das goldene Haus. Sabina Ritterbach
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу das goldene Haus - Sabina Ritterbach страница 11
"Du", fing ich wieder an, "wir brauchen doch gar nicht weit zu verreisen, wie mieten uns einfach ein Appartement, von mir aus in der Eifel." Ich setzte langsam und betont hinzu: "Ich möchte mit dir zusammen sein."
Schweigen. Ich knipste die Nachttischlampe an und drehte mich zu ihm. Ich stützte mich auf den Ellenbogen und versuchte, ihn anzuschauen. Er blickte durch die Zimmerdecke, durch das Dach in die Ferne.
Ich legte meine Hand auf sein Gesicht und drehte es zu mir hin. Er schaute mich an, und in seinen Augen stand eine solche Qual, dass mein Lächeln erstarb. Ich dachte voller Panik: "Oh Gott, er ist schwerkrank", und meine Stimme bebte vor Angst, als ich flehend bat: "Bitte sag mir, was ist los?" Sekunden zauderte er noch und dann: "Ich habe mich in ein Mädchen verliebt." Im Moment war ich fast erleichtert. Dümmlich meinte ich: "Ja? Sehr schlimm?"
"Nein, nein, nicht sehr schlimm, es wird sicher bald vorüber sein. Ich brauche ein wenig Zeit, um mit mir selbst klarzukommen."
Und dann gab er mir noch den Rat, ich sollte mir um Gottes willen keine Sorgen machen und sein Geständnis überbewerten, er sage es mir nur, weil er ehrlich zu mir sein wolle. Mit diesen Worten schob er meine Hand weg und drehte sich von mir fort auf die andere Seite. Er hat sich nie wieder zu mir hingedreht.
Der Sand war ganz warm unter meinen Fußsohlen, als ich Anlauf nahm und mit lautem Kreischen den Wellen entgegenlief. Ich schlug auf das Wasser, spritzte und hopste so lange, bis ich die Balance verlor und endgültig untertauchte. Nach dem ersten Schock wars wunderbar. Alle trüben Gedanken wurden aus dem Kopf geeist. Ich tobte stillvergnügt vor mich hin, still war es wohl nicht, denn von oben schallte eine tiefe Stimme: "Ganz schön laut, ein toller Lärm für ein einziges Mädchen!"
"Ja, ja, ja", gröhlte ich und warf mich in die nächste Welle. "Du bist nur neidisch", schrie ich und bemerkte sofort, dass ich ihn das erste Mal direkt und mit "Du" angeredet hatte.
"Ich widerstehe diesem Vergnügen, heldenhaft bleibe ich warm und trocken."
Er wollte mir nur den Hausschlüssel bringen, falls ich vor ihm zu Hause wäre, und er warf ihn von oben auf meine Matte. Im gleichen Augenblick fluchte er, er hatte seinen Autoschlüssel geworfen. Während ich prustend aus dem Wasser kam und mich schnell in mein Strandlaken hüllte, betrat er die Bucht. Höflich entschuldigte er sich für die Störung, es war fast so, als hätte er unerlaubt mein Schlafzimmer betreten. Mein Buch lag auf der Matte, er nahm es und ließ sich in den Sand fallen.
"Oh, ist das neu? Das kenn' ich noch nicht von ihm." Er blätterte eifrig, mal hier, mal da lesend. "Ist es gut?"
"Ja."
Und vor sich hin: "Ich mag die südamerikanische Literatur, diese ausufernde Fantasie, so üppig, die gehen mit Gott und allen Geistern um als wären sie unseresgleichen."
Ich nickte und dachte: "Ich werden einen Teufel tun und dir erzählen, dass mein Verständnis für diese Art von Literatur das einzige ist, was mir von meinem Mann geblieben ist. Er war Experte auf diesem Gebiet."
Er rollte sich auf den Bauch und begann zu lesen, es sah aus, als wolle er sich bei mir häuslich niederlassen. Ich rubbelte mich trocken, cremte mich ein, zog mein Kleid an, den Badeanzug darunter aus. Die Turnschuhe an lief ich über den Sand und hangelte mich vorsichtig die Klippen empor. Von oben sah ich hinunter, er las.
Um die Steine weiche, dicke Moospolster, weiter weg Strandhafer und Gras, ein alter Mann weidete Kühe auf seinen Stock gestützt schaute er blicklos in die Ferne. Strand, Felsen und Dünen wechselten. Rauf und runter musste ich klettern, über kleine Abgründe hopsen und schaute über das vielfarbige Meer und die Inselchen, die vor diesen wildzerklüfteten Küsten lagen. Tief im Innern des Landes der helle Kegelberg vor rotbraunem Moor. Ich fotografierte alles in meinem Kopf, nichts wollte ich vergessen.
In meiner Bucht hatte er sich auf meine Matte gerollt und aß meine Brote. Mein Strandtuch lag zusammengeknödelt unter seinem Kopf. Er benutzte meine Bucht wie ich sein Haus. Er las noch immer, und als ich runtergeklettert kam, legte er das Buch fort und blinzelte in die Sonne.
"Tea time ist schon vorbei, gehst du mit nach Hause?"
Ich fand es schön, wie er es sagte und war froh, den weiten Weg zurück nicht laufen zu müssen, auch der Bullen wegen.
Der Weg war mir nun schon vertraut, das Fußballfeld, die Ferienhäuser, ein See, noch einer, und etwas abseits schimmerte noch einer. Überall wogte helles Schilf, die ersten Häuser, die Kreuzung, der Pub, der Laden, die Telefonzelle.
"Tea time" war wirklich schon lange vorbei, und so bot ich mich an, etwas zum Abendessen zu kochen.
"Der Chef hat das schon erledigt, trinken halt den Tee hinterher, ok?"
Was sollte mir daran wohl nicht recht sein? Den Tee durfte ich zubereiten, und ich bekam einen Schluck Whisky spendiert. Die Konturen verrutschten, ich dachte an Nichts. Mir fiel das Auto ein, und dass ich eigentlich darüber reden müsste, aber ich wollte nicht, auch er schwieg, rauchte seine Abendzigarette und trank ab und zu einen Schluck. Er wusste nichts von mir und hatte mich auch nur mit einer Frage erschreckt. Ich wusste nichts von ihm und wollte auch nichts wissen.
Die Zigarette war schon eine Weile verglüht, der Tee getrunken, ich fühlte mich wieder nüchtern, es war Zeit fürs morgige Programm.
"Wann öffnet die Werkstatt, wann müssen wir aufstehen?"
"Vor halb zehn geht hier nichts, es hat also keine Eile."
"Sie werden es doch fertigbekommen?"
"Keine Ahnung, kannst du mir das Buch leihen?"
Ich nickte, er nahm das Buch, reckte sich, gähnte herzhaft ungeniert und meinte, er wäre müde wie Baum. "Wie was?"
"Wie ein Baum, gute Nacht", und fort war er. Ich räumte noch die Tassen in den Spülstein, wischte den Tisch ab und zog mich in die Sicherheit meines Bettes zurück.
Kapitel - Irland3
Als ich ein kleines Mädchen war und Angst hatte, wenn draußen ein Gewitter tobte, wenn ich mich zu meiner Mutter hin flüchtete, dann sagte sie zu uns: "Kinder, wenn es so blitzt und donnert, dann geht man am besten ins Federbett, dort ist man sicher. Es hat nämlich noch nie in ein Huhn eingeschlagen, oder?" Das hat uns Kindern eingeleuchtet, wir zogen uns unsere Federbetten über die Köpfe und hielten uns für gerettet. Einen ebenso komischen Spruch hatte sie, wenn wir uns an einem verregneten Ferienmorgen zu ihr ins Bett kuschelten: "Findet ihr nicht, dass man dem Bettchen-Erfinder endlich einmal ein Denkmal setzen sollte?"
Ich liebte mein Bett, es roch nach mir, ich baute mir schützende Höhlen und igelte mich ein. Als Kind liebte ich es, ein wenig krank zu sein und dadurch auch tagsüber im Bett bleiben zu dürfen.
Erst liebte ich mein Bett, dann viele Jahre unser Bett. Damals wusste ich es noch nicht, als Manfred sich in unserem Bett von mir abwandte und seine Decke um sich zog, da verlor ich unser Bett.
Ich träumte von Autos, die mich von der Straße abdrängten, über Äcker jagten und mir unter Brücken auflauerten. In mein Kopfkissen verkrallt erwachte ich, und mir fiel sofort ein, heut' wird der Wagen abgeschleppt. Ich fühlte mich durch die Mangel gedreht, aber eine heiße Dusche würde mich wieder