Am Himmelreich ist die Hölle los. Ilka Silbermann

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Am Himmelreich ist die Hölle los - Ilka Silbermann

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      Gerda und Rolf waren wie erstarrt, als Iwan den Duschvorhang zur Seite riss. Er lachte erleichtert auf, und während er mit Anton sprach, gestikulierte er übertrieben mit den Händen. Beim Verlassen des Bades klatschte er dem Jüngeren noch auf den Rücken.

      „Na, das ist ja noch mal gut gegangen!“

      Gerda und Rolf befanden sich mittlerweile in der Küche und gingen dort in sicherer Entfernung das Erlebte noch einmal durch.

      „Ich war auch ganz schön erschrocken!“, erwiderte Gerda. „Irgendwie hab ich mich noch immer nicht daran gewöhnt, dass wir nicht gesehen werden.“

      „Wir haben ja auch noch nie jemanden absichtlich beobachtet. Das ist neu für uns.“ Rolf blickte seine Frau erleichtert an.

      „Aber irgendwie war es schon komisch.“ Gerda schien nachdenklich. „Ob Anton uns doch wahrgenommen hat? Warum hat er sonst Iwan gerufen? Der hat sogar tatsächlich hinterm Vorhang nachgesehen, wo wir uns aufgehalten haben.“

      Seitdem sie beide, Rolf und Gerda, gemeinsam vor vier Jahren abrupt aus dem Leben gerissen worden waren, hielten sie sich in ihrem Haus und auf dem Grundstück auf, das nun ihre Tochter weiterführte.

      So hatten sie sich ihren Tod eigentlich nicht vorgestellt.

      Rolf hatte sowieso nie an ein Leben nach dem Tod geglaubt. Für ihn war dieser Zustand genauso eine Überraschung wie für Gerda.

      Sie dagegen war zu Lebzeiten davon überzeugt gewesen, dass sie im Augenblick des Sterbens durch einen Tunnel ins Licht gelangen würde. Dort würde sie auf ihre Ahnen stoßen, verstorbene Freunde treffen und sogar ihren Lieblingshund aus der Kindheit. Lichtwesen, die sie Engel nannte, würden sie an die Hand nehmen und begleiten.

      Doch nichts von alledem war eingetroffen.

      Und nicht nur das! Sie waren allein. Zwar waren sie noch immer zusammen, aber sonst gab es in ihrer Umgebung niemanden, mit dem sie sich hätten austauschen können.

      So blieben sie im Haus und begleiteten ihre Tochter tagtäglich rund um die Uhr. Schlaf war nicht mehr nötig. Wären sie nicht zu zweit, wäre dieses Leben, ach nein, war ja kein Leben mehr, also dieser Zustand öde und langweilig. Immerhin konnten sie auf diese Weise ihrer Tochter noch nahe sein und an ihrem Alltag teilhaben.

      ***

      Mark ließ sich im siebten Stock seiner Hamburger Wohnung mit Blick auf die Elbphilharmonie auf den Designerstuhl fallen und vergrub den Kopf in seine Hände, die Ellenbogen auf den teuren Glastisch gestützt.

      Doch im nächsten Augenblick öffnete er die Augen, sprang wie von einer Tarantel gestochen auf und warf voller Zorn den Tisch um, dessen Sicherheitsglas leider nicht zerbrach, so wie er es sich wünschte.

      Dieser Tisch war ihm schon die ganze Zeit über ein Gräuel gewesen. Olga zuliebe hatte er ihn gekauft, genauso wie die blitzhässlichen, aber dafür sauteuren Stühle. Die ganze Wohnung hatte sie umgekrempelt, als sie bei ihm einzog. Ganz geschickt und in Nullkommanichts. Er hatte ihren Schmeicheleien einfach nicht widerstehen können. Sie hatte es verstanden, ihre Reize geschickt einzusetzen. Ihn hinzuhalten und auszuhungern, bis er schließlich alles kaufte, was sie sich wünschte.

      Seine Freunde hatten nur verwundert den Kopf geschüttelt. Sie verstanden nicht, wie er, Mark Foster, der erfolgreiche Programmierer, sich so hatte ausnehmen lassen.

      Er verstand sich selbst auch nicht mehr. Tief in seiner Seele hatte er gewusst, dass sie ihn nur benutzte.

      Als er sie kennenlernte, fühlte er sich wie in einer Kinoszene mit Marilyn Monroe, nur dass sie nicht blond war. Ihre High Heels waren in einem Bodengitter steckengeblieben und ihr eng anliegendes kurzes Kleid erlaubte es ihr nicht, sich danach zu bücken. Er half ihr und mit ihrer melodischen dunklen Stimme und dem faszinierenden rollenden „R“ hatte sie ihn als ihren Retter geadelt und sich auf verführerische Weise zu bedanken gewusst. Zunächst mit einem Drink in einer Bar, dann mit einem Glas Champagner in seinem Bett.

      Nicht lange danach stand der Hochzeitstermin fest. Gerade rechtzeitig, bevor sie das Land hätte verlassen müssen. Was für andere ganz offensichtlich war, davor verschloss er die Augen.

      Olga war für ihn eine Fleisch gewordene Göttin. Eine russische Göttin. Gab es so etwas überhaupt? Egal, für ihn schon. Ein hinreißendes Geschöpf. Volles, lockiges, langes schwarzes Haar umgab ein zartes Gesicht mit hellem Teint und dunklen, glutvollen Augen. Ein Blick genügte, und sie hatte ihn in ihren Fängen, die ihn nicht mehr losließen. Ihr rollender Akzent intensivierte den Klang ihrer Stimme, die mal verführerisch sanft, mal strafend-fordernd klang. Teufel und Engel in einer Person. Dazu ihre perfekte Figur mit den geschmeidigen Bewegungen. Keine andere Frau hätte sich mit ihr messen können. Sie zog ihn in ihren Bann. Mit Haut und Haaren. Bis er ihr schließlich hörig war.

      Hörig – darüber hatte er sich bei anderen lustig gemacht, es als idiotische Schwäche bezeichnet. Nun hatte ihm das Schicksal wohl gezeigt, dass man andere nicht verspotten sollte. Denn ihm war jetzt das Gleiche passiert.

      Doch er hatte die Kurve gekriegt, gerade noch rechtzeitig, und sie rausgeschmissen. Na ja, eine gnädige Fügung hatte ihm dazu verholfen. Er konnte seinem Schöpfer auf Knien dafür danken, dass ihm das geschehen war.

      Eigentlich der Klassiker.

      ***

      „Du hohle Schlampe!“, brüllte Rasputin sie mit hochrotem Gesicht an, kaum dass die junge Frau ihm gestanden hatte, was passiert war.

      Die Ohrfeige traf Olga mit voller Wucht, obwohl sie Ähnliches schon befürchtet und sich innerlich gewappnet hatte, warf es sie zu Boden. Die dunklen Locken ihres seidigen Haares bedeckten ihr Gesicht.

      „Sieh zu, dass du das wieder in Ordnung bringst, sonst blüht dir nicht nur eine Ohrfeige.“ Der Mann, groß und breit wie ein Schrank, riss sie vom Boden hoch, umspannte brutal ihr Kinn und zwang sie somit, in seine Augen zu blicken. Deutlich zeichneten sich auf ihrer Wange die Finger der großen Männerhand ab.

      Olga war klar, dass dies keine leere Drohung war. Dieser Mann war zu allem fähig.

      Sie wagte nicht, ihre Hand auf die schmerzende Wange zu legen.

      „Lass dir also etwas einfallen! Erzähl ihm, dass der Kerl dich dazu gezwungen hatte. Dieser Mark ist doch so ein Beschützertyp.“

      Olga nickte. Sie hatte das Gefühl, dass sich hier vielleicht eine neue Chance bieten konnte, ungeschoren davonzukommen. Vor Erleichterung rollten ihr Tränen aus den Augen.

      Rasputins Kaumuskeln entspannten sich, und das Gesicht nahm wieder eine normale Farbe an. „Du schaffst das! Genauso musst du ihm gegenübertreten. Ein paar Tränen, und er wird weich.“ Begehren sprach aus seinen Augen. „Du bist viel zu schön, als dass er dir widerstehen könnte.“ Rasputin zog sie ruckartig zu sich heran, presste sie gegen seinen Körper und küsste sie hart und brutal.

      Olga ließ sich innerlich triumphierend darauf ein und schmiegte sich provozierend an ihn. Ihre Hände glitten über seinen Körper.

      „Genau das meine ich“, murmelte er, ohne sich vollständig von ihren Lippen zu lösen.

      ***

      Sabrina nutzte den letzten

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