Das Arbeitsrecht ökumenischer Einrichtungen, Unternehmen und Konzerne. Regina Mathy
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Die gemeinnützige Christophorus Gesellschaft, diakonisch-caritative Hilfen für die Region Würzburg mbH wurde am 17. April 2000 gegründet. Sie ging hervor aus mehreren Einrichtungen, die auf Grundlage einer Zusammenarbeit von Caritas, Diakonie, Stadt Würzburg und Landkreis agierten. Basis dieser Kooperationen war eine als GbR organisierte Arbeitsgemeinschaft. Die GbR fungierte nicht als (ökumenischer) Anstellungsträger, sondern lediglich als gemeinsamer Betrieb. Es erfolgte ein Betriebsübergang der vormals bestehenden Einrichtungen auf die Christophorus gGmbH. An der Christophorus gGmbH sind zu 51% die katholische Kirche (41% der DiCV, 10% eine kirchliche Stiftung) sowie zu 49% das DW beteiligt. Es gelten die AVR-Diakonie Bayern einheitlich für alle Mitarbeiter. Die Entscheidung für das evangelische kirchliche Arbeitsrecht hängt mit der vorherigen Struktur der Einrichtungen zusammen, in denen mehrheitlich die evangelischen Loyalitätspflichten sowie die AVR-Diakonie Bayern galten. Es besteht zudem eine Mitarbeitervertretung, welche nach MVG-EKD gebildet wurde.205 Die Gesellschafterversammlung setzt sich aus Vertretern des DW Würzburg, Vertretern des DiCV Würzburg sowie einem Vertreter für die Kirchenstiftung St. Johannes in Stift Haug zusammen. Zudem besteht ein Beirat, der den Geschäftsführer und die Gesellschafter in finanziellen und konzeptionellen Fragen berät. Die Christophorus gGmbH ist außerordentliches Mitglied im DW Bayern sowie assoziiertes korporatives Mitglied beim DiCV.
In unseren Nachbarländern können ökumenische Rechtsträgerschaften teilweise auf eine längere Tradition zurückblicken; so beispielsweise in der Schweiz, wo insbesondere zahlreiche Alters- und Pflegeheime in ökumenischer Rechtsträgerschaft, mit gleichberechtigter Beteiligung mehrere Kirchengemeinden, zu finden sind.206
Im Folgenden werden die in Frage kommenden Rechtsformen hinsichtlich ihrer Vor- und Nachteile überblicksartig beleuchtet207:
b) Rechtsformen des Privatrechts
Auch für Religionsgemeinschaften gilt der numerus clausus der staatlichen Gesellschaftsformen. Die Rechtsformen haben jede für sich Vor- und Nachteile. Eine pauschalierte Empfehlung für sämtliche ökumenische Einrichtungen kann es nicht geben – vielmehr bedarf es einer Einzelfallentscheidung, die insbesondere auch den Zweck der jeweiligen Einrichtung berücksichtigt. In der Praxis sind der rechtsfähige Verein, die GmbH und die Stiftung von besonderer Relevanz. Dem nicht rechtsfähigen Verein sowie der Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Rechtsformen caritativer und diakonischer Trägerschaften kommt eine geringere Bedeutung zu.208 Möglich ist auch eine Rechtsträgerschaft durch eine Aktiengesellschaft (AG)209 sowie eine eingetragene Genossenschaft (e.G.), diese sind jedoch aufgrund des hohen Gründungs- und Organisationsaufwands wenig empfehlenswert und spielen daher in der weiteren Betrachtung keine Rolle.
(i) Rechtsfähiger Verein
Die Einrichtung kann von einem rechtsfähigen Verein (eingetragenen Verein, e.V.) i.S.d. §§ 21 ff. BGB getragen werden. Unter einem Verein versteht man einen „(…) auf Dauer angelegten Zusammenschluss von natürlichen oder juristischen Personen zur Verwirklichung eines gemeinsamen Zwecks mit körperschaftlicher Verfassung“.210 Für die Gründung braucht es mindestens sieben Mitglieder, die natürliche Personen sein müssen. Als juristische Person ist der Verein grundsätzlich vom Ein- und Austritt seiner Mitglieder unabhängig211, solange die Mitgliederzahl nicht unter drei sinkt (vgl. § 73 BGB).
Differenziert wird zwischen nicht wirtschaftlichen Vereinen (Idealvereinen, § 21 BGB) und wirtschaftlichen Vereinen (§ 22 BGB). Der Idealverein ist nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet und erlangt Rechtsfähigkeit durch Eintragung ins Vereinsregister.212 Eine solche ideelle Zwecksetzung wird regelmäßig auch bei einer ökumenischen Einrichtung vorliegen, weshalb der wirtschaftliche Verein im Folgenden nicht näher betrachtet wird. Die Gründung eines eingetragenen (Ideal-)Vereins ist sowohl in finanzieller als auch administrativer Hinsicht vergleichsweise einfach und wird daher als Rechtsform im kirchlichen Bereich häufig gewählt.213 Konstitutives Element des Vereins sind dessen Mitglieder, die ihren Vereinsbeitrag in Form von Geld- oder Sachleistungen sowie in Form von Dienstleistungen erbringen können.214 Erforderlich ist zudem die Bildung der vorgesehenen Organe Vorstand (§ 26 BGB) und Mitgliederversammlung (§ 32 BGB). Die Mitgliederversammlung entscheidet über Satzungsänderungen, die Besetzung des Vorstandsorgans und grundlegende vereinspolitische Fragen (§ 32 BGB). Der Vorstand führt die laufenden Geschäfte (§ 27 BGB) und vertritt den Verein nach außen (§ 26 BGB).
Vorteil des Vereins ist die relative Freiheit in der Ausgestaltung der Organisation (vgl. § 40 BGB). Grundlage sind die Vorschriften des BGB sowie die Satzung, die von gesetzlichen Vorgaben, sofern diese nicht zwingend sind, abweichen kann. Im Rahmen der Satzungsautonomie können neben Vorstand und Mitgliederversammlung weitere Organe geschaffen werden, wie beispielsweise ein Beirat, ein Ausschuss oder ein Kuratorium. Hierdurch können dem Vorstand fachkundige Personen zur Seite gestellt werden, es kann eine effizientere wirtschaftliche Überwachung des Vorstands erfolgen oder etwa eine engere Anbindung an die kirchliche Organisation sichergestellt werden.215
Aus dem verfassungsrechtlich garantierten Selbstbestimmungsrecht der Kirchen folgt die Befugnis, die Vereinsautonomie weitgehend einzuschränken216, um eine religiöse Einflussnahme zu sichern („religiöser Verein“).217 Allerdings unterstehen auch religiöse Vereine der staatlichen Gründungskontrolle.218 In der Satzung vorgesehene Beschränkungen der Vereinsautonomie (z.B. durch Genehmigungsvorbehalte oder Besetzungsrechte des Bischofs für den Vorstand oder sonstige Ämter) sind in der Regel möglich.219 Die Satzung kann auch vorsehen, dass kirchliche Funktionsträger „geborene“ Vereinsmitglieder sind.220 Der Verein muss jedoch auch weiterhin der Willensbildung der Mitglieder unterliegen und darf nicht weitgehend Fremdeinfluss ausgesetzt sein. In die laufende Geschäftsführung kann daher nicht durch die verfasste Kirche eingegriffen werden.221 Es ist möglich, dass der Vorstand abweichend von § 26 BGB von einem Dritten, beispielsweise dem Bischof, bestellt oder durch ein Kuratorium gewählt wird.222
An die Mitgliedschaft können auch bestimmte Voraussetzungen geknüpft werden, so beispielsweise das natürliche Personen einer bestimmten Konfession angehören oder juristische Personen ebenfalls einen kirchlich-caritativen oder diakonischen Zweck verfolgen müssen.223 Zudem können Arten von Mitgliedschaften unterschieden werden: Fördernde oder assoziierte Mitglieder leisten beispielsweise einen regelmäßigen monetären Beitrag, ohne dabei sämtliche „aktive“ Mitgliedschaftsrechte zu besitzen.
Der Verein haftet für seine Vertreter gemäß § 31 BGB mit dem Vereinsvermögen (Organhaftung).224 Eine Haftungsbeschränkung ist nicht möglich. Die Vereinsmitglieder trifft jedoch keine Nachschusspflicht und eine Durchgriffshaftung erfolgt im Regelfall nicht. Der Vorstand haftet für Verschulden nicht im Außenverhältnis Dritten gegenüber, jedoch prinzipiell im Innenverhältnis dem Verein gegenüber mit seinem persönlichen Vermögen. Die Haftung ehrenamtlich tätiger Vorstände ist durch § 31a BGB225 dem Verein gegenüber auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt.
Im Fall einer ökumenischen Einrichtung könnten natürliche und juristische Personen beider Konfessionen Vereinsmitglieder sein. In Betracht kommen beispielsweise eine katholische und eine evangelische Kirchengemeinde sowie Kirchenvertreter oder Gläubige als Gründungsmitglieder. Der Vorstand könnte paritätisch von Vertretern der katholischen Kirche und den evangelischen Kirchen besetzt werden. Hierfür können ehrenamtlich tätige Gläubige oder hauptamtliche Mitarbeiter der Gemeinde bzw. die Priester in Betracht kommen.
(ii) Nichtrechtsfähiger