das goldene Haus. Sabina Ritterbach

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das goldene Haus - Sabina Ritterbach

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wurden Boote repariert, und einige Male musste ich bestätigen, dass das Wetter herrlich war und Donegal auch. Ziemlich unerwartet bogen zwei riesige Kühlwagen um die Ecke, sie nahmen die ganze Straße ein, ich dachte an die Kinder und Hunde auf dem Weg und warf mich nicht ins Gebüsch. Als Bojen, Reusen, Netze und eine Fischwolke mich umschlossen, ahnte ich den Hafen. Mehrere große Hallen. Ich sah durch die geöffneten Tore Männer, die Container voller Fische schoben. Auch auf dem Vorplatz standen Metallbehälter, darin glänzten Fische zwischen Eisbrocken. Nur zwei kleine Boote dümpelten im dunklen Wasser. Ich lief die Mole entlang, sie machte einen scharfen Bogen um einen Felsen, und wie durch Zauberhand waren die Hallen, die Container und auch der Geruch verschwunden. Schönheit und Stille umgaben mich.

      Durch die inselreiche, enge Hafeneinfahrt rollten die Wellen in sanften Bögen und klatschten sacht an die hohe Mauer. Blauer Himmel, blaues Meer, weiße Wolken, weiße Möwen. Versunken lehnte ich mich an die warmen Steine, ich dachte an nichts, ich fühlte nur. Dieser Weg und dieser Platz am Hafen wurde für alle Jahre unser "Schlechtwetterspaziergang".

      Vor einem Jahr, wir hatten schon die Koffer gepackt, das Haus war aufgeräumt, wir waren zur Abfahrt bereit, da hörte der Regen, der den ganzen Tag angehalten hatte, plötzlich auf. Wir schauten uns an, denn gleichzeitig hatten wir den Wunsch, lass uns zum Hafen gehen. Auf der Mole zerrte ein heftiger Wind an uns. Die Wolken jagten und türmten sich übereinander, düster, wild und grau.

      "Ich brauche einen kleinen blauen Fleck, etwas Helles, etwas, was mir Mut macht".

      Ich schwang mich auf die hohe Mauer, er stand leicht frierend vor mir. Da geschah es, ein gelber Streifen müder Wintersonne sandte seine Strahlen durch eine Wolkenritze und verwandelte alles in ein Caspar-David-Friedrich-Licht.

      "Sag etwas, was mir das Herz erwärmt", dachte ich, und er sagte: "Du bekommst einen nassen Hintern."

      Unser letzter Spaziergang in diesem Jahr, ich dachte an die vielen einsamen Stunden, die ich in diesem Urlaub neben ihm hergetrabt war. An Stunden, in denen er stumm, ohne sich nach mir umzuwenden, vor mir hergewandert war. Ich hatte den hellen Schein, das gute Omen bitter nötig.

      Ich zog ihn an den Schultern zu mir, legte meine Hand in die Wärme seines Nackens, er legte seine Stirn an meinen Anorak. Meine Finger streichelten die kleinen Locken an seinem Haaransatz, und ich versuchte, mir einzureden, dass alles gut wie immer sei.

      Irgendwann habe ich die Mole und das blauweiße Märchen verlassen. Im Dorf gab es einen Laden, in dem es Alles und Nichts gab. Ich fand Brot, Butter, Käse, Obst und Eier fürs Abendessen, ich dachte an den leeren Kühlschrank und kaufte noch einige Dinge. Schwer bepackt lief ich über die Felsenstraße bis zum Haus.

      Der Bus stand in der Einfahrt, er war da. Die Hintertür zur Küche stand offen, auf dem Herd kochte etwas gut Duftendes vor sich hin. Kein Geräusch. Ich öffnete den Kühlschrank, vollgestopft, als ob eine Jugendherberge verpflegt sein wollte. Die Küche sah aus, als wäre eine Bombe eingeschlagen, es gab keinen Zentimeter freien Platz, Überall türmte sich Geschirr, Pfannen und Töpfe. Ich schaffte mir eine Ecke für meine Einkäufe, da hörte ich Plätschern aus der Badestube über mir, und gleichzeitig schoss das Badewasser übers Küchendach am Fenster vorbei in den Garten.

      In Land- und Wanderkarten lese ich wie in einem Prospekt. Wo immer ich auch hinfahre, ich besorge mir eine gute Karte, und es macht mir Vergnügen, mir anhand der Karte eine Vorstellung von der dortigen Landschaft zu machen. Eine große Straßenkarte hatte ich mir schon zu Hause besorgt, aber die Wanderkarten von Donegal lagen noch ganz neu in meinem Rucksack. Die Karte bedeckte den Wohnzimmertisch, ich beugte mich über sie und fand den Ort, den Hafen. Ich fuhr mit dem Finger die Felsenstraße entlang, er betrat das Zimmer, und auch er beugte sich über die Karte und kam mir verdammt nahe, so nahe, dass ich seine Badelotion riechen konnte. Ich war befangen, umrundete mit dem Finger den See, und gleichzeitig trafen sich unsere Zeigefinger auf einem kleinen schwarzen Punkt.

      "Mein Haus", rief er, und ich zog meinen Finger fort. Er war in Eifer, er schob mich zur Seite.

      "Schau, hier steht dein Auto, da sind die Dünen, die schrägen Striche das sind die Klippen, und die Sommersprossen überall das ist Moor, ich falle um vor Hunger!"

      Für mich begann der Kampf mit der Karte mit all ihren Falten und Knicken, er kam mit einem Topf und Brot herein, sah mein Unvermögen, nahm mir die Karte ab, und ich konnte gar nicht so schnell gucken, schon lag sie hübsch ordentlich auf dem Sofa.

      Die Suppe schmeckte wunderbar, und ich sagte es auch.

      "Ich koche gern. Was machst du eigentlich in Irland, was hast du für Pläne?"

      Dieser Themenwechsel verwirrte mich, ich genoss noch die Suppe und hatte gerade ins Brot gebissen. Mit vollem Mund spricht man nicht, ich kaute langsam, ich brauchte Zeit für die nicht sehr erschöpfende Antwort.

      "Ich mache hier Ferien, ich wollte überall ein wenig bleiben und langsam die Küste runterfahren."

      "Warum bist du allein unterwegs?"

      Wäre ich auf diesen direkten Satz vorbereitet gewesen, wäre ich sehr kühl und reserviert geworden. So aber war es wie ein Schlag, und ich hatte das Gefühl, als entgleisten mir meine Gesichtszüge. "Entschuldigung."

      Ein betretenes Schweigen herrschte zwischen uns, es war mir peinlich, und mit leiser, zugeschnürter Stimme sagte ich: "Ich bin seit zwei Monaten geschieden."

      Es war das erste Mal, dass ich dies laut aussprach, und wie ein Echo schallte es in meinem Kopf, geschieden, geschieden.

      "Sorry."

      Ich lächelte matt. "Ich muss mich erst noch daran gewöhnen." Er stand auf, holte zwei Gläser und seine Whiskyflasche, schüttete in beide Gläser einen tüchtigen Schluck. "Da, du, manchmal hilfts. Spülen wir‘s runter."

      Es tat wirklich gut. Es war Dämmerung, er zündete sich eine Zigarette an, und im Aufflammen des Feuerzeugs sah ich, dass sein Haar frisch gewaschen in prächtiger Mähne um den Kopf stand. Keiner sprach, ich hielt mich am Glas fest und nahm ab und zu einen kleinen Schluck. Nichts war peinlich, nichts bedrückend, es ging mir gut.

      Er wollte den Tisch abräumen, aber ich bat: "Bitte nicht, ich muss endlich mit dem Abarbeiten beginnen, ich bin schon weit im Hintertreffen."

      "Ok"

      Er berührte leicht meine Schulter, wünschte mir noch einen schönen Abend und gute Nacht und verließ das Haus. Wie getreten brüllte der Bus. Eine Weile blieb ich noch ruhig sitzen, dann machte ich mich auf ins Schlachtfeld Küche. Ich hatte zu tun, ich hatte echt zu tun, und es dauerte lange, bis ich alle Töpfe, Teller, Bestecke und Pfannen in den Schränken hatte. Selbst nach der Säuberung blieb die Küche hässlich.

      Ich war müde, und im Bett dachte ich, dass ich morgen Vormittag die Kinder anrufen durfte. So war es verabredet, ich hatte große Sehnsucht nach ihnen, und mit den Gedanken an sie schlief ich ein.

      Sonntagmorgenstille, ich nahm mir Zeit im Bad, und als ich fertig angezogen in den Flur trat, stand die rote Haustür auf, und im Vorgarten wartete der Frühstückstisch auf mich.

      Er war hinter meiner Wanderkarte versteckt.

      "Guten Morgen, schönes Wetter, man kann baden, ich zeigt dir die schönste Bucht."

      "Sehr schön, aber erst möchte ich dringend telefonieren, wo kann ich das?"

      "Gleich oben im Dorf neben dem Laden, du warst schon dort, dort steht die Telefonzelle, kommst du zurecht?

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