziehung ein. Schon deshalb ist die Gestaltung von Beziehungen mittels Transaktionen von besonderem Interesse.

      Für professionelle Zwecke wird die Kommunikation (inklusive der nonverbalen) zwischen den Beteiligten daraufhin analysiert, welche Botschaften durch die Transaktionen übermittelt werden, und wie sich diese Botschaften bzw. die Transaktionen aufeinander beziehen. Man geht hierbei davon aus, dass die in den Beziehungen entstehenden Wirklichkeiten durch Transaktionen hervorgerufen werden. Hierzu sucht man in den Transaktionen Belege für die Beiträge und Weichenstellungen der Beteiligten. Umgekehrt wird aus dieser Sichtweise die Idee abgeleitet, dass durch gezielte Situations- und Beziehungsgestaltung von Seiten des Transaktionsanalytikers hilfreiche Alternativen hervorgerufen werden können.

      Konkret wird z.B. studiert, welche Reaktionen ein Berater auf eine bestimmte Klientenäußerung zeigt, und ob er sich dieser Reaktion bewusst ist. Bemerkt er z.B. einen drohenden Unterton und seine verunsicherte Reaktion darauf? Dann wird nach Belegen für Ideen gefragt, die der Berater bezüglich des Erlebens und des Verhaltens des Klienten im Umgang mit Lebensfragen und Beziehungen entwickelt. Was lässt den Berater annehmen, dass der Klient voll uneingestandener Aggressionen steckt? Umgekehrt wird der Berater befragt, welche Vorstellungen er davon hat, was er in der Beratungsbeziehung tut, und ob er sich über die Botschaften, die in seinen spontanen Reaktionen wie auch seinen bewussten Aktionen zum Ausdruck kommen, im Klaren ist. Merkt der Berater, dass seine kühnen Deutungen der Abwehr eigener Verunsicherung dienen und vom Klienten als Verletzung erlebt werden? Darüber hinaus wird geprüft, ob die Aktionen in einzelnen Botschaften und Transaktionsketten die beabsichtigte Beziehungs- und Beratungsstrategie konkret verwirklichen. Führt die gegenwärtige Beratungskommunikation zum erklärten Ziel, dem Klienten zu mehr Offenheit und Vertrauen in Beziehungen zu verhelfen? Idealer Weise müssten sich Transaktionsanalytiker bei jeder einzelnen Transaktion Rechenschaft ablegen können, inwiefern darin qualifizierte professionelle Beziehungsgestaltung zum Ausdruck kommt.

      BERNE ging davon aus, dass sich die Menschen intuitive Urteile darüber bilden, welche Arten von Beziehungen mit dem Gegenüber möglich sein können. Diese Einschätzungen bilden sich oft in den ersten Sekunden des Kontakts, ohne dass die Beurteilenden sagen könnten, wie sie zu diesen Urteilen kommen. Meist sind sie sich auch nicht im Klaren darüber, welche Einschätzung des anderen sie vorgenommen haben. An ihren Transaktionen erkennt man jedoch, dass sie auf irgendeiner Einschätzung der Beziehungsmöglichkeiten mit dem anderen beruhen; sie handeln, »als ob« sie den Inhalt ihrer Einschätzung kennen würden.

      Ungeachtet der bewusst-gewollten Kommunikation zeigen innere oder äußere Reaktionen auf andere Menschen, dass man auf vielerlei kommunikative Auslöser reagiert. Diese hat man, ohne es zu wissen, in der einen oder anderen Weise bewertet. Wenn diese Reaktionen zu dem bewussten Inhalt der Kommunikation und der gewünschten Beziehungsgestaltung passen, findet dieser Vorgang keine weitere Beachtung. Er ist ein normaler Bestandteil der Beziehungssteuerung und hilft, sich schnell in komplexen Situationen zu orientieren. Er unterstützt Menschen auch darin, sich zu bevorzugten Beziehungen zusammenzufinden.

      Intuition kann sich einerseits auf die Beziehungsinhalte richten, also darauf, welches Zusammenspiel möglich

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