Djihad. Christoph Hoenings
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Trotz mancher harter Verhandlungen und bis an die Grenzen der Fairness geführten Diskussionen waren sie so etwas wie Freunde.
Graf erreichte Schmehling schließlich auf einem von dessen Handies. Wie Schmehling sagte, befand er sich in einer Bar in Nizza.
„Ich hatte vorhin ein Telefonat mit einem Menschen namens Mahmut. Haben Sie mir den auf den Hals geschickt?“
„Oh, hat der schon angerufen? Ich hätte mich morgen bei Ihnen gemeldet.“
Schmehling klang regelrecht begeistert.
Graf fragte:
„Was ist das für ein Geist?“
„Ein interessanter Mann! Sie müssen sich unbedingt treffen! Ein lohnendes Geschäft!“
„Ich treffe mich überhaupt nicht mit Leuten, die schon am Telefon versuchen, mich zu erpressen.“
Schmehling lachte.
„Typisch Mahmut! Sie wissen doch, wie die Araber sind! Aber Mahmut hat seine Kontakte bis hinauf in die absolute Spitze!“
„Was will er?“
„Es geht um ein paar Ihrer wasserdichten Konservenbüchsen. Ich habe viel Mühe aufgewandt, Mahmut zu überzeugen, dass er nirgends besser aufgehoben ist als bei Ihnen!“
Graf glaubte Schmehling kein Wort. Wahrscheinlich hatte der durch Zufall von einem möglichen Bedarfsfall erfahren, und jetzt hatte er diesen unangenehmen Typen am Hals!
„Aber wenn Sie nicht wollen, Herr Graf,“ sagte Schmehling gerade, „dann lassen Sie es! Ihre Wettbewerber werden sich die Finger lecken! Das ist dann aber das letzte Mal gewesen, dass ich Sie jemandem empfohlen habe. Im Übrigen habe ich auch Freunde hier in Frankreich.“
Norbert Schmehling hörte sich ausgesprochen beleidigt an.
„Welches Land?“ fragte Graf.
„Das größte.“
„Genehmigung?“
„Das überlassen Sie mir!“
„Gut. Rufen Sie Ihren Freund an und sagen Sie ihm, ich würde meinen Terminkalender überprüfen. Im Laufe des morgigen Tages werde ich ihn wissen lassen, wann ein Treffen möglich ist.“
Ahmed Falouf beobachtete im Rückspiegel den im Fond sitzenden General Faisal bin Salman. Wieder war es spät geworden. Jetzt, um drei Uhr früh, waren die Straßen Riads leer, und Ahmed dachte nicht daran, sich an Geschwindigkeitsbegrenzungen zu halten. Um sieben Uhr, direkt nach dem Morgengebet, würde er den General zu seinem Büro im Verteidigungsministerium fahren müssen, und bis dahin wollte Ahmed noch etwas schlafen.
Ahmed Falouf war Palästinenser. Für die Erledigung niederer Arbeiten hielten sich die Saudis Ausländer. Diese Ausländer, so hatte Ahmed einmal gelesen, machten inzwischen einen größeren Anteil an der Bevölkerung des Königreiches Saudi Arabien aus als die Saudis selbst. Gut, manche der Ausländer hatten die Chance, als Kaufleute oder als Anwälte bedeutende Positionen zu erreichen, aber immer würde, egal was sie taten, über ihnen noch ein Saudi stehen.
Offiziell war Ahmed Falouf Mitglied der Streitkräfte Saudi Arabiens.
Saudischer Soldat.
Das stimmte aber ganz so nicht.
Kein Einheimischer in Uniform hätte sich dazu herabgelassen, den Chauffeur zu spielen. Also wurden für diese Aufgaben, ebenso wie für Ordonnanzen, Diener, Reinigungskräfte oder Gärtner Ausländer aus den ärmeren arabischsprachigen muslimischen Ländern rekrutiert. Die bekamen eine Uniform, die sie in ihrer Dienstzeit trugen, egal ob sie hinter dem Steuer des Dienstwagens ihres Vorsetzten hockten oder in dessen Haus Essen servierten oder sauber machten. Hierbei handelte es sich vornehmlich um Palästinenser, Libanesen, Pakistani oder Bangladeshi, aber auch Ägypter und Jemeniten.
Als Angestellte der Streitkräfte erhielten diese Männer keineswegs den großzügigen Sold der saudischen Soldaten, sondern das für ihre Tätigkeiten landesübliche Gehalt.
Ahmed Falouf war nicht in einer Kaserne oder einem militärischen Komplex untergebracht. Er wohnte in einem kleinen Zimmerchen in einem Komplex für militärische Hilfskräfte, nur wenige Kilometer entfernt von dem geschlossenen Wohnviertel, in dem sich die Häuser der vier Familien des Generals befanden. Hier lebten etliche Chauffeure und Bedienstete der Streitkräfte. Es gab sogar eine bewachte Garage, für die Dienstwagen der Offiziere.
Allah sei Dank war Ahmed jedoch seit einiger Zeit nicht mehr allein auf das Gehalt angewiesen, das der General für seine Tätigkeit als Fahrer zahlte. Ahmed hatte noch einen Nebenverdienst.
Dieser Nebenverdienst bestand darin, dass Ahmed einen Freund, den er aus Ramallah her kannte, regelmäßig unterrichtete, wohin er den General hatte fahren müssen. Sein Freund Majed war an allem interessiert, was den General anging. An dem, was er im Auto sagte, was er bei seinen Gesprächen über das Autotelefon sagte, mit wem der General sich traf.
Majed und Ahmed hatten als Kinder in den staubigen Straßen Ramallahs mit leeren Konservendosen Fußball gespielt. Gemeinsam waren sie zur Schule gegangen, gemeinsam hatten sie später Steine gegen israelische Jeeps geworfen, die in den Straßen ihrer Heimatstadt am Westufer des Jordan patrouillierten.
Während Ahmed nach einer kurzen Studienzeit an der Universität von Gazah nach Saudi Arabien zog, um sein Glück zu versuchen, war Majed in die heilige Stadt Jerusalem gegangen. Dort hatte er sich offenbar mit den jüdischen Besetzern arrangiert. Genaues wusste Ahmed nicht, aber aus den Gesprächen seines Vaters mit Nachbarn und aus späteren Briefen aus der Heimat hatte er erfahren, dass Majed an einer jüdischen Universität ein Studium aufgenommen hatte. Das war schlimmer als hätte Majed den christlichen Glauben angenommen und sich taufen lassen! Alle Nachbarn und früheren Freunde hatten den Kopf geschüttelt und den Kontakt zu Majeds Familie auf das Minimum reduziert, das bei dem Zusammenleben in den engen Gassen Ramallahs unvermeidlich war, ohne grob unhöflich zu sein.
Ahmed trug mit seinem Chauffeurgehalt erheblich zum Unterhalt der Familie seines Vaters bei. Seine Schwestern waren mittlerweile verheiratet, aber sein älterer Bruder Zahran war Lehrer geworden und verdiente in Ramallah nur einen Bruchteil dessen, was Ahmed in Saudi Arabien bekam. Der Vater war alt, schon weit über achtzig, die Mutter, trotz ihrer über fünfzig Jahre noch rüstig, kümmerte sich um die Ziegen und Schafe, von deren Milch und Wolle die Familie ihr Dasein fristete. Nachdem jedoch die Juden einen Großteil des Landes, das seinem Vater gehörte, besetzt und eine Siedlung darauf errichtet hatten, hatte Ahmeds Vater einen Teil der Herden schlachten und einen weiteren Teil ausgerechnet an die Juden verkaufen müssen, weil die Tiere sonst verhungert wären. Eine Entschädigung für das besetzte Land hatte die Familie trotz ihrer Proteste nicht erhalten.
Ahmed hoffte, eines Tages mit seinen Ersparnissen nach Palästina zurückzukehren. Dann würde er sich nach einer Ehefrau umsehen, deren Vater eine ordentliche Summe zahlen, und dann würde er sofort wieder nach Saudi Arabien gehen. Seine Frau könnte dann eine Stelle als Hausmädchen, oder, wenn sie etwas Bildung besaß, als Krankenschwester oder als Lehrerin annehmen! Seit Ahmed Palästina verlassen hatte, träumte er davon, Zaida zu besitzen, die Enkelin eines Freundes seines Vaters.
Unvermittelt war vor wenigen Monaten Majed in Riad aufgetaucht. Majed arbeitete für ein Handelsbüro, das Waren aus Palästina nach Saudi