Das Arbeitsrecht ökumenischer Einrichtungen, Unternehmen und Konzerne. Regina Mathy
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(ii) Trägerschaft durch die evangelische Kirche
Ähnlich der katholischen Kirche untergliedert sich auch die EKD.281 Die evangelische Kirchengemeinde, die aus den Mitgliedern der Landeskirche gebildet wird, die in der jeweiligen Gemeinde ihren Wohnsitz haben, kann als Träger fungieren. Auf mittlerer Ebene besteht in der evangelischen Kirche der Kirchenkreis (Kirchenbezirk). Ebenso kann eine Landeskirche die Trägerschaft für eine Einrichtung übernehmen. In der Praxis ist dies eher weniger verbreitet.282
Praktisch wohl am häufigsten erfolgt eine Trägerschaft durch DW. Auch im evangelischen Bereich sind evangelische Schwesterngemeinschaften und andere klosterähnliche Verbünde als mögliche Träger zu benennen. Hierbei handelt es sich um rechtlich eigenständige „geistliche Körperschaften“, die gleichzeitig K.ö.R. darstellen. Rechtsfähige kirchliche Vereine sind auch nach evangelischem Recht denkbar. Im Gegensatz zum kanonischen Recht kennt das evangelische Kirchenrecht kein derartiges eigenes „Vereinsrecht“.283 Es erfolgt ein Rückgriff auf die Rechtsformen des Privatrechts. (Kirchliche) Stiftungen sind im evangelischen Bereich weniger verbreitet als in der katholischen Kirche. Hier fehlte es lange Zeit an mit den im CIC der katholischen Kirche vergleichbaren Regelungen.284 Mittlerweile finden sich Regelungen im (evangelischen) Kirchengesetz zur Zuordnung rechtlich selbständiger Einrichtungen zur Kirche (Zuordnungsgesetz EKD).285 Generell wird die Rechtsform des (eingetragenen) Vereins im Bereich der evangelischen Kirche bevorzugt.286
e) Stellungnahme
Eine klare Empfehlung für die Rechtsformwahl kann nicht gegeben werden, vielmehr kommt es auf die Zwecksetzung der jeweiligen Einrichtung sowie den Tätigkeitsbereich an. Zudem bieten die Rechtsformen zahlreiche Ausgestaltungsmöglichkeiten für den Einzelfall – wie beispielsweise die Schaffung weiterer Organe oder spezifische Kontrollvorgaben in der Satzung bzw. dem Gesellschaftsvertrag.
Tendenziell ist wohl die GmbH vorzugswürdig für ökumenische Einrichtungen. Hierdurch werden klare Entscheidungsstrukturen geschaffen. Ehrenamtlich Tätige bzw. Gemeindepfarrer werden entlastet und auf eine reine Kontrolle des regelmäßig hauptamtlich tätigen Geschäftsführers beschränkt.287 Der Gesellschaftsvertrag bietet die Möglichkeit, Zustimmungsvorbehalte der Gesellschafterversammlung vorzusehen und es kann ein Aufsichtsrat als zusätzliches Organ geschaffen werden. Beim Verein kommt der Mitgliederversammlung im Gegensatz zur GmbH eine weitreichende Entscheidungskompetenz zu. Belässt man es bei dieser gesetzlichen Vorgabe ohne entsprechende Anpassung der Satzung, führt dies zu langwierigen Entscheidungsprozessen. Aufgrund einer entsprechenden Abänderung der Satzung könnten Entscheidungen weitgehend auf den (hauptamtlich tätigen) Vorstand übertragen werden. Die Stiftung sichert eine enge Bindung an den Stiftungszweck und die Verpflichtung zum Erhalt des Stiftungsvermögens. Die ökumenische Zwecksetzung kann hierdurch fest verankert werden, andererseits werden die Ausgestaltungsmöglichkeiten beschränkt. Das Haftungsrisiko für ehrenamtlich tätige Vorstände und Gesellschafter wurde durch das Gesetz zur Stärkung des Ehrenamtes weitgehend begrenzt. Insoweit unterscheiden sich die Rechtsformen, sofern die entsprechenden Voraussetzungen der Haftungsprivilegierung vorliegen, dahingehend kaum.
2. Gemeinsamer Betrieb mehrerer Rechtsträger
Als Grundlage einer ökumenischen Zusammenarbeit kommt auch der gemeinsame Betrieb mehrerer Rechtsträger in Betracht. Prominentes Beispiel aus der Praxis für einen gemeinsamen Betrieb einer ökumenischen Einrichtung sind 59 von 103 Bahnhofsmissionen in Deutschland.288 Diese stehen in Doppelträgerschaft von katholischer Seite, d.h. einem Träger aus dem Bereich der Caritas, In Via oder der katholischen Kirche sowie einem weiteren Träger von evangelischer Seite, d.h. einem Träger aus dem Bereich der Diakonie oder einer evangelischen Kirchengemeinde. In den örtlichen Bahnhofsmissionen arbeiten Teams von Mitarbeitern beider Träger zusammen, die dem Arbeitsrecht des jeweiligen Anstellungsträger unterfallen.
Auch die Zusammenarbeit im Ökumenischen Bildungszentrum Santaclara in Mannheim erfolgt in Form eines gemeinsamen Betriebs.289 Dienstverhältnisse der in der Erwachsenenbildung tätigen Mitarbeiter bestehen jeweils zu den beiden an der Einrichtung beteiligten Kirchen, d.h. auf katholischer Seite zur Erzdiözese Freiburg und auf evangelischer Seite zum Stadtdekanat Mannheim bzw. der Landeskirche Baden. Santaclara ist kein eigenständiger Anstellungsträger. Dementsprechend gilt für die der katholischen Kirche zugeordneten Mitarbeiter die GrO, für die der evangelischen Kirche zugeordneten Mitarbeiter die LoyalitätsRL-EKD. Die zuständige Mitarbeitervertretung ist auf katholischer Seite die des Bildungswerkes der Erzdiözese Freiburg, auf evangelischer Seite die des Stadtdekanats. Die Zusammenarbeit erfolgt auf Basis eines Kooperationsvertrages.290 Hierin geregelt ist ebenso, welchem Anstellungsträger Mitarbeiter zuzuordnen sind, die nicht unmittelbar in der (konfessionellen) Erwachsenenbildung tätig sind – beispielsweise Mitarbeiter in Verwaltung, Sekretariat und Hausreinigung.
a) Gemeinsamer Betrieb i.S.d. BetrVG
Unter einem Betrieb i.S.d. BetrVG versteht man die organisatorische Einheit, innerhalb derer ein Arbeitgeber allein oder mit seinen Arbeitnehmern mit Hilfe technischer und immaterieller Mittel bestimmte arbeitstechnische Zwecke fortgesetzt verfolgt.291 Ein Betrieb kann auch von mehreren Rechtsträgern als „gemeinsamer Betrieb“ geführt werden, vgl. § 1 Abs. 1 S. 2 BetrVG.292 Eine abschließende Definition für den gemeinsamen Betrieb existiert nicht, § 1 Abs. 1 S. 2 BetrVG gibt vielmehr vor, wann ein gemeinsamer Betrieb fingiert wird.293 Nach ständiger Rechtsprechung des BAG liegt ein gemeinsamer Betrieb vor, „(…) wenn die in einer Betriebsstätte vorhandenen materiellen und immateriellen Betriebsmittel für einen einheitlichen arbeitstechnischen Zweck zusammengefasst, geordnet und gezielt eingesetzt werden und der Einsatz der menschlichen Arbeitskraft von einem einheitlichen Leitungsapparat gesteuert wird. Das setzt voraus, dass sich die Unternehmen zumindest stillschweigend zu einer gemeinsamen Führung rechtlich verbunden haben, die sich auf die wesentlichen Arbeitgeberfunktionen in personellen und sozialen Angelegenheiten erstreckt.“294 Entscheidend ist nach Ansicht des BAG, dass der Kern der Arbeitgeberfunktionen im sozialen und personellen Bereich von derselben institutionellen Leitung ausgeübt wird.295
Im Falle eines gemeinsamen Betriebs bestehen die beteiligten Rechtsträger weiter selbstständig fort. Es erfolgt eine gemeinsame Planung und Organisation durch die beteiligten Rechtsträger auf Basis einer Führungsvereinbarung.296 Der gemeinsame Betrieb selbst konstituiert kein gemeinsames Unternehmen.297 Die Mitarbeiter bleiben weiterhin bei ihrem jeweiligen Ursprungs-Betrieb beschäftigt und werden von den beteiligten Trägern entsandt.298 Es muss demnach zwischen der Anstellungsträgerschaft und der Betriebsträgerschaft differenziert werden. Der einheitliche Leitungsapparat nimmt Teile der Arbeitgeberfunktion wahr, hierzu zählt insbesondere das arbeitsvertragliche Weisungsrecht.299
Regelmäßig wird für den gemeinsamen Betrieb die Rechtsform der GbR gemäß § 705 BGB gewählt.300 Der gemeinsame Betrieb ist abzugrenzen vom Gemeinschaftsunternehmen. In diesem Falle besteht zwischen der von mehreren Unternehmen gegründeten Gesellschaft und den Arbeitnehmern eine unmittelbare arbeitsvertragliche Beziehung.301
Das BetrVerf-ReformG 2001302 hat durch § 1 Abs. 1 S. 2 BetrVG klargestellt, dass Betriebsräte auch in gemeinsamen Betrieben mehrerer Unternehmen gewählt werden können.303 Der Betriebsrat agiert dabei unabhängig von der arbeitsvertraglichen