Kirchlicher Dienst in säkularer Gesellschaft. Группа авторов

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Kirchlicher Dienst in säkularer Gesellschaft - Группа авторов Schriftenreihe zum kirchlichen Arbeitsrecht

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„streikfreien“ Dritten Weg besteht noch darin, dass die Arbeitnehmerseite in der Lage sein muss, ihre Forderungen auch ohne Streik durchsetzen zu können. Nach dem BAG kommt hier der Schlichtung eine besondere Bedeutung zu. Diese besondere Bedeutung hat damit Auswirkungen auf die Vorgaben an den Vermittlungsausschuss. Das BAG hat solche Vorgaben aufgestellt; die Umsetzung dieser Vorgaben in die Ordnungen des Dritten Weges erfolgt durch kircheneigenes Recht.27 Die staatlichen Gerichte können, wenn sich Streit über die Zulässigkeit eines Streiks im kirchlichen Bereich ergibt, feststellen, ob die kirchliche Umsetzung der staatlichen Vorgaben in einer Weise gelungen ist, dass eine Streikfreiheit gegeben ist.

      Die BAG-Vorgaben im Einzelnen:

      „Kommt es zu keiner Einigung, kann jede Seite eine ebenfalls paritätisch besetzte Schiedsstelle (Schlichtungskommission) mit der streitigen Angelegenheit befassen. Dieser sitzt ein neutraler Dritter vor.“28 Damit ist es erforderlich, dass jede der beiden Seiten den Vermittlungsausschuss anrufen kann. „Ein fairer und angemessener Ausgleich widerstreitender Arbeitsvertragsinteressen im Wege kollektiver Verhandlungen verlangt nach annähernd gleicher Verhandlungsstärke und Durchsetzungskraft …“29 Eine annähernd gleiche Verhandlungsstärke und Durchsetzungskraft ist in den arbeitsrechtlichen Kommissionen aufgrund der Abhängigkeit der Arbeitnehmervertreter von ihren kirchlichen Arbeitgebern aber nicht gegeben. Der Regelfall besteht in einer Teilfreistellung; eine 100%-ige Freistellung ist nur in Ausnahmefällen, z. B. beim Vorsitzenden oder Mitgliedern der Sprechergruppe, gegeben. Die alle vier Jahre erforderliche Wahl bewirkt einen weiteren Unsicherheitsfaktor für die Arbeitnehmervertreter. Die gewählten Vertreter haben im Regelfall keine juristischen Kenntnisse, sondern kommen aus allen Berufssparten, angefangen vom Hausmeister über Küchenhilfe und Erzieherin hin zu Lehrkräften, pastoralen Mitarbeitern und – in seltenen Fällen – Juristen. Die Dienstgeberseite ist dagegen mit Geschäftsführern, Juristen, Personalreferenten etc. besetzt.

      „Ein Regelungsmodell, das den Arbeitskampf ausschließt, muss diese Funktionsbedingung eines angemessenen und sachlich richtigen Interessensausgleichs durch entsprechende Verfahrensgestaltung gewährleisten. Dazu muss es darauf angelegt sein, die strukturelle Verhandlungsschwäche der Dienstnehmer auszugleichen. Paritätische Besetzungsregeln genügen hierfür allein nicht. Vielmehr bedarf es weiterer Instrumente, die geeignet sind, Verhandlungsblockaden zu lösen und die Kompromissbereitschaft der Gegenseite zu fördern.“30

      Mit diesen Vorgaben wird die strukturelle Verhandlungsschwäche der Dienstnehmerseite anerkannt. Es geht nicht um zahlenmäßige Parität, sondern um Augenhöhe. Gleichzeitig wird gefordert, dass Instrumente ordnungspolitisch zur Verfügung gestellt werden, die eine erhöhte Kompromissbereitschaft zur Folge haben. Es geht immer um einen Ausgleich für die fehlende Streikmöglichkeit, so dass hohe Anforderungen gelten müssen. Zu beachten ist, dass diese Forderungen ordnungspolitisch bereits vor Anrufung des Vermittlungsausschusses den Arbeitnehmervertretern zur Verfügung stehen sollen. Das Verhandlungssystem als solches hat bereits die schwächere Position der Arbeitnehmervertreter auszugleichen. Hier sind in der AK-Ordnung noch Regelungen zu finden.

      „Kommt es in den Arbeitsrechtlichen Kommissionen nicht zu einer Einigung, werden die gescheiterten Verhandlungen paritätisch besetzten Schiedskommissionen übertragen, die ein unabhängiger und neutraler Dritter leitet und mit seiner Stimme zu einem Ergebnis führt.“31

      Erst wenn keine Einigung in der Kommission – trotz besonderer Möglichkeiten für die Dienstnehmerseite – erfolgt, muss eine paritätisch besetzte Schiedskommission zur Verfügung stehen. Eindeutig wird festgelegt, dass ein unabhängiger und neutraler Dritter mit seiner Stimme ein für alle geltendes Ergebnis erzielen kann. Da keine Streikmöglichkeit besteht und keine Ablehnung der Schlichtungsentscheidung vorgesehen ist, ist auf die Neutralität und Unabhängigkeit des Vorsitzenden in verstärktem Maße zu achten. Jeder Verstoß dagegen führt zu einem Verstoß gegen die zwingende BAG-Vorgabe, so dass die Streikfreiheit gefährdet ist.

      „Ein solches Schlichtungsverfahren kann dem Grunde nach zur Herstellung eines Verhandlungsgleichgewichts geeignet sein, wenn die mit dessen Entscheidungsstrukturen verbundenen Unwägbarkeiten sowie die Verlagerung der Konfliktlösung auf eine andere Verhandlungsebene schon in den Arbeitsrechtlichen Kommissionen die Bereitschaft zum Kompromiss fördert und so ein „kollektives Betteln“ der Dienstnehmerseite ausschließt. Das setzt aber voraus, dass die Anrufung der Schiedskommission und die Überleitung des Verfahrens in dieses Gremium der Dienstnehmerseite uneingeschränkt offen steht und im Falle der Nichteinigung beider Seiten die Unabhängigkeit und Neutralität des Vorsitzenden der Schlichtungskommission nicht in Frage steht und auch durch das Bestellungsverfahren gewährleistet wird.“32

      Mit dieser Regelung finden sich einige unverrückbare Vorgaben, die erfüllt sein müssen, wenn die AKO dem BAG-Urteil entsprechen soll. Diese Vorgaben beinhalten aber vor allem einen Schutz für die Arbeitnehmer, da deren Arbeitskampfmaßnahmen eingeschränkt sind:

      • die Anrufung des Schlichtungsverfahrens muss für die Arbeitgeberseite unwägbare Konsequenzen haben, so dass deren Verhandlungsbereitschaft erhöht wird

      • die Dienstnehmerseite hat aber auch nicht die Möglichkeit, ihre Forderungen eins zu eins durchzusetzen

      • uneingeschränkte Anrufung beinhaltet auch, dass die Arbeitgeberseite durch Nichterscheinen zur Sitzung der Kommission, in der über die Anrufung entschieden wird, die Anrufung der Schlichtung nicht verhindern kann; die alleinige Anrufung der Schlichtung durch die Dienstnehmerseite bei fehlender Verhandlungsbereitschaft der Dienstgeberseite muss gegeben sein; dies gilt auch für das Nichterscheinen von Arbeitgebermitgliedern in der Schlichtungskommission

      • die Neutralität des Vorsitzenden der Schlichtung muss feststehen; ein arbeitgeber- oder arbeitnehmerseitig gewählter Vorsitzender erfüllt diese Voraussetzung nicht

      • das Bestellungsverfahren für diesen Vorsitzenden ist so zu regeln, dass die Neutralität und Unabhängigkeit gewahrt ist

      VII. AK-Vermittlungsverfahren in Umsetzung des BAG-Urteils vom 20.11.2012

      1. Novellierung der AK-Ordnung

      Im Anschluss an die BAG-Urteile erfolgte zuerst in der KODA-Rahmenordnung eine Umsetzung dieser Vorgaben, in unterschiedlichen Zeitabständen in den einzelnen Bistums- und Regional-KODA-Ordnungen und in der AKO.

      Die von der 15. Delegiertenversammlung des DCV am 14.10.2015 neugefasste AKO zum 1.1.2016 sieht in § 17 weiterhin einen Ältestenrat vor, der angerufen werden kann, wenn ein Antrag nicht die Mehrheit von Dreiviertel der Mitglieder der Kommission erhalten hat, aber 50 % der Mitglieder zustimmen.

      Bei der Wahl des Vorsitzenden des Vermittlungsausschusses gemäß § 19 Abs. 3 AKO kann es zu drei Wahlgängen kommen. Wenn in diesen drei Wahlgängen kein Vorsitzender gewählt wird, wählen beide Seiten – Dienstgeber und Dienstnehmer – getrennt je eine/n Vorsitzende/n mit mindestens der Mehrheit ihrer Stimmen. Auf Antrag eines Mitglieds des erweiterten Vermittlungsausschusses einschließlich der Vorsitzenden kann durch Losverfahren bestimmt werden, welcher/welche der beiden Vorsitzenden bei der Abstimmung über den Vorschlag das Stimmrecht ausübt, sofern die Vorsitzenden im Vermittlungsverfahren zweiter Stufe feststellen, dass sie sich nicht einigen können.

      In § 18 wird das Vermittlungsverfahren festgelegt, das anstelle eines Verfahrens nach § 17 oder nach einem Verfahren nach § 17 angerufen werden kann als „Vermittlungsverfahren erste Stufe“. Die beiden Vorsitzenden des Vermittlungsausschusses haben gemäß § 18 Abs. 3 eine einzige Stimme. Wenn der Vermittlungsvorschlag von der Kommission nicht angenommen wird, bleibt es nach § 18 Abs. 4 bei der bestehenden Rechtslage. Bei diesem Konfliktlösungsversuch kommt die bisherige kirchliche konsensuale Sichtweise zum Tragen.

      Es

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