Licht zwischen den Bäumen. Una Mannion

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Licht zwischen den Bäumen - Una Mannion

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hatte, mit dem Bus nach Philly gefahren. Die Nonnen unternahmen nicht viel dagegen. Sister Benedict hatte sie irgendwann zu sich zitiert, aber ich glaube, sie wollten unsere Mutter einfach nicht noch mehr belasten und kamen ohnehin nicht gut mit ihr zurecht. Außerdem hatte Marie bei der Zulassungsprüfung als Klassenbeste abgeschnitten und bereits eine Zusage der Penn University in der Tasche, inklusive vollem Stipendium.

      Gerade erzählte sie Wilson von einer britischen Band, X- Ray Spex, und deren Sängerin, Poly Styrene. Wilson meinte, von denen kenne er »Oh Bondage! Up Yours!«. Sage stieß mich leicht in die Seite. Marie meinte, Poly Styrene habe immer gegen den Materialismus angesungen, aber jetzt habe sie die Band verlassen. Wilson sagte, es sei ja nicht zu vermeiden gewesen, dass sie irgendwann desillusioniert sein würde, sogar vom Punk.

      »Wow, ihr zwei seid ja ein munterer Haufen«, sagte Sage. Ich wusste, dass sie solche Gespräche affig fand, und obwohl sie Marie wirklich gernhatte, ließ sie sich von ihrer Punkerinnenpose längst nicht so beeindrucken wie ich. Als Marie sich die Haare schwarz gefärbt und auf einer Seite abrasiert hatte, fand ich sie cool und mutig, weil sie ablehnte, was andere für schön hielten. Sage meinte, das sei auch eine Uniform, nur eben eine andere.

      Wilson zog einen Klarsichtbeutel mit Medikamenten aus seiner Hosentasche. Tabletten und Kapseln in allen möglichen Farben und Formen, zartrosa, zartblau und weiß. Auch ein paar kleine rote Pillen.

      »Meine Mutter hat quasi ihre eigene Apotheke im Medizinschrank. Die vermisst sie garantiert nicht.« Er griff in die Tüte und fischte eine sehr kleine Tablette heraus, die er auf unsere rosa Kommode legte und mit der Spitze seines Taschenmessers zerteilte. Die eine Hälfte gab er Ellen. »Das ist Diazepam, das Gleiche wie Valium.«

      »Bist du auch sicher, dass es die richtige ist? Die fliegen da doch alle durcheinander.« Ich überlegte, ob nicht Krümel von anderen Tabletten, Halluzinogenen vielleicht oder etwas richtig Gefährlichem, an der kleben konnten, die er Ellen gegeben hatte.

      »Es ist Diazepam, glaub mir«, sagte er. »Diazepam ist der eigentliche Wirkstoff. Valium ist nur der Markenname.«

      »Ach was. Bist du jetzt Experte für Arzneimittel?«, fragte Sage.

      »Kann man so sagen«, antwortete er.

      Während Ellen ihre halbe Tablette mit Wasser schluckte, schob sich Wilson die andere Hälfte in den Mund. Am liebsten hätte ich Marie angebrüllt, sie solle ihn verdammt noch mal hier rausschaffen, raus aus unserem Zimmer und raus aus unserem Leben. Aber sie sah sich nur das Cover der Kassette an, die er ihr aufgenommen hatte.

      Sage beugte sich zu mir und summte leise die Melodie von »Mother’s Little Helper«. Ich überlegte, wie es wohl sein musste, eine Mutter zu haben, die Pillen schluckte. War Wilson deswegen so verkorkst? Oder warf sie die Pillen ein, weil sie diesen verkorksten Sohn hatte? So oder so, ich wollte ihn weghaben.

      Marie erzählte Wilson von einem Job, den sie bei Rage Records an der Third Street haben könne. Er ging da auch immer hin.

      »Sie zahlen nur den Mindestlohn. Meine Freundin Rae hat eine Wohnung in West Philly und meint, sie kann ein bisschen Hilfe mit der Miete brauchen. Ich wohne dann zwar mehr oder weniger auf dem Wohnzimmersofa, aber es ist ja nur bis August, wenn die Wohnheime aufmachen.«

      »Wie?«, fragte ich. »Du ziehst aus?«

      »Ja. Ich bleibe doch nicht hier in der Walachei. Ich brauche Arbeit.«

      »Du könntest in der Mall arbeiten.«

      »Bevor ich in der King of Prussia Plaza anfange, falle ich doch lieber tot um.« Marie warf Sage einen Blick zu. »Nichts für ungut, Sage, aber ich könnte echt nicht noch mal bei Chick-Fil-A jobben. Das wäre, als würde ich mich völlig aufgeben.«

      »Glaub mir, es ist bestimmt schlimmer, als du’s in Erinnerung hast.«

      »Und was ist mit uns?« Ich fühlte mich, als hätte sie mich geohrfeigt.

      »Ich bin nicht eure Mutter, Libby. Ich hatte nie vor, den ganzen Sommer hier zu bleiben.« Marie wurde in drei Wochen achtzehn, und mir war plötzlich klar, dass kein Mensch auch nur versuchen würde, sie vom Weggehen abzuhalten.

      »Und sehen wir dich dann noch?«, fragte Ellen.

      »Es gibt Züge, Dummerchen«, sagte Marie und warf ein Kissen nach ihr. Ellen zuckte zusammen. »Ach, Scheiße. Entschuldigung. Alles klar?« Ellen nickte.

      »Weiß Mom es schon?« Ich konnte nicht fassen, dass Marie uns das einfach so vor Wilson erzählte, als wäre nichts dabei, und ich war wütend auf ihn, weil er mich so verletzt und ungeschützt erlebte.

      »Ja. Sie weiß es.« Sie nahm ihren Auszug so locker. Jetzt stand sie auf und setzte sich oben auf das Ausziehbett, neben Ellen. »Du musst jetzt schlafen, Ellen. Aber vorher möchte Wilson dir noch ein paar Fragen stellen.«

      »Ich will nicht mehr drüber reden. Bitte.«

      »Du musst auch nicht über das reden, was passiert ist. Es geht nur darum, den Typen zu identifizieren.«

      »Das hab ich doch alles schon gesagt. Er hatte lange, fast weiße Haare, so lang, dass er drauf sitzen konnte. Blaue Augen. Ach ja, das hab ich noch vergessen. Für einen Mann hatte er richtig lange Fingernägel.« Das Bild, das sie von ihm entwarf, ließ mich unwillkürlich schaudern.

      »An beiden? Hatte er an beiden Händen lange Fingernägel?«, fragte Wilson.

      Ellen dachte kurz nach. »Nein. Nur an der rechten. An der Hand auf meinem Bein. Nicht an der auf dem Lenkrad. Und er musste sich beim Fahren ein bisschen vorbeugen, als wäre er eigentlich zu groß für den Wagen.« Sie hielt inne. »Mehr fällt mir nicht ein.«

      »Und der Wagen?«, fragte Wilson.

      »Keine Ahnung. Schwarz. Er sah aus wie der Wagen von Chicken De Martino, aber der hat eine andere Farbe.«

      »Chicken fährt einen Camaro«, sagte Wilson. »War es ein Camaro?«

      »Weiß ich nicht«, sagte Ellen. »Er war auch innen schwarz.«

      »Wie waren die Sitze?«

      »Tief, so, als säßen wir fast auf dem Boden.«

      »Schalensitze?«, fragte Wilson.

      Ellen zuckte die Achseln. Sie gähnte, und ihre Hand wanderte unwillkürlich zu der Verletzung unter ihrem Auge. »Sie hatten so Fellbezüge, wie auf dem Toilettendeckel bei Meredith Hunter zu Hause.«

      »Der ist aus Plüsch«, sagte ich.

      »Und eklig«, ergänzte Sage.

      »Plüsch, ja«, sagte Ellen. »Aber irgendwie flauschiger und dunkel, so ein fast schwarzes Lila.«

      »Du hast Libby erzählt, er hätte eine Kassette laufen lassen.« Wilson nahm den Klarsichtbeutel und schob ihn sich wieder in die Hosentasche. »Weißt du, was für eine?«

      Ellen blickte einen Moment starr geradeaus. »Er hat die Kassette eingelegt, und als er sich vorgebeugt hat, ist er mit dem Kopf an eine Hasenpfote gestoßen, die am Rückspiegel hing. Die war gelb. In dem Lied ging es darum, wie es als Kind war.« Sie summte vor sich hin, schlug mit der Hand den Takt. »They had a fever

      »›Comfortably

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