Das Arbeitsrecht ökumenischer Einrichtungen, Unternehmen und Konzerne. Regina Mathy

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Das Arbeitsrecht ökumenischer Einrichtungen, Unternehmen und Konzerne - Regina Mathy Schriftenreihe zum kirchlichen Arbeitsrecht

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Mitbestimmungsrecht beim Betriebsrat des gemeinsamen Betriebs und nicht beim jeweiligen Betriebsrat der beteiligten Unternehmen.304

      Auch bei der Zusammenarbeit im kirchlichen Bereich ist – etwa im Wege der strategischen Allianz – die Schaffung einer gemeinsamen ökumenischen Einrichtung durch zwei kirchliche Rechtsträger denkbar. Hierdurch wäre eine ökumenische Zusammenarbeit möglich, wobei gleichzeitig die hiermit verbundenen arbeitsrechtlichen Probleme vermieden würden.305 Die arbeitsvertragliche Beziehung besteht zwischen dem Mitarbeiter und dem jeweils entsendenden konfessionellen Rechtsträger. Ein gemeinsamer Betrieb ermöglicht eine klare Abgrenzung der für den jeweiligen Mitarbeiter geltenden Loyalitätspflichten und der Arbeitsrechtsregelung – schließlich gilt das beim entsendenden Träger angewandte Regelwerk. Insofern gelten die GrO und die AVR (bspw. Caritas) für diejenigen Mitarbeiter, die bei einer katholischen Einrichtung angestellt sind. Demgegenüber gelten die LoyalitätsRL-EKD und die AVR-Diakonie für Mitarbeiter, die bei einer evangelischen Einrichtung angestellt sind. Das gilt selbst dann, wenn bei der katholischen Einrichtung evangelische Mitarbeiter und bei der evangelischen Einrichtung katholische Mitarbeiter beschäftigt werden. Allerdings führt dies auch zu einer Ungleichbehandlung – die Mitarbeiter werden gemeinschaftlich in einer Einrichtung tätig, unterliegen jedoch unterschiedlichen Loyalitätsanforderungen und aufgrund der divergierenden Arbeitsvertragsrichtlinien auch darüber hinaus abweichenden Regelungen.

      Weder die MAVO noch das MVG-EKD kennen eine § 1 Abs. 2 BetrVG entsprechende Regelung zu einer gemeinsamen Einrichtung verschiedener Rechtsträger. Mangels anderweitiger Regelung ist zunächst die Mitarbeitervertretung des jeweiligen entsendenden Trägers auch für die in die gemeinsame Einrichtung entsandten Mitarbeiter zuständig. Für die MAVO gilt das lex loci laboris, d.h. die MAVO der Diözese, in der sich der gemeinsame Betrieb befindet (kein Fall des § 1 Abs. 3 MAVO).306 Ebenso verhält es sich für das MVG der jeweiligen Landeskirche. Beim katholischen Träger gilt demnach die MAVO, bei dem evangelischen Träger das jeweilige MVG. Es bestünden weiterhin getrennte Dienstgemeinschaften.307 Dabei besteht jedoch die Gefahr, dass bei einer getrennten Anstellungsträgerschaft die Mindestzahl der für die Bildung einer Mitarbeitervertretung erforderlichen Mitarbeiter von den verschiedenen kirchlichen Rechtsträgern jeweils einzeln nicht erreicht werden könnten, wodurch es schlussendlich zu gar keiner Bildung einer Mitarbeitervertretung kommen könnte.308

      Für personelle Maßnahmen – wie beispielsweise Entlassungen – mag ein Rückgriff auf die beim jeweiligen Rechtsträger bestehende Mitarbeitervertretung noch sachgerecht sein. Insbesondere für soziale Maßnahmen entstehen jedoch Lücken hinsichtlich einer ordnungsgemäßen Vertretung der Mitarbeiterinteressen. Die Mitarbeitervertretungen würden jede für sich mit dem einheitlichen Leitungsapparat der gemeinsamen Einrichtung verhandeln und kämen möglicherweise zu unterschiedlichen Ergebnissen. Dies ist weder für die Mitarbeiter noch für die Dienstgeber sachgerecht. Insoweit ist fraglich, ob in einer gemeinsamen ökumenischen Einrichtung zweier oder mehrerer konfessionsverschiedener Träger – ähnlich § 1 Abs. 1 S. 2 BetrVG – eine gemeinsame Mitarbeitervertretung geschaffen werden könnte. Bisher findet sich weder in der Rechtsprechung noch in der Literatur eine eindeutige Stellungnahme zu dieser Konstellation.

       (i) Stellungnahme von Rechtsprechung und Literatur

      Auch für den vergleichbaren Fall einer gemeinsamen Interessenvertretung in einem Betrieb eines weltlichen und eines kirchlichen Trägers sowie einer öffentlichrechtlichen Dienststelle und eines privaten Unternehmens309 fehlt es bisher an einer Stellungnahme der Rechtsprechung. Einschlägige Literatur zu diesem Thema ist ebenfalls nur sehr spärlich vorhanden. Loritz geht in einem Beitrag davon aus, dass beim gemeinsamen Betrieb verschiedener kirchlicher Träger oder auch unter weltlicher Beteiligung eine Zuordnung zum kirchlichen System möglich wäre.310 Er vertritt die Ansicht, dass bei hinreichendem Einfluss einer Kirche allein oder beider Kirchen zusammen das BetrVG wegen der den Kirchen zustehenden verfassungsrechtlich garantierten Kirchenautonomie und der davon beeinflussten Auslegung des § 118 Abs. 2 BetrVG zurücktreten müsse und nicht zur Anwendung käme.311

       (ii) Planwidrige Regelungslücke

      Bei der Konzeption der Mitarbeitervertretungsordnungen wurde offensichtlich die Konstellation einer gemeinsamen Einrichtung nicht bedacht. Sowohl die MAVO als auch das MVG-EKD bezwecken – im Sinne der Dienstgemeinschaft – eine umfassende Interessenvertretung der Mitarbeiter kirchlicher Einrichtungen.312 Insofern liegt eine planwidrige Regelungslücke vor.313 Um eine sachgerechte Lösung für die planwidrige Regelungslücke der nicht vorgesehenen gemeinsamen Interessenvertretung in einer gemeinsamen Einrichtung zu finden, wäre eine Analogie denkbar. Naheliegend wäre in diesem Falle ein Rückgriff auf § 1 Abs. 1 S. 2 BetrVG und die hierzu vom BAG entwickelte Rechtsprechung zum gemeinsamen Betrieb. Auf das BetrVG abzustellen verbietet sich jedoch mit Blick auf das Selbstbestimmungsrecht: Der Ausschluss vom Geltungsbereich des BetrVG in § 118 Abs. 2 BetrVG für Religionsgemeinschaften sowie deren karitative und erzieherische Einrichtungen hat keine konstitutive Wirkung.314 Vielmehr entspricht der Ausschluss den verfassungsrechtlichen Vorgaben des Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV.315 Es steht den Religionsgemeinschaften nach Ansicht des BVerfG frei, ob und in welcher Weise die Mitarbeiter und ihre Vertretungsorgane in Angelegenheiten des Betriebs, die ihre Interessen berühren, mitwirken und mitbestimmen.316 Insofern ist eine analoge Anwendung der Vorschriften des BetrVG zum gemeinsamen Betrieb mit dem Selbstbestimmungsrecht unvereinbar.

      Im Rahmen ihres Selbstbestimmungsrechts haben die katholische Kirche und die evangelischen Kirchen von ihrem Recht Gebrauch gemacht, eigene Mitarbeitervertretungsordnungen zu schaffen. Insofern muss für eine mögliche Analogie auf eine Norm der kirchlichen Mitarbeitervertretungsordnungen zurückgegriffen werden. Ein möglicher Anknüpfungspunkt sind die Vorschriften der Mitarbeitervertretungsordnungen zur Bildung einer Mitarbeitervertretung. Konzeptionell sind sich diese mit Blick auf die Voraussetzungen der Bildung einer Mitarbeitervertretung relativ ähnlich. In Betracht kommt eine Anknüpfung an § 1a MAVO bzw. § 5 Abs. 1 MVG-EKD. In kirchlichen Einrichtungen (nach MAVO) bzw. Dienststellen (nach MVG-EKD) mit mindestens fünf wahlberechtigten Mitarbeitern sind Mitarbeitervertretungen zu bilden. Insofern stellt sich die Frage, ob man den Begriff „Einrichtung“ i.S.d. § 1a Abs. 1 MAVO, der auf die in § 1 MAVO genannten Rechtsträger abstellt, nicht auf gemeinsame ökumenische Einrichtungen ausweiten könnte. § 5 Abs. 1 MVG-EKD stellt auf den Begriff der „Dienststelle“ ab. Gemäß § 3 MVG-EKD zählen hierzu die „rechtlich selbstständigen Körperschaften, Anstalten, Stiftungen und Werke sowie die rechtlich selbstständigen Einrichtungen der Diakonie innerhalb der Evangelischen Kirche in Deutschland“. Allerdings fehlt es hier gerade an der erforderlichen Rechtsträgerschaft. Die beteiligten konfessionellen Rechtsträger entsenden Mitarbeiter in die gemeinsame Einrichtung, die ihrerseits jedoch nicht über eine Rechtsträgerschaft verfügt. Insoweit erscheint eine hierauf gestützte Analogie systematisch schwierig zu begründen.

      Sowohl die MAVO als auch das MVG-EKD kennen zudem die „gemeinsame Mitarbeitervertretung“ (§ 1b MAVO; § 5 Abs. 2 ff. MVG-EKD). Sie kann für mehrere Einrichtungen – auch verschiedener Rechtsträger – eingerichtet werden. Die Normen dienen dazu, auch für mehrere Einrichtungen mit wenigen Mitarbeitern eine Mitarbeitervertretung sicherzustellen.317 Die Beteiligung mehrerer Rechtsträger steht demnach der Errichtung einer Mitarbeitervertretung nicht prinzipiell entgegen, allerdings wird im Falle der gemeinsamen Mitarbeitervertretung an das Vorhandensein mehrerer Einrichtungen – und nicht wie in der gemeinsamen Einrichtung – an das Vorhandensein einer einzigen Einrichtung mehrerer Rechtsträger angeknüpft. Dies betrifft auch eine gemeinsame Einrichtung: Zwar bestehen möglicherweise bereits Mitarbeitervertretungen bei den beteiligten

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