Das Arbeitsrecht ökumenischer Einrichtungen, Unternehmen und Konzerne. Regina Mathy
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Mit Blick auf die zahlreichen Fortschritte der Vergangenheit einerseits und die momentan vermeintliche Stagnation andererseits wird oftmals eingewandt, dass die Lehre aus bestimmten Aspekten ein Problem mache, wo Gläubige gar keins sehen. Die eigentliche Frage, die sich heute mehr denn je zu stellen scheint, ist diejenige, welches Ziel Ökumene eigentlich hat. Meint Ökumene „Rückkehr“ oder steht sie für „Vereinigung und Verschmelzung“? Oder soll Einheit in der Ökumene den kleinsten gemeinsamen Nenner abbilden? Es gibt nach wie vor keine einheitliche Vorstellung davon, was von Einheit erwartet wird und wie diese aussehen soll.131 In der Ökumenischen Bewegung bestand von vornherein weitgehende Einigkeit darüber, dass Einheit nicht mit Uniformität gleichzusetzen sei.132
Insbesondere die evangelisch-lutherische Seite prägte das Konzept der Einheit in versöhnter Vielfalt.133 Konfessionen sollen nach diesem Verständnis nicht ihre Bedeutung verlieren. Dabei sei jedoch eine Verständigung über das Bekenntnis erforderlich, die eine gemeinsame Feier der Sakramente und die gegenseitige Anerkennung ordinierter Dienste voraussetze. Aufgrund der Versöhnung werden sich alle momentan bestehenden Konfessionen wandeln, ohne dabei jedoch ihre Identität zu verlieren.134 Äußerungen von Papst Franziskus lassen sich dahingehend verstehen, dass er sich ebenfalls für dieses Modell ausspricht.135
Aus der vorangehenden Darstellung wird deutlich: Es gibt keine einheitliche Antwort auf die Frage, was das ökumenische Ziel ist. Im Prozess der Einheitsbildung geht es nicht nur um das Sammeln von Informationen über die jeweils andere Konfession, um sie besser kennenzulernen, sondern auch darum, sich gegenseitig zu bereichern und voneinander zu lernen („Ökumene der Gaben“136).137 In der heutigen Ökumenischen Bewegung steht ein stetiger Austausch im Vordergrund (Dialogökumene).138
IV. Zwischenergebnis
Seit Ende des 19. Jahrhunderts haben sich Christen einander deutlich angenähert. Spätestens mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil bekennt sich auch die katholische Kirche zur Ökumene. In den letzten Jahrzehnten ist jedoch nach einer langen Phase deutlicher Annäherung eine Stagnation erkennbar.
B. Ökumenische Einrichtungen
Insbesondere kleinere kirchliche Einrichtungen stehen sowohl aus kircheninternen Gründen als auch aufgrund externer Faktoren vor großen Schwierigkeiten, sodass strukturelle Veränderungen notwendig werden. In jüngerer Zeit ist zu beobachten, dass sich Einrichtungen, die bisher in der Trägerschaft der verfassten Kirche oder von Orden standen, verselbstständigen.139 Eigens zu diesem Zweck wurden Trägerorganisationen gegründet, wie beispielsweise die Caritasträgergesellschaft Trier e.V. (ctt), die Malteserwerke e.V. oder die Deutsch-Ordens-Hospitalwerk GmbH. Die Bildung größerer Einheiten ist auf dem Markt der freien Wohlfahrtspflege ein probates Mittel, um die Konkurrenzfähigkeit zu steigern.
Eine enge Zusammenarbeit von Einrichtungen kann zur Nutzung von Synergieeffekten führen.140 Sowohl die katholische Kirche141 als auch die evangelischen Kirchen sprechen sich grundsätzlich für Kooperationen im sozialen Bereich aus. So plädiert auch die ACK explizit für eine Bündelung der Kräfte im Bereich der sozialen Dienste und Einrichtungen.142 In der Umsetzung bestehen – so Fischer – von Seiten der kirchlichen Träger hinsichtlich einer Zusammenarbeit jedoch Bedenken: „Auf der Suche nach Kooperationspartnern wird das vorhandene Konkurrenzdenken zwischen den kirchlichen Trägern diese Suche sicherlich erschweren. Es müssen noch so manche Rivalitäten und Eifersüchteleien innerhalb kirchlicher Träger zugunsten eines gemeinsamen Ziels überwunden werden.“143 Die katholische Kirche lehnt mit Verweis auf die Divergenzen im Glaubensverständnis die Gründung eines gemeinsamen ökumenischen Rechtsträgers ab. Vorzugswürdig sei eine verbindlich geregelte Kooperation der beteiligten Träger in Form einer Arbeitsgemeinschaft.144 Diese Probleme konnten in der Praxis bereits vielfach überwunden werden. Kooperationen und Fusionen im kirchlichen Bereich haben in den letzten Jahren stark zugenommen.145
I. Ökumenische Trägerschaft – eine Begriffsbestimmung
Der Begriff „ökumenische Einrichtung“ bezeichnet vorliegend von katholischer Kirche und den evangelischen Kirchen gemeinsam getragene Einrichtungen, d.h. in „ökumenischer Rechtsträgerschaft“.146 Dabei wird der Begriff „Kirche“ weit verstanden und bezieht sich sowohl auf die verfassten Kirchen als auch auf Einrichtungen außerhalb der verfassten Kirchen, die regelmäßig von den Wohlfahrtsorganisationen getragen werden.147 „Verfasste Kirche“ umfasst Kirchengemeinden, Gemeindeverbände und Diözesen bzw. Landeskirchen. Außerhalb der verfassten Kirche bestehen caritative bzw. diakonische Verbände, Vereinigungen und Einrichtungen. Für die katholische Kirche sind das in erster Linie die Mitglieder des Deutschen Caritasverbands (DCV), dem als Dachverband die 27 Diözesan-Caritasverbände und anerkannte zentrale Fachverbände angehören. Wohlfahrtsverband der evangelischen Kirchen ist die Diakonie Deutschland – Evangelischer Bundesverband148. Ihr gehören 19 rechtlich selbstständige Diakonische Werke (DW) an.
Ökumenische Trägerschaft meint die Zusammenarbeit christlicher Kirchen zur Betreibung einer ökumenischen Einrichtung. Trägerschaft steht dabei für die für die jeweilige Einrichtung (rechtlich) verantwortliche(n) Institution(en). Eine ökumenische Trägerschaft kann verschieden ausgestaltet werden. Erfolgt eine Zusammenarbeit von Angehörigen bzw. Vereinigungen bekenntnisverschiedener Kirchen auf Grundlage einer Vereinbarung, ohne dass dabei ein gemeinsamer Rechtsträger zugrunde liegt und bleiben die Beteiligten in der Zusammenarbeit eigenständig, kann von ökumenischer Trägerschaft im weiteren Sinne gesprochen werden.149 Kennzeichen ist ein gemeinsamer Betrieb der Einrichtung durch mehrere Rechtsträger.150 Die Arbeitnehmer stehen in arbeitsvertraglicher Beziehung zum jeweiligen Rechtsträger, werden jedoch gemeinsam in einer Einrichtung tätig.
Erfolgt die Zusammenarbeit im Rahmen einer ökumenischen (eigenständigen) Rechtsträgerschaft151, kann von ökumenischer Rechtsträgerschaft (ökumenische Trägerschaft im engeren Sinne) gesprochen werden.152 Arbeitsverhältnisse bestehen einheitlich zwischen den Arbeitnehmern und dem ökumenischen Rechtsträger.
Teilweise werden auch die Begriffe „gemischt-konfessionelle Trägerschaft“153 oder „interkonfessionelle Trägerschaft“154 verwandt. Da es vorliegend aufgrund der arbeitsrechtlichen Besonderheiten jedoch gerade auf die Zusammenarbeit der katholischen Kirche und der evangelischen Kirchen ankommt, ist der Begriff „ökumenische (Rechts)-trägerschaft“ präziser und wird daher im Folgenden zugrunde gelegt.
II. Formen von Kooperationen
Je nach Verbindlichkeit der Zusammenarbeit und der rechtlichen Umsetzung sind verschiedene Formen der Kooperation zu unterscheiden.155 Aufgrund der Gestaltungsfreiheit von Unternehmen sind Abgrenzungen zwischen Kooperationsformen nicht immer trennscharf möglich. Ein erster Anknüpfungspunkt kann dabei die Intensität der Zusammenarbeit sein. Hiermit hängt oftmals der Formalisierungsgrad zusammen, d.h. deren rechtliche Grundlage.
1. Kooperationsvertrag
Unter einer Kooperation versteht man die „Zusammenarbeit verschiedener selbstständiger Rechtsträger […], die sich lediglich auf einzelne Unternehmensaktivitäten bezieht und die jeweilige rechtliche Eigenständigkeit unberührt lässt“156. Kooperationen können in Form von unverbindlichen Absprachen erfolgen oder aufgrund einer verbindlichen vertraglichen Verpflichtung.157 Die Zusammenarbeit kann dabei auch rein projektbezogen erfolgen.158 Im Falle eines Kooperationsvertrags liegt ein Dauerschuldverhältnis sui generis vor.159
Entscheidend ist, dass die Eigenständigkeit