Am Himmelreich ist die Hölle los. Ilka Silbermann
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„Na, was denn sonst? Ich kann dir gerne ein paar Fotos schicken.“
„Nein! Versuch ihn anzurufen. Mal sehen, wer abnimmt.“
„Okay. Ich melde mich gleich wieder.“
„Nein. Kein Anruf – komm her! In der Zwischenzeit versuche ich herauszufinden, was passiert sein könnte.“ Rasputin drückte das Gespräch weg.
Olga suchte in den Kontakten Marks Nummer und wählte sie an.
Sofort antwortete die Mailbox, die ihr zeigte, dass er sein Handy ausgeschaltet haben musste.
Ich könnte die Polizei einschalten, dachte sie, dann wäre sie vielleicht auf einen Schlag aus allem raus.
Nein. Sie schüttelte den Kopf. Das würde nicht funktionieren.
Und was jetzt? War ihre Mission beendet? Würde man sie nun wieder nach Baku schicken, um dort weiterzumachen?
Es half nichts, sie musste zurück zu Rasputin und auf neue Anweisungen warten.
***
Ihn schickt der Himmel!, dachte Sabrina dankbar, als sie Mark hereinbat, um sich die Wohnung im Obergeschoss anzuschauen.
„Du kannst erst einmal die Wohnung besichtigen, ob sie dir gefällt. Ich hätte sonst noch andere anzubieten. – Ich darf doch Du sagen, oder?“
„Ja, klar. – Ich bin mir ziemlich sicher, dass sie mir gefällt. Hauptsache, ein bisschen Ruhe.“
„Du bist Schriftsteller“, stellte Sabrina eher fest, als dass es eine Frage war, nachdem sie einen Blick auf seine Laptop-Tasche geworfen hatte.
Mark zögerte einen winzigen Augenblick: „Wie kommst du darauf?“
„Wenn jemand seinen Laptop ständig bei sich trägt, hat er wohl die Befürchtung, dass seine Aufzeichnungen verloren gehen könnten.“
„Da hast du recht“, entgegnete er grinsend. „Und du bist Detektiv?“
Sabrina lachte. „Wie kommst du darauf?“, wiederholte sie seine Fragestellung.
„Du zeigst dich als gute Beobachterin und bist scharfsinnig.“
„Danke für das Kompliment, aber nein. Mir gehören die Ferienwohnungen, und in der Saison arbeite ich in Bensersiel im Service.“ Sabrina schaute ein wenig verlegen auf den Boden. „Da das geklärt ist, zeige ich dir jetzt die Wohnung. Mir nach!“, forderte sie ihn betont forsch auf.
Sogar der Rottweiler mühte sich die Treppe nach oben.
Scheinbar hat Orko einen Narren an Mark gefressen. Hab ich noch nie bei ihm erlebt. Spontane Liebe, dachte Sabrina. Sie hielt es für ein sehr gutes Zeichen. Orkos Instinkt konnte man rückhaltlos vertrauen.
Die schmale Treppe entsprach der ursprünglichen Bauweise und war noch im Original-Zustand. Bei jedem Schritt knarzte und ächzte sie mal mehr, mal weniger.
Oben öffnete Sabrina die Tür, und ein gemütlich eingerichtetes Zimmer offenbarte sich.
Sie eilte zu den zwei nebeneinanderliegenden Fenstern und öffnete sie.
„Entschuldigung, ich habe heute noch nicht gelüftet. So früh hatte ich mit dir nicht gerechnet.“
Mark lachte. „Hellsehen kannst du also auch“, und trat neben sie. „Schön“, sagte er schlicht, als er hinaussah. Von hier aus konnte man in das Benser Tief schauen, Enten und Teichhühner betrachten und sich, abgesehen von ein paar entfernt liegenden Häusern, bis zum Horizont an der Natur erfreuen. Er öffnete weit das Fenster, lehnte sich hinaus und nun konnte er, wenn er nach rechts sah, sogar Bensersiel erahnen. Mark war begeistert. Soweit das Auge reichte, flaches Land. Herrlich.
Sabrina war inzwischen ins angrenzende Schlafzimmer und Bad geeilt, um dort ebenfalls die Fenster zu öffnen.
Mark folgte ihr und schaute auf ein Doppelbett mit weißlackiertem Rahmen. Der Kleiderschrank, ebenfalls in Weiß, schien aus einer bekannten schwedischen Möbelkette zu stammen.
„Ich komme gleich das Bett beziehen“, erklärte Sabrina.
„Ach, das kann ich auch machen.“
„Alles im Preis inbegriffen“, widersprach sie.
„Okay. Brauchst du Vorkasse?“
„Ganz wie du möchtest“, und dachte: Los! Rück es raus. Doch bloß keine Schwäche zeigen, und darum fügte sie beherzt hinzu: „Ich vertraue dir. Wenn Orko dich liebt, kann ich mich darauf verlassen.“
Mark schaute sich nach dem Hund um, der brav im Türrahmen sitzengeblieben war. Dieser wusste, dass er die Ferienwohnungen nicht betreten durfte.
Als er seinen Namen gehört hatte und sah, dass Mark ihn anschaute, stand er erwartungsvoll auf, und sein ganzes Hinterteil wackelte vor freudiger Erwartung.
„Ist das so, Orko?“, sprach Mark ihn direkt an und Orkos Popo wackelte noch stärker.
„Na komm her, mein Junge.“ Er hatte es noch nicht ganz ausgesprochen, da sprang der Rottweiler ihn auch schon an und schleckte ihm übers Gesicht. Fast wäre Mark hintenübergekippt bei dem unerwarteten Gewicht.
„Erstaunlich, dass er überhaupt so hoch springen kann“, lachte Mark und wehrte ihn freundlich streichelnd ab.
„Ja, er ist schwer. – Orko, aus!“
„Ist schon gut, ich glaube, ich habe mich gerade verliebt.“
„Ich gehe jetzt mal davon aus, dass du Orko meinst“, grinste Sabrina und fühlte sich erstaunlich beschwingt.
„Bis jetzt ist das so“, neckte Mark zurück.
Sabrina schaute ihn an, lachte und merkte dann zu ihrem Entsetzen, dass sie rot anlief.
„Also, ich hole mal eben die Bettwäsche.“ Sie drehte sich rasch um und ging.
„Komm, Orko!“, rief sie im Hinausgehen.
Dieser blieb aber bei Mark und schmiegte seinen Kopf an dessen Hosenbein.
***
„Na, Orko, was machen wir jetzt? – Vielleicht erst einmal auspacken?“ Der Hund legte den Kopf schief und strengte sich an, den Mann zu verstehen.
„Dazu müssen wir aber erst zum Auto, das Gepäck holen.“ Mark streichelte das kurze, seidige Fell, dann stieg er die ersten Stufen hinab.
Gleichzeitig betrat Sabrina am unteren Absatz die Treppe, einen Stapel Bettwäsche vorm Gesicht.
Orko, der Schwierigkeiten hatte, die Stufen abwärts zu laufen, schoss förmlich an Mark vorbei und rutschte mehr, als dass er lief, seiner Herrin entgegen. Als er auf seinem Weg nach unten an ihr vorbeischlidderte, strauchelte diese, woraufhin Mark ihr zu Hilfe eilte.
Fest