Liebesblues. Christine Jörg

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Liebesblues - Christine Jörg

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richtig erklären, aber irgendetwas ist mit ihr nicht in Ordnung. Bislang kommt er nicht darauf was es ist, doch er wird alles unternehmen, es herauszufinden. Seine Neugierde ist angeschürt.

      Einmal ist sie recht offen und ein anderes Mal verschließt sie sich ihm plötzlich und abrupt wie eine Auster. Weshalb diese ständigen Wechselbäder des Gemüts?

      Es ist ihm schon klar, dass er sie nicht zur Liebe zwingen kann. Schon gar nicht zu einer Liebe auf den ersten Blick, die es bei ihr ganz offensichtlich nicht gibt. Er möchte sie jedoch soweit bringen, dass sie ihm vertraut, sich ihm anvertraut und wer weiß, vielleicht wird irgendwann mehr aus ihrer Beziehung oder Liebe. Wenn es überhaupt zu einer Beziehung kommt!

      Zu Hause angelangt, setzt er sich in sein einsames Wohnzimmer und hört Musik. Er versucht zu lesen. Es gelingt ihm nicht. Marianne geht ihm durch den Kopf. Will er seinen Gefühlen folgen, dann muss er alles daransetzen, die Geschichte in einer harmonischen Partnerschaft enden zu lassen. Ja, mal ganz ehrlich, es hat ihn erwischt. Was zieht ihn an dieser geheimnisvollen Frau an? Sind es gerade diese Ungereimtheiten? Ist es ihre Unsicherheit? Sicher, sie hat einiges durchgemacht. Er kann ihr vielleicht helfen wieder Fuß zu fassen. Bestimmt wird er am Donnerstag mehr erfahren.

      Kapitel 4

       Den ganzen Donnerstag über ist Marianne nervös. Für den Abend möchte sie sich schön machen. Viel Auswahl an eleganter Kleidung hat sie nicht. Sie fragt sich, weshalb sie überhaupt die Einladung akzeptiert hat. Sie kann nicht ewig lügen und langsam wird es ihr zu kompliziert und zu mühselig. Marianne muss dem grausamen Spiel ein schnelles Ende bereiten und sehen, wie sie diesen Mann loswird. Vor allem, wie sie von dem guten Menschen wegkommt, ohne dass er ihre Geheimnisse lüftet. Das wird das Schwierigste. Aber sie ist sich ziemlich sicher, dass er sie spätestens dann, wenn er all die Geschichten erfährt, in Ruhe lässt und sich endgültig von ihr abwendet.

      Jedoch tut er ihr Leid. Sinnvoller ist es, wenn sie ihn verabschiedet, bevor er den Lügenmärchen auf die Schliche kommt.

      Weshalb musste es an Ostern auch regnen? Warum musste Marianne ausgerechnet nach Kempten radeln? Warum musste sie überhaupt radeln, wo sie doch den Regen vorhersehen konnte? Marianne vermutet, dass sie einfach vor Franzis schlechter Laune geflüchtet ist. Und da ist es eben passiert. Ist das ein Wink des Schicksals? Denn durch diese Begegnung wird Marianne erst klar, dass sie die Partnerschaft beenden muss. Dass es keinen Sinn hat eine Beziehung, die keine mehr ist, fortzuführen.

      Schon um viertel vor acht steht sie fertig angezogen, mit kaltem Schweiß auf den Händen da und überlegt, wie sie sich doch noch aus der Affäre ziehen kann. Geht sie nicht hinunter, besteht Gefahr, dass er vor der Wohnungstüre steht und das ist auf jeden Fall zu vermeiden. Marianne muss vor das Haus. Vielleicht kann sie eines der „Kinder“ krank werden lassen. Aber dann ist die Verabredung sicherlich nur aufgeschoben und nicht aufgehoben. Zudem kann er einwenden, dass Marianne ihn hätte anrufen können und im dümmsten aller Fälle, hätte er darauf bestanden, mit in die Wohnung zu kommen um dem „Kranken“ einen Besuch abzustatten und zu sehen, ob sie ihm die richtige Medizin gibt. Nein, das geht nicht!

      Plötzlich, beim Stichwort Anruf fällt ihr ein, dass sie seine Visitenkarte immer noch in ihrer Bücherkiste im Keller versteckt hält. Wo kann sie die sonst hineinstecken? Wo ist ein sicherer Ort an dem Franzi nicht sucht? Im Keller ist sie doch am besten aufgehoben, entscheidet Marianne. Auf der anderen Seite, wenn sie die Telefonnummer einmal benötigt… Man weiß ja nie! Dann ist sie im Keller denkbar ungünstig platziert. Also beschließt sie die Karte zu holen, bevor sie sich mit Gerd trifft. Sie kann sie im Geldbeutel unter die EC-Karte stecken, dort sucht Franzi nichts.

      Marianne muss wohl oder übel zum Treffen gehen. Wie soll sie es nur anstellen, dass es bei diesem einen bleibt? Natürlich kann sie ihm erneut direkt sagen, sie will nichts von ihm wissen. Doch hat Marianne den Eindruck gewonnen, diese Aussagen blitzen an ihm ab. Sie muss sich etwas anderes einfallen lassen. Aber was? Nun hofft sie nur, ihr fällt im Laufe des Abends etwas Glaubhaftes ein, sonst ist sie verloren. Denn je öfters sie sich treffen, desto problematischer wird es, ihn loszuwerden. Es wird schwieriger für sie, weil sie sich an ihn gewöhnt oder auch für ihn, weil ein Beenden der Beziehung unglaubwürdiger ist je länger sie dauert. Marianne hat keine Lust mehr das Lügennetz, das sie gestrickt hat, weiter auszubauen. Die Gefahr etwas Falsches zu sagen oder etwas zu vergessen, ist zu groß. Nein, heute Abend wird die letzte Begegnung sein. Basta!

      Um die Sache einfacher zu gestalten, kann Marianne vielleicht den Pseudo-Ehemann wieder auftauchen lassen. Nach all den Jahren. Auch eine Versöhnung könnte man einflechten. Freilich wäre so eine Versöhnung ziemlich unverständlich, doch was begeht eine Mutter mit zwei kleinen Kindern nicht für Dummheiten? Nur um der lieben Kinder Willen? Damit sie wieder einen Vater haben! Trotzdem steht zu befürchten, dass Gerd sich die Mühe macht, die Sachlage näher zu durchleuchten. Das wäre fatal! Nein, das ist nicht die Lösung.

      Eine weitere Frage drängt sich auf: Will Marianne ihn denn loswerden? Sie ist zwar noch nicht von Franzi getrennt, doch es kann sich nur noch um Tage oder wenige Wochen handeln. Nächste Frage: Ist es sinnvoll, sich sofort wieder an jemanden zu binden, jetzt wo sie endlich ganz alleine auf sich gestellt sein wird? Wenn Marianne ehrlich zu sich ist: Es ist unklug. Zuerst muss sie ihr Leben für sich alleine auf die Reihe bringen, bevor sie sich in die nächste Beziehung stürzt. Der Schlussstrich heute Abend ist unumgänglich. Nur wie soll sie das anstellen? Bislang hat Gerd stets ihre Versuche vereitelt. Ja, es scheint so, als wäre er gegen ihre Bemühungen immun.

      Sie ist so sehr in Gedanken versunken, dass sie nicht bemerkt, wie ihr die Zeit davonläuft. Es ist bereits kurz nach acht und sie muss sich sputen. Die Visitenkarte wird weiterhin im Keller versteckt bleiben. Jetzt hat sie keine Zeit mehr sie zu holen. Vielleicht liegt sie aber auch besser in der Bücherkiste.

      Schnell zieht Marianne die Schuhe an. Sie hat sie schon länger nicht mehr getragen und kann sich nicht mehr erinnern, dass sie so sehr drücken. Na, das kann ja heiter werden! Vielleicht gehen sie irgendwohin, wo sie diese unmöglichen Schuhe unter dem Tisch ausziehen kann. Auf jeden Fall hat sie keine Zeit mehr, andere auszuwählen. Ach, was heißt hier auswählen. Von drei Paar eleganter Schuhe, die Marianne besitzt, denkt sie, sind dies die einzigen, die einigermaßen bequem sind. Es ist also gleichgültig, welches Paar Schuhe sie anzieht.

      Als sie die Treppen hinuntereilt, ist es zehn nach acht. Gerd steht schon vor der Tür. Ob er ungeduldig ist, kann Marianne nicht sagen. Jedenfalls strahlt er über das ganze Gesicht, als er sie erblickt. Vielleicht hat er schon überlegt, wie er es anstellt sie zu erreichen. Ihr Name steht nicht im Telefonbuch. Das Telefon ist auf Franzis Namen angemeldet. Ihr Familienname steht nur zusammen mit Franzis am Briefkasten, aber nicht an der Türklingel. Gründe dafür will Marianne nicht erklären müssen.

      *

      Schon ab viertel vor acht Uhr hat Gerd vor der Tür gewartet. Er wollte sie auf keinen Fall warten lassen. Nicht, dass sie es sich anders überlegt und wieder in ihr Zuhause zurückkehrt, nur weil er nicht eingetroffen ist. Die große Frage ist, wird Marianne erscheinen? Was ist zu tun, wenn sie nicht wie vereinbart kommt? Er kann unmöglich an der Haustüre läuten und sie auffordern herunterzukommen. Ihre Telefonnummer hat er im Telefonbuch nicht gefunden. In diesem Fall hätte er warten müssen bis sie mit dem Hund spazieren geht. Vielleicht zeigen ihre Fenster auf die Straße heraus und sie erscheint nicht so lange sein Wagen vor dem Haus parkt.

      Es bleibt ihm nur zu beten und zu hoffen, dass Marianne aus eigenen Stücken zur Verabredung kommt. Hätte er ein Gänseblümchen zur Hand gehabt, würde er die Blütenblätter auszupfen und abzählen. Sie kommt, sie kommt nicht… Ja, hoffentlich kommt sie. Leider ist sich Gerd seiner Sache ganz und gar nicht sicher. Er ist nervös.

      In Gedanken vertieft wartet er vor der Haustür,

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