Der letzte Weg des Dr. Dembski. Benedict Dana

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Der letzte Weg des Dr. Dembski - Benedict Dana

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früher einmal gewesen war.

      „Sehr gut! Ich würde nämlich auf Rache sinnen, wenn unserer Lydia etwas noch Schlimmeres geschehen wäre!“, rief Leo sofort aus und hatte dabei etwas von einem guten, väterlichen Patron an sich, der beherzt für einen seiner liebsten Schützlinge eintrat.

      „Es handelt sich eben um ein Berufsrisiko, das man tragen muss und das durch ein großzügiges Gehalt angemessen ausgeglichen wird, Mr. Abrahams“, entgegnete Lydia Abramovitch darauf so trocken und ungerührt, wie man es von ihr gewohnt war. Sie war in Wahrheit nur froh, dass sie von den beiden Männern, die in ihrer Wohnung auf sie gewartet hatten, nur festgehalten und betäubt und nicht etwa noch vergewaltigt worden war. Dann spannte sie endlich den Bogen direkt zu dem Thema, das sie alle zur Zeit am meisten interessierte und weswegen sie an diesem Mittag zusammengekommen waren - die Übergabe eines riesigen Pakets von NSA-Dateien, die ein großer Unbekannter von Langley aus gehackt hatte.

      „Wie Sie wissen, habe ich die Untersuchung der Dateien organisiert, die uns der Mann, der höchstwahrscheinlich Dr. David Dembski heißt, vor etwa drei Wochen zur Probe zugesendet hat. Daran, dass sie echt sind, können inzwischen so gut wie keine Zweifel mehr bestehen, da es sich um einen Auszug aus einem geheimen digitalen Dossier über Mr. Abrahams handelt, dessen Inhalt auf uns zu 100 Prozent authentisch wirkt. Aber selbst wenn das Dossier nur als ein Lockmittel von der CIA fingiert worden wäre, um uns später eines illegalen Geheimnisverrats zu überführen und erpressbar zu machen, müssten wir uns natürlich sofort die Frage stellen: Warum und wozu?

      Ich möchte nämlich in diesem Zusammenhang an einen bestimmten Deal erinnern, in den vielleicht nicht alle hier eingeweiht sind. Daher muss ich zunächst Mr. Abrahams fragen, ob ich in dieser Richtung überhaupt weiterreden darf...“

      „Nun ja, Mr. O’Brian weiß wie immer Bescheid und Mr. Silverman wird hiermit zu absolutem Stillschweigen verdonnert. Es wäre mir allerdings sehr recht, wenn Sie sich die Details ersparen und an der Oberfläche bleiben, Miss Abramovitch“, bat Leo mit einem verschmitzten und etwas verschämten Lächeln, so als würde er sich einer unlauteren Geheimniskrämerei schuldig machen.

      „Gut, dann werde ich eben von nicht mehr als einem Deal mit bestimmten Kreisen in der Intelligence Community sprechen. Es ist ein Deal, durch den I.I. so sicher wie nie zuvor während der letzten 20 Jahre ist, weshalb seit etwa zwei Monaten ein offensiver Angriff seitens der Geheimdienste absolut unwahrscheinlich geworden ist.

      Wie Ihnen längst bekannt ist, hat die Untersuchung der Dateien ergeben, dass sie durch so genannte elektronische DNA – auch EDNA genannt – markiert worden sind, weshalb sie von uns nicht ohne eine gründliche vorherige Säuberung weitergegeben werden sollten. Es bleibt übrigens unklar, ob der große Unbekannte, der Dr. Dembski mit den Dateien versorgt hat, etwas davon gewusst hat. Unser Mr. Krueger glaubt, dass der Hacker, der hinter Dembski steht, ein junges Genie sein muss. Vor Dembskis Ankunft wurde in dem System unserer Sicherheitsabteilung eine Nachricht hinterlegt, die nach Kruegers Ansicht die Handschrift eines Cyber-Rebellen trägt, wie er für die junge Generation typisch ist. Dies könnte die Vermutung zulassen, es mit jemandem zu tun zu haben, dem trotz seiner Fähigkeiten aufgrund seines jungen Alters eine ausreichende Erfahrung mit den aktuellen Arbeitsweisen der Geheimdienste noch fehlt.

      Vielleicht sollten wir Dembski und seinen Partner vor der EDNA warnen; wer weiß, was sie mit diesen Dateien alles anstellen und ob ihnen Langley nicht schon längst auf den Fersen ist.“

      Abramovitchs Erläuterungen führten zu einem Moment des allgemeinen Schweigens und Nachdenkens, bis Silverman, der in der warmen Septembersonne ziemlich zu schwitzen begonnen hatte und sich mit einem Stofftaschentuch nervös seine breite Stirn abtupfte, fragte:

      „Ich höre den Begriff EDNA zum ersten Mal und weiß nicht, was man sich darunter genau vorstellen soll. Könnten Sie es mir erklären, Miss Abramovitch?“

      „Wahrscheinlich könnte uns das der genannte Mr. Krueger am besten darlegen. Er ist der Top-Informatiker in unserem Labor und wird auch damit beauftragt werden, die Dateien umzuschreiben, sobald wir sie von Dembski erhalten haben. Soweit ich ihn verstanden habe, haben die Geheimdienste ein spezielles Netzwerk aufgebaut, in dem der Weg bestimmter markierter Datenpakete und ihr Speicherort sehr viel exakter als über das öffentliche Internet festgestellt werden kann. Es ist sozusagen eine geheime Datenspur, die sich nicht mehr verwischen lässt und beispielsweise bei der Beschlagnahmung von Computern helfen kann, wenn sie mit irregulären Datenströmen zu tun haben. Ich kann hier heute leider nur diese oberflächliche Erklärung abgeben, aber sie genügt für das, was wir wissen müssen.“

      Obwohl Abramovitchs Erläuterung laienhaft war, schien sie Leo Abrahams zufrieden zu stellen, da er sich darauf – wie so oft – mit besonderer Freundlichkeit an seine bevorzugte Angestellte wandte:

      „Ihren Vorschlag Dr. Dembski und seinen Partner vor der EDNA zu warnen, nehme ich hiermit bereitwillig an, Lydia. Allerdings sollte dies nicht geschehen, bevor wir die Dateien entgegengenommen haben, damit er nicht etwa plötzlich Furcht bekommt und einen Rückzieher macht. Der Mann scheint mir so oder so verloren zu sein, da ihm die CIA früher oder später sicher auf die Spur kommen wird. Es würde für ihn keinen Unterschied mehr machen, ob er uns die betreffenden Festplatten gibt oder nicht und so sollten wir nicht auf sie verzichten, wenn er für sie schon ein solch großes Opfer bringt.“

      „Ich möchte mir eine kleine, aber wichtige Frage erlauben, Mr. Abrahams: Warum wollen Sie diese Dateien überhaupt noch haben? Was können Sie mit ihnen schon anfangen? Möchten Sie ernsthaft in einen geheimen Kampf gegen den Überwachungsstaat oder etwas Ähnliches ziehen, wo Sie sich doch gerade erst selber mitten in die Höhle des Löwen gewagt haben? Der Deal mit Rutherford und der Intelligence Community wird für I.I. ungeheure Konsequenzen haben und dem Konzern einen vollkommen anderen Charakter verleihen. Ich verstehe Ihr Handeln ehrlich gesagt nicht, Sir, und ich kann nicht nachvollziehen, warum Sie sich quasi vor den Augen aller Geheimdienste auf ein gefährliches, doppeltes Spiel mit einem Whistleblower einlassen!“

      Der mehr als berechtigte Einwand hatte Abramovitch bereits die ganze Zeit auf der Zunge gelegen und der alte Leo Abrahams ließ darauf eines der vieldeutigsten, wissendsten, ja sogar weisesten Lächeln sehen, das sie je an ihm gesehen hatte.

      „Die Würfel sind noch lange nicht gefallen, liebe Miss Abramovitch. In einem wirklich guten und großen Spiel muss es natürlich eine Karte geben, die noch nicht aufgedeckt worden ist. Ich habe mich zwar – wie Sie sagen - in die Höhle des Löwen begeben, das bedeutet jedoch nicht, mich auch wirklich mit ihm von Herzen verbündet zu haben. Bedenken Sie das bitte.“

      Als Leo nicht weiter sprach, fragte sie noch einmal:

      „Ja, aber glauben Sie denn wirklich, Sie könnten mit den Geheimdiensten kooperieren und zugleich Ihre alten Ideale aufrechterhalten und Ihren Geschäften weiter im gewohnten Stil nachgehen?“

      „Na, warum denn nicht? In fortgeschrittenem Alter kann man auch fortgeschritten denken und zur Not auf mehreren Gleisen fahren. Sie müssen außerdem verstehen, dass ich meine intimsten Pläne auch vor Ihnen nicht offen legen kann. Bereits mein Großvater Isaac lehrte mich in großen Zügen zu denken und über längere Zeiträume hinaus zu schauen und sich solange nicht von dem äußeren Bild der gegenwärtigen Lage blenden zu lassen, bis man auch ihre Hintergründe richtig zu deuten gelernt hat. Zwei Dinge darf ich Ihnen zumindest verraten, die Mr. Rutherford besser nicht hören sollte.

      Erstens: Ich lasse mich nicht folgenlos erpressen, und wir alle wissen, wie sehr der Verkauf der Internetsparte unter diesen Bedingungen einer Erpressung gleichkommt, auch wenn dafür mein neues Projekt sehr verlockend ist.

      Zweitens: Ich lasse mich nicht in meinem eigenen Land ausspionieren, einem Land, in dem mein Konzern tausende Familien ernährt,

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