das goldene Haus. Sabina Ritterbach
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In dieser Nacht bin ich kein einziges Mal aufgewacht, und als ich durch ein Geräusch geweckt wurde, kam ich wie aus tiefster Bewusstlosigkeit zu mir.
"Frühstück!" wurde gerufen.
Schnell anziehen, hinterher Toilette. In meinem schwarzen Fransenrock und meiner naturfarbenen Lieblingsbluse hoffte ich Sicherheit auszustrahlen. Meinen Haaren hatte der Regen gutgetan, sie sahen hübsch aus, und so sah ich dem Frühstück einigermaßen gelassen entgegen.
Er stand mitten im Wohnzimmer und wartete auf mich. Der Hausherr trug eine Jogginghose und ein Unterhemd. Die Haare struppig, die Augen blitzten.
"Aha, so also siehst Du aus, das konnte man gestern Abend nicht ahnen", und zack saß er am Frühstückstisch und fiel über das Essen her. Nichts konnte ihn ablenken. Er aß wie er Auto fuhr. Verrückt!
So, nun noch die eine Kurve, die beiden Bodenwellen, stopp, in den Rückwärtsgang hinein, dann Millimeterarbeit in völliger Dunkelheit, wir stehen in der Einfahrt, wir sind daheim. Kein Rauch aus dem Schornstein, kein Flur-, kein Türlicht. Der Schlüssel knackt im Schloss, die Tür schabt über den Boden, das Haus ist kalt. Anne ist nicht mehr da. So gibt es keine Umarmung, wir haben zu tun! Sonst betraten wir das erleuchtete Haus, die Heizung war in Betrieb, im Kamin flackerte ein Feuer, wir ließen unsere Sachen fallen und fielen uns in die Arme.
Wir bringen die Verpflegungskisten in die Küche und stellen den Schalter der Zentralheizung an. Sie nimmt ihre Arbeit mit den schrecklich rasselnden Geräuschen eines Bronchitikers auf. Wir hieven die Koffer die Treppe hoch, und er hat schon seinen "blauen Fuchs" an, diesen dunkelfarbenen Parka mit dem orangen Innenfutter und dem falschen Pelz um die Kapuze. Immer wenn er um das Haus herum werkelt, hat er dieses Kleidungsstück an. Der "blaue Fuchs" hängt neben der Treppe und ist seine irische Haut.
Der Kamin ist wichtig, erst wenn das Feuer in ihm brennt, der Tee auf dem kleinen Kacheltisch steht, dann ist er zu Hause. So ist schon die hintere Gartentür offen, und ich höre Flüche aus dem Schuppen. Die Taschenlampe gibt ihren Geist auf. Er stapft durch die Küche, in der einen Hand hat er einen Sack mit bröseligem Torf, in der anderen Latten und Bretter, gespickt mit Nägeln. Seine schmutzigen Gummistiefel hinterlassen schwarze Ränder auf dem Küchen- und Flurboden. Auf dem gemusterten Wohnzimmerteppichboden verliert sich die Spur.
Er legt die Bretter über die Sessellehnen und sägt sie dort in handliche Stücke. Und während ich die Betten überziehe, füllt sich das Haus mit beißendem Qualm. Ich laufe die Treppe hinunter, aus dem Wohnzimmer dringt Rauch, die Haustür steht sperrangelweit auf, und er steht im Vorgarten und sagt: "Schau, wie schön es aus unserem Kamin raucht."
Ich sehe ihn an, und nun ist es, als nehme er mich das erste Mal wahr. Ich werden in den Arm genommen und festgehalten, und der "blaue Fuchs" riecht ebenso, wie ein blauer Fuchs riecht.
Das Haus wird warm, der Kamin brennt, und es ist so, wie es sein soll. Die Betten sind noch ein wenig klamm, und ich bestehe darauf, meine Socken anzubehalten.
"Pass auf, du wirst alt."
"Ja, deshalb muss ich sie ja anbehalten!"
Der wilde Kerl ist todmüde, er schaut mich ganz lieb aus umrandeten Augen an. Die Falten zwischen den Augen sind sehr tief, und trotz des Bartes sieht man die harten Kerben neben dem Mund. Mit dem Zeigefinger streiche ich über die Kerbe auf der Nasenwurzel und sage: "In drei Tagen ist die fort."
Er lächelt, nimmt meinen freien Arm, schlingt ihn sich um den Nacken, und mit zwei kleinen Bewegungen hat er seine Lieblingsschlafstellung gefunden.
Ich bin müde, aber ich kann noch nicht einschlafen, ich blicke durch das Fenster in den nachtdunklen Himmel und sehe die noch schwärzeren Äste der Tannen, die vom Wind hin und her bewegt werden. Als ich hier das erste Mal aufgetaucht bin, reichten die Tannenspitzen gerade bis zur unteren Fensterbrüstung, nun sind sie so groß, dass ich ihre Wipfel vom Fenster hier oben aus nicht sehen kann.
Sein gleichmäßiger Atem und das krampfhafte Zucken in seiner rechten Hand zeigen mir an, dass er schläft. Es wird fast eine Stunde dauern, bis er sich von meinem Arm wälzt. Ich liege gern so, und ich bin froh, dass ich meinen Vorsatz, nie mehr mit ihm hierherzukommen, nicht übers Herz gebracht habe.
Kapitel - Nachtgedanken
Ich war eine Spinnerin, und es hat so lange gedauert, bis ich von meinen abenteuerlichen Träumen Abschied genommen habe. Ich habe lernen müssen, dass es - jedenfalls für mich - nicht die ewige, wahnsinnige, leidenschaftliche Liebe gibt. Die Liebe, die alles überdauert, die nie, nie endet. Meine Sehnsucht, dass es einmal jemanden geben würde. für den ich immer das Zentrum für alles sein würde. Diese übersteigerten Erwartungen hegte ich noch bis vor ein paar Jahren, bis mir bewusst wurde, dass ich vielleicht überhaupt nicht zentrumswürdig bin. Das Lächerliche daran ist, dass es Stunden gibt, da glaube ich immer noch daran, dass ich einfach einmalig bin und die anderen zu mickrig sind, um dies zu erkennen. Aber dieser Größenwahn entspringt eben dieser Sehnsucht nach Liebe. Einer dieser Träume fing vor einem Vierteljahrhundert an, denn da bin ich Manfred begegnet, Sonja, meine hübsche, selbstständige Tochter, ist nun fast so alt wie ich damals war. Ich war ein witziges, phantasievolles und begabtes Mädchen. Trotzdem scheu, ängstlich und eine noch immer gehorsame Tochter. Jeden zweiten Tag Telefonanrufe nach Hause, jeden Sonntag pünktlich zum gemeinsamen Mittagessen. Ich lebte selbständig in meiner winzigen Wohnung, hatte meine Arbeit, meine Freunde, und trotzdem war ich eigentlich noch nicht richtig von daheim ausgezogen.
Meine beste Freundin Lilo hatte Geburtstag, und ich war zur Party geladen mit Freund. Es war da jemand, der sich sehr um mich bemühte, aber ich ging allein, ich wollte Gerd treffen, von dem ich wusste, dass er in Ellen verliebt war. Ich wollte lieber leiden als mit jemandem tanzen, an dem mir nichts lag. Bei einem der damals so üblichen und beliebten Partytänze, dem Schneeballtanz, knallte ich mit Manfred zusammen. Tränen schossen mir in die Augen, die Wimperntusche lief mir übers Gesicht, die Nase wurde rot, ich bekam eine Beule, mir wurde schwindlig. Gerd war vergessen, buchstäblich aus dem Kopf geschlagen. Manfred hatte auch eine Beule, aber er nahm mich Taumelnde in den Arm, besorgte mir einen Waschlappen mit Eis und blieb den ganzen Abend an meiner Seite, und ich lehnte mich an ihn. So blieb es.
Er machte gerade seinen Doktor und hatte vor, die Universitätslaufbahn einzuschlagen. Ich erzählte ihm von meiner Arbeit in der Werbeagentur. Ein Jahr später waren wir verheiratet.
Ich liege im Dunkeln in dem Haus in Irland und lächle, ich denke an meine Hochzeitsbilder, ich sehe die strahlende, triumphierende junge Frau vor mir. Mein Gott, wie entrüstet wäre sie gewesen, hätte ihr irgendjemand die heutige Situation orakelt. Ewige, leidenschaftliche Liebe forderte sie vom Leben.
Manfred machte Karriere, ich bekam die Kinder. Unser Glück war vollkommen, eine Bilderbuchfamilie. Es ging uns wirklich gut. Durch Glück und Zufall bekam ich eine Stellung in einem Kreativzentrum, ich gab Kunst und Werken. Die Arbeit machte mir Freude. Manfred war unglaublich tüchtig, ehrgeizig und