Liebesblues. Christine Jörg
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Mensch, hat der einen Händedruck, denkt sich Marianne, während sie ihre rechte Hand massiert, nachdem er sie losgelassen hat.
„Entschuldigen Sie“, sagt Marianne zaghaft und reibt sich weiter die Hand. „Aber es gibt immer Ärger in letzter Minute.“ Weitere Erläuterungen macht sie nicht. Soll er sich doch denken, was er will. Es lässt sie kalt. Hoffentlich stellt er keine Fragen. Sie hat keine Lust auf neue Erfindungen.
„Macht nichts“, antwortet er galant und fährt fort, „Sie sind gekommen und das zählt. Außerdem sehen Sie bezaubernd aus.“
„Danke“, ist ihre kurze Antwort, obwohl sie sich nicht weiß, wo genau sie überhaupt bezaubernd aussieht.
Wunderbar, wenn er sich mit so wenig zufrieden gibt. Bevor sie ihre Gedankengänge weiterspinnt, ergreift er sie, wie schon beim letzten Mal, unter dem linken Ellbogen und führt sie zu seinem Wagen, der gegenüber in der Parkbucht steht, genau da, wo Franzi sonst immer parkt. Ob das ein weiterer Wink des Schicksals ist? Hoffentlich sieht sie niemand vom Haus. Sonst kommt Gerede auf und dieses Geschwätz gelangt Franzi schnell zu Ohren.
Er öffnet ihr den Wagenschlag, lässt sie einsteigen und schließt die Tür wieder. Sie schnallt sich an und wartet bis er einsteigt, sich ebenfalls anschnallt und den Wagen startet.
„Haben Sie sich überlegt wohin Sie zum Essen gehen möchten?“, will er wissen, während er das Auto aus der Parklücke rangiert. Er blickt Marianne dabei kurz fragend an.
„Nein“, antwortet Marianne, „um ganz ehrlich zu sein, ich hatte mir nicht den Kopf darüber zerbrochen.“
„Na, dann bin ich froh, dass Sie mich und die Verabredung wenigstens nicht vergessen haben“, meint er lachend und „ich bringe Sie nach Martinszell. Im Adler isst man gut. Es wird Ihnen bestimmt gefallen“, fügt er zuversichtlich hinzu.
Dann will sie ihn in dem Glauben lassen. Obwohl, sie ist schnell zufriedenzustellen. Bislang ist sie nie richtig verwöhnt worden. Oder ist es nur schon so lange her, dass sie sich gar nicht mehr daran erinnert?
„Wenigstens regnet es heute nicht“, bemerkt Marianne, um die Stille im Auto zu beenden und, „vielleicht kommt doch noch der Frühling.“ Was redet sie da nur für einen Quatsch. Finde ich kein Gesprächsthema außer Wetter? Sie beschließt fortan den Mund zu halten, bevor sie noch mehr Blödsinn von sich gibt.
Doch er geht auf das von ihr angefangene Thema ein und meint: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Winter schon vollkommen vorbei ist. Bisher kam immer noch Schnee nach. Eigentlich muss man bis Anfang oder sogar bis Mitte Mai auf der Hut sein vor einem Kälteeinbruch.“
Wie schon gesagt, Marianne beschließt den Mund zu halten und geht sie nicht weiter auf das Thema Wetter ein. Somit ist der erste Versuch einer Unterhaltung vereitelt.
Sie fahren ein Stück schweigend, als er plötzlich feststellt: „Haben Sie großen Kummer? Sie sind heute so schweigsam.“
Und ob sie Kummer hat, hätte sie am liebsten herausgeschrien, doch sie schüttelt den Kopf und meint: „Ich bin nur etwas überarbeitet. Wir hatten im Büro viel zu tun und dann Zuhause. Manchmal wächst mir das alles über den Kopf und ich würde am liebsten das Handtuch werfen.“
„Das dürfen Sie aber nicht tun“, meint er sanft, aber ernst, „das dürfen Sie noch nicht einmal denken. Schließlich haben Sie die Verantwortung für die Kinder. Die haben doch sonst niemanden. Vergessen Sie das nie!“
Ja, da sind sie wieder ihre fiktiven Kinder. Sie werden Marianne wohl immer und ewig verfolgen. Es ist unvermeidlich. In was hat sie sich da hineinmanövriert? Wie konnte sie bloß so dumm und naiv sein? Diese Lügen werden ihr immer vorgehalten werden. Sie muss dem Ganzen ein Ende setzen und zwar sofort! Noch heute Abend! Na, das wird ein heiteres und unterhaltsames Abendessen. Die engen Schuhe heben die Laune auch nicht.
Als sie immer noch schweigt fährt Gerd fort: „Marianne, das müssen Sie mir versprechen, wenn Ihnen die Decke auf den Kopf fällt, rufen Sie mich an. Bestimmt kann ich Ihnen helfen. Und oft tut es einem schon gut, wenn er jemanden zum Reden hat. Ich verlasse mich darauf!“, fügt er eindringlich hinzu. Dabei schaut er sie kurz von der Seite an und wartet auf eine Reaktion ihrerseits.
Immer noch hat Marianne keine Lust zu antworten. Ihr ist die Freude am Abend endgültig vergangen. Was hat sie sich nur dabei gedacht, die Einladung anzunehmen? Bislang hat sie den Eindruck, alles wird immer schlimmer. Am besten lässt sie sich ein Taxi kommen, wenn sie beim Restaurant sind. Sie kann behaupten, sie muss für kleine Mädchen und verschwindet. Es wird sie zwar eine Stange Geld kosten, aber besser, als diese Tragikomödie weiterzuspielen. Vielleicht leuchtet ihm ein, dass er mit ihr nicht viel Freude haben wird. Soll er sich doch jemand anderen suchen, dem er all den Mist erzählen kann. Marianne will damit nichts mehr zu tun haben.
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Gerd fällt auf, dass Marianne heute noch verstockter ist als sonst. So wie er sie und ihr Verhalten einschätzt, wird sie wahrscheinlich versuchen die zarten Bande der Freundschaft zu zerschneiden. Es darf nicht dazu kommen. Er wird sie fleißig umhegen. Vielleicht vergeht ihre schlechte oder besser deprimierte Laune. Er wird sein Möglichstes dazu beizutragen. Was ist Marianne nur für ein komplexer Mensch? Was geht in ihr vor? Weshalb vertraut sie sich ihm nicht wenigstens ein bisschen an? Nur ein klein wenig für den Anfang! Der Rest wird sich nach und nach ergeben. Dessen ist er sich vollkommen sicher. Aber er kann sie nicht zwingen. Er wird versuchen all seine Überzeugungskraft anzuwenden. Und das will er auch!
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Schließlich erreichen sie ihr Ziel. Den Autos auf dem Parkplatz nach zu urteilen, kommen in erster Linie betuchte Leute zum Essen. Schon jetzt, bevor Marianne aus dem Wagen aussteigt, schämt sie sich ihrer billigen Aufmachung, obwohl sie immer der Meinung war, ihre wenigen Sonntagskleider sind ganz ordentlich. Kurz gesagt, sie ist hier schlicht und einfach fehl am Platz. Sie passt nicht zu diesen Menschen. Das muss doch er einsehen.
Während Marianne in Gedanken versunken ist und sich nicht von der Stelle rührt, steigt er forsch aus, kommt um das Auto herum und öffnet ihr den Wagenschlag. „Bitte sehr, gnädige Frau“, sagt er mit einem freundlichen Lächeln, reicht ihr die Hand, die sie automatisch ergreift und lässt sich aus dem Auto helfen. Wie eine alte Frau, denkt sie sich. Und schon erinnern sie ihre Füße an die unbequemen Schuhe, die jetzt schon drücken und schmerzen.
„Danke“, antwortet sie, „muss ich Ihnen jetzt Trinkgeld geben?“, fügt sie schnell ironisch hinzu.
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Gerd weiß nicht, ob es sich um einen Scherz oder um eine Boshaftigkeit handelt. Er muss gewaltig aufpassen, dass am heutigen Abend nichts schiefläuft, sonst ist alles umsonst. Es wird schwierig werden.
„Das kommt ganz darauf an, ob Sie mich als Ihren Fahrer oder als Ihren Begleiter und als Ihren Seelentröster ansehen“, gibt er forsch zurück.
Bravo, ein Eigentor! Spätestens jetzt ist klar, sie ist nicht gut drauf. Von nun an beschließt sie endgültig den ganzen Abend nur noch dazusitzen und keinen Ton von sich geben. So sagt sie wenigstens nichts Falsches und keinen Quatsch mehr. Vielleicht ist das sogar die Lösung ihres Problems und er lässt sie in Zukunft in Ruhe. Sicherlich ist es nicht gerade packend und spannend, wenn man ein schweigendes Gegenüber hat. Dann hätte sie