Sommersturmzeit. Marlene Wagner

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Sommersturmzeit - Marlene Wagner

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sah sie Bilder ihrer Familie und der Kindheit mit ihrer Mutter an sich vorbei ziehen. Zu ihrer eigenen Überraschung verspürte sie überhaupt keine Angst mehr, sondern war im Gegenteil ganz ruhig. Als würde sie im Körper einer Fremden stecken und sich selbst beobachten, nahm sie nun das Geschehen wahr und war fast neugierig auf das, was nun kommen würde.

      Ob kurz vor dem sicheren Tod andere Menschen ebenso fühlten, war das Einzige, was ihr merkwürdigerweise noch durch den Kopf ging, als sie plötzlich gepackt und zur Seite gerissen wurde. Unsanft landete sie in den Armen des schwedischen Kommandanten, ihre Gesichter nur wenige Zentimeter voneinander entfernt.

      Mit vor Schock weit aufgerissenen Augen starrte ihn Katharina an, noch immer zu keiner Bewegung fähig. Auch er sah ihr tief in die Augen und für Sekunden schien die Zeit still zu stehen. Sie hatte das Gefühl, er zog sie noch fester an sich heran, so dass sie den männlich herben, überraschend angenehmen Duft seiner Haut riechen konnte. Kurz bevor sich ihre Münder berührten, brüllte einer der Soldaten, die nun endlich auf die Gefahr aufmerksam geworden waren und das Gespann zum Stehen brachten, ein Kommando. Katharina erwachte wie aus einer Trance und zuckte zurück. Der Schwede und sie blickten sich gleichermaßen erschrocken und überrascht an. Dann lösten sie sich voneinander, sichtlich verwirrt und unsicher, wie sie mit der Situation umgehen sollten. Zu beider Erleichterung kamen in dem Moment die Soldaten zurück gelaufen, um das eingefangene Gespann wieder an die Stelle zu führen, wo es sich losgerissen hatte und gleichzeitig die am Weg entstandenen Schäden zu inspizieren. Sofort richtete der Kommandant seine Aufmerksamkeit auf seine Männer und gab wieder auf Schwedisch Anweisungen, die Katharina nicht verstand. Sie war nachträglich errötet und wagte kaum, ihren Retter anzuschauen. Dafür, dass sich erst einmal niemand für sie interessierte und sie einen Moment Zeit hatte, sich wieder zu sammeln, war sie sehr dankbar. Nach einigen Minuten wendete sich ihr der Kommandant wieder zu und hielt ihr galant den Arm hin, als wäre nichts geschehen. Katharina, von der ganzen Situation noch immer überfordert, überlegte krampfhaft, wie sie sich nun verhalten sollte. Nervös richtete sie mit ihrer freien Hand ihr Kleid und suchte verzweifelt nach Worten.

      „Ihr habt mir wahrscheinlich gerade das Leben gerettet...“ war das Erstbeste, was ihr schließlich einfiel. Ihr Gesicht glühte vor Verlegenheit.

      „Leider ist mir momentan entfallen, wie man laut Etikette seinen Lebensretter behandeln sollte…im Augenblick kann ich Euch deshalb nur von ganzem Herzen DANKE sagen!“

      Sie blickte verunsichert zu Boden, als er warm auflachte.

      „Um die Etikette macht Euch bitte keine Sorgen, da bin ich auch nicht so gut bewandert. Ich muss zugeben, ich hatte mich schon kurzzeitig gefragt, ob Ihr gerade einen neuerlichen Beweis Eurer Tapferkeit erbringen wolltet und Euch deshalb nicht gerührt habt, als die Pferde auf Euch zugerast kamen. Aber dann habe ich mich trotz aller Bedenken entschlossen, dass ich mir lieber Euren Unmut zuziehe und die Mutprobe unterbreche, als das Risiko einzugehen, dass Euer hübsches Gesicht am Ende noch einen Kratzer davon trägt.“

      Seine Worte ließen Katharina erneut stark erröten. Doch als er noch immer lachte, musste sie zu ihrer eigenen Überraschung darin einstimmen. Sie wagte nun auch, ihm wieder in die Augen zu sehen und fühlte sofort ein merkwürdig vertrautes Gefühl zurückkehren, so als würde sie ihn schon ewig kennen.

      Mit einem Mal schien ihm ein Gedanke zu kommen. Das strahlende Lächeln, mit dem er sie gerade noch angeschaut hatte, verschwand und er blickte sie besorgt an.

      „Die Monate unter Soldaten haben mich offensichtlich alle Regeln des Benehmens vergessen lassen. Ich bin ein wirklich schrecklicher Gastgeber und hoffe nur, Ihr könnt mir verzeihen. Ihr müsst nach diesem Erlebnis unter Schock stehen und ich habe noch nicht einmal gefragt, wie es Euch geht! Es tut mir unglaublich leid, dass ich Euch hier so leichtsinnig in Gefahr gebracht habe. Wollt Ihr vielleicht etwas zur Stärkung trinken oder essen? Wir können gern in mein Zelt gehen, wenn Ihr Euch etwas ausruhen möchten und ich lasse Euch Speisen und Getränke bringen…“

      Katharina war gerührt von seinen Bemühungen. Er war in seiner Natürlichkeit nicht nur der weitaus attraktivste, sondern auch sympathischste Mann, den sie bisher in ihrem Leben getroffen hatte. Und mutig war er auch noch, wie gerade sein Einsatz für sie noch einmal bewiesen hatte.

      Wieso gab es niemanden auch nur ansatzweise vergleichbaren am Dresdner Hof?

      Noch immer lächelnd antwortete sie.

      „Nein, mir geht es wirklich gut. Habt noch einmal vielen Dank für das beherzte Eingreifen. Ich kann Euch versichern, ich bin keinesfalls böse, dass Ihr rechtzeitig zur Stelle wart. Aber jetzt ist es, glaube ich, ohnehin langsam an der Zeit, dass ich mich wieder auf den Heimweg begebe. Man wird sich am Ende schon Sorgen um mich machen und ich sollte Bescheid geben, dass es mir gut geht.“

      „Ja, das ist wahrscheinlich das Vernünftigste.“

      Er klang betrübt, während er sie durch das Lager zurück zu Ihrem Pferd begleitete, als ihm ein neuer Gedanke kam.

      „Jetzt habe ich Euch noch nicht einmal nach Euren Namen gefragt! Ich muss mich hiermit noch einmal auf das Ausdrücklichste für mein Benehmen entschuldigen! Also meine hochgeschätzte Dame, mit wem hatte ich denn diesen Nachmittag überhaupt das Vergnügen?“

      Sein Ton war scherzhaft, doch Katharina zögerte.

      So sympathisch er ihr auch war, dieser Mann gehörte noch immer zu den Feinden ihres Landes und dieser Ausflug konnte für sie nach wie vor ein unangenehmes Nachspiel haben. Es war in jedem Fall klüger, wenn hier niemand ihren Namen kannte und zusätzlich war es ihr unangenehm, da er ihn ja praktisch schon selbst während ihres Gespräches über Shakespeare unwissentlich genannt hatte.

      Er schien ihre Bedenken zu spüren.

      „Ich kann verstehen, wenn Ihr mir nicht Euren vollen Namen nennen wollt, auch wenn ich Euch versichere, dass ich Euch bestimmt keine Schwierigkeiten machen werde. Aber vielleicht könnt Ihr mir wenigstens Euren Vornamen verraten, damit ich weiß, wem ich gerade das Leben gerettet habe?“

      Er lächelte sie so verschmitzt an, dass Katharinas Widerstand dahin schmolz.

      „Nun gut.“

      Sie entschloss sich, ein letztes Mal an diesem Tag die Vernunft außer Acht zu lassen.

      „Mein Name ist Katharina.“

      Ein Grinsen zog sich über das Gesicht des Kommandanten.

      „Katharina, tatsächlich? Nun, wie ich sehe, lag ich mit dem Vergleich zu Shakespeares “Widerspenstiger“ ja gar nicht so falsch!“ Er lachte.

      „… und weiß nun auch gleichzeitig, was Euch vorhin kurzzeitig so verunsichert hat, ich hatte mich schon gefragt, ob ich etwas Falsches gesagt habe. Aber ganz abgesehen davon, könnt Ihr Euch über einen sehr schönen Namen glücklich schätzen! Katharina, die Reine...ich muss zugeben, das passt sehr gut zu Euch...“

      „Wie ich bemerke, seid Ihr sehr aufmerksam! Nach so viel Offenheit meinerseits müsst Ihr mir aber natürlich jetzt auch Euren Namen verraten.“

      Wieder grinste er verschmitzt.

      „Nun, was mich angeht, so haben mich meine Eltern aus völliger Unkenntnis unseres gemeinsamen Lieblingsautoren leider nicht Petruchio sondern völlig banal Karl genannt. Ich hoffe, ich enttäusche Euch damit nicht zu sehr…“

      „Ganz und gar nicht! Denn dann teilt Ihr Euch ja Euren Vornamen mit Eurem König und ich kann mir vorstellen, Ihr und sicher noch mehr Eure Eltern, sind sehr

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