Kirchlicher Dienst in säkularer Gesellschaft. Группа авторов

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Kirchlicher Dienst in säkularer Gesellschaft - Группа авторов Schriftenreihe zum kirchlichen Arbeitsrecht

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zweite Stufe“ angerufen werden. Dieser erweiterte Vermittlungsausschuss hat durch Spruch nach § 18 Abs. 7 zu entscheiden, wobei der Spruch eine Regelung enthalten muss. Es handelt sich damit um eine einen Kommissionsbeschluss ersetzende Entscheidung. Auch hier haben beide Vorsitzende mit einer Stimme zu sprechen, wobei bei Nichteinigung das Losverfahren entscheidet, welcher der beiden Vorsitzenden das Stimmrecht ausübt. Sofern der Vorschlag die Mehrheit erhält, wird er zum Spruch des erweiterten Vermittlungsausschusses. Diese zweite Stufe wird deshalb auch „Verfahren zur ersetzenden Entscheidung“ genannt. Das bischöfliche Notverordnungsrecht entfällt.

      2. Veränderung des bisherigen Systems

      Mit der Novellierung wurde das bisherige System der Vermittlung grundlegend geändert. Bislang war die Vermittlung als Hilfestellung zur Konsensfindung gedacht; diese Funktion galt sowohl für die erste wie auch für eine in manchen KODA-Ordnungen vorgesehene zweite Stufe der Vermittlung in erweiterter Besetzung. Immer blieb die Kommission als solche aber Herrin des Geschehens.

      Mit der Übertragung einer Entscheidungskompetenz auf die zweite Stufe der Vermittlung hat die katholische Kirche das kirchliche System der Konsensfindung verlassen. Mit der Übertragung der Beschlusskompetenz letztlich auf einen unabhängigen Dritten genügt die Kirche staatlich-rechtlichen Vorgaben unter gleichzeitigem Verlassen kirchlicher Gegebenheiten, wird damit aber der Tatsache gerecht, dass Arbeitsbeziehungen vertragliche Beziehungen darstellen. Innerkirchlich ist, sofern ein Gremium zu keinem Ergebnis kommt, die Übertragung von Kompetenzen an eine höhere kirchliche Autorität üblich.

      VIII. Schlichtung im staatlichen Bereich

      1. Grundzüge der Schlichtung

      Im Bereich des Öffentlichen Dienstes, der als Vergleichspunkt für die Tätigkeit im kirchlichen Dienst herangezogen wird,33 sind Schlichtungsverfahren vertraglich festgelegt, haben eine klare Rechtsgrundlage. Im Öffentlichen Dienst gilt seit dem Arbeitskampf von 1974 auf Bundesebene für Lohn- und Tarifgehaltsvereinbarungen ein verbindliches Schlichtungsabkommen. Sofern Tarifverhandlungen scheitern, kann jede der beiden Seiten innerhalb von 24 Stunden eine Schlichtung verlangen, an der die Gegenseite teilnehmen muss. Die Schlichtungskommission hat zwei unparteiische Vorsitzende, die von den Tarifparteien jeweils auf zwei Jahre berufen werden und sich von Schlichtung zu Schlichtung im Vorsitz der Verhandlungen ablösen. Auch hier ist der jeweilige Vorsitzende stimmberechtigt. Wenn die Einigungsempfehlung vorliegt, muss darüber verhandelt werden. Wenn keine Einigung erzielt wird, gelten die Verhandlungen als gescheitert. Bis dahin gilt die Friedenspflicht, ein Arbeitskampf ist unzulässig. Der Streik bleibt aber als letztes Durchsetzungsmittel bestehen.

      2. Unterschied kirchlicher - staatlicher Bereich

      Damit scheint auf den ersten Blick die Entscheidungs-Stufe des Vermittlungsverfahrens im kirchlichen Bereich diesem System zu entsprechen. Es fehlt allerdings die Möglichkeit für beide Seiten, dieser Entscheidung zuzustimmen. Auch wenn nach § 18 Abs. 8 AKO die Kommission innerhalb eines Monats nach der Bekanntgabe den Spruch des Vermittlungsausschusses mit der Mehrheit ihrer Mitglieder durch einen eigenen Beschluss ersetzen kann und erst nach Ablauf dieser Frist der Spruch des erweiterten Vermittlungsausschusses nach § 21 in Kraft zu setzen ist, kann der Spruch nicht abgelehnt werden, sondern ist bindend. Im öffentlichen Bereich verbleibt die Möglichkeit des Streiks als Arbeitskampfmittel zur Durchsetzung der Arbeitnehmerinteressen, wenn die Urabstimmung keine Mehrheit für den Schlichtungsspruch ergibt. Die Arbeitnehmerseite ist der ersetzenden Entscheidung ausgesetzt, ohne dagegen vorgehen zu können. Auch die Arbeitgeberseite ist durch die Entscheidung gebunden, da es im System keine Kündigung von KODA-Regelungen gibt, so dass auch neue Beschäftigte nach dem geltenden Kirchentarif zu vergüten sind. Allerdings verbleiben der Arbeitgeberseite andere Mittel, um ihre Interessen durchzusetzen. Die Arbeitnehmerseite muss ab er das Ergebnis akzeptieren, ohne Veränderungen daran vornehmen zu können und ohne sich dagegen wehren zu können.

      IX. Zielrichtung des BAG und kirchliche Umsetzung

      Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass das BAG der Kirche eine sehr weitreichende Ausnahmeregelung im Gesamt des deutschen Arbeitsrechts übertragen hat, da im weltlichen Bereich Streik als legitimes Mittel zur Erreichung von Zielen bei der Arbeitsvertragsgestaltung anerkannt ist. Die Einschränkung der grundgesetzlich garantierten Koalitionsfreiheit zu Lasten des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts kann daher nur in sehr eingeschränkter Weise erfolgen; es ist eine ausgewogene Balance zwischen beiden Grundrechten herzustellen. Dies bedeutet, dass die vom BAG festgelegten Vorgaben in enger Weise ausgelegt werden müssen.

      Die Vorgabe des BAG, dass ein unabhängiger und neutraler Dritter die Schiedskommission leitet und mit seiner Stimme ein Ergebnis erzielt wird,34 darf deshalb nicht verändert werden. Die Verfahrensregelung in § 19 Abs. 3 AKO genügt dieser Vorgabe nicht. Es werden zwei Vorsitzende gewählt; die Wahl garantiert nicht die Neutralität eines Vorsitzenden, da nach Satz 4 der Fall eintreten kann, dass jede der beiden Seiten einen Vorsitzenden wählt. Dieser Vorsitzende hat nur die Stimmen der eigenen Seite, ist damit dieser Seite verpflichtet. Eine Neutralität ist damit nicht mehr gegeben. Verschärft wird dies noch dadurch, dass § 18 Abs. 7 Satz 5 AKO die Möglichkeit gibt, dass im Fall von Patt im Vermittlungsausschuss das Los entscheidet, welcher Vorsitzende mit seiner Stimme entscheidet. Damit ist es möglich, dass die Arbeitgeberseite das Vermittlungsverfahren nutzen kann, eigene Vorstellungen durchzusetzen, gleichzeitig aber der Arbeitnehmerseite „legitim“ das Streikrecht genommen wird. Damit wird das BAG-Urteil ad absurdum geführt. Selbst der Diözesanbischof ist nicht mehr n der Lage, einen solchen Beschluss zu canceln, da er nach § 21 Abs. 3 AKO lediglich Einspruch einlegen kann, wenn der Beschluss offensichtlich gegen kirchenrechtliche Normen oder gegen Vorgaben der katholischen Glaubens- und Sittenlehre verstößt.

      Ungeklärt ist auch, wie zu verfahren ist, wenn die Dienstgeberseite nicht zu einer Sitzung erscheint, um Verhandlungen von vornherein zu blockieren. Auch hier hat die Dienstgeberseite Vorteile, die dem BAG-Urteil widersprechen.

      X. Forderungen an einen BAG-konformen Vermittlungsausschuss

      Festzuhalten ist, dass das BAG zwei Forderungen an den Dritten Weg stellt.

      Zum einen muss es bereits innerhalb des Dritte-Weg-Verfahrens Mechanismen geben, mit denen der Mitarbeiterseite die Möglichkeit gegeben wird, ihre Interessen durchzusetzen. Das BAG fordert – unabhängig von der ersetzenden Entscheidung – bereits Instrumente, die geeignet sind, Verhandlungsblockaden zu lösen und die Kompromissbereitschaft der Gegenseite zu fördern. Darunter kann der Ältestenrat fallen und die bestehende erste Stufe des Vermittlungsausschusses, die auch vor der ersetzenden Entscheidung angerufen werden müssen. Diese spezifisch kirchlichen Instrumente sind als ein Teil dieser Vorgabe zu werten. Zu klären ist aber auch, inwieweit der Mitarbeiterseite ordnungspolitisch Informationen zugänglich gemacht werden müssen, auf deren Basis ökonomische und strategische Entscheidungen gefällt werden können. Bislang steht der Mitarbeiterseite keine solche Möglichkeit zu. Die Arbeitgeberseite darf durch Nichterscheinen zu Sitzungen nicht in die Lage versetzt werden, Verhandlungen hinaus zu zögern. Hier ist auch das Problem anzusiedeln, dass die AK des DCV nicht nur eine arbeitsrechtliche Kommission ist, sondern unterhalb der Bundeskommission sechs weitere Regionalkommissionen – ggf. noch Unterkommissionen – angesiedelt sind, für die die gleichen Gesetzmäßigkeiten Geltung haben wie für die Bundeskommission, die aber auf Mitarbeiterseite im Regelfall naturgemäß schwächer aufgestellt sind und einer starken Dienstgeberseite gegenüber stehen.

      Zum zweiten bedarf der Vermittlungsausschuss eines neutralen Vorsitzenden, wobei diesem aber die strukturelle Unterlegenheit der Mitarbeiterseite und die Reichweite des Streikverbots bewusst sein muss. Sofern es durch die Kommission nicht möglich ist, sich auf einen neutralen Vorsitzenden zu einigen,

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