Die Pferdelords 02 - Die Kristallstadt der Zwerge. Michael Schenk
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wehte das graue Banner mit den drei weißen Bäumen des Königreichs in dem
schwachen Wind, der über die Ebene strich, und signalisierte, dass die Garde
den Posten hielt.
Lomorwins Tross aus sieben Männern, zwei Reittieren und neun
Packpferden hielt am Fuß des Weges, der zum Turm hinaufführte. Auf der
obersten Plattform beugte sich ein Mann vor. »Im Namen des Königs, wer
seid ihr?«, rief er zu ihnen hinunter.
»Guter Herr Gardist, mögen die Götter Eure Augen mit dem scharfen
Blick eines Raubvogels segnen, erkennt Ihr denn den guten Herrn Lomorwin
nicht wieder?«
»Ihr seid unverwechselbar, guter Herr Händler«, rief der Mann aus. »Doch
Ihr kennt das Geheiß des Königs. Ein jeder muss …«
»Nehmt es mir nicht übel«, unterbrach Lomorwin ihn schnell, und sein
breites Lächeln nahm seinen Worten jede Schärfe, »doch die Füße meiner
Treiber sind sehr müde und brauchen eine kurze Rast.«
Der Wachhabende lachte auf, wandte sich ins Innere des Turms und rief
etwas nach unten. Im nächsten Moment öffneten sich die beiden massiven
Eisenflügel des Tores. Die Lautlosigkeit, mit der dies geschah, ließ darauf
schließen, wie sehr die Anlage gepflegt wurde. Auch wenn man keinen Feind
fürchtete, so hielten die Soldaten des Reiches der weißen Bäume stets ihre
Augen offen und die Waffen bereit. Nie wieder würden sie sich, wie vor
wenigen Jahren geschehen, von der Streitmacht der Orks überraschen lassen.
Die Truppen Alnoas hatten damals schwer gelitten, und es würde noch
lange dauern, bis sie ihre alte Stärke wieder erreicht hatten. Aber nicht aus
diesem Grund war der Turm nur mit wenigen Männern besetzt. Vielmehr
diente der Wachtposten als Glied der Signalfeuerkette. Auf seiner obersten
Plattform lag das geschichtete Brennmaterial bereit, um eine drohende Gefahr
mit lodernden Flammen kundzutun.
Lomorwin und seine Gruppe betraten das Innere des Gebäudes. Das
Erdgeschoss war derart geräumig, dass es einer großen Halle glich. An den
Wänden waren die zahlreichen Öffnungen für die Bogenschützen zu
erkennen, durch die schwach das Tageslicht hereinfiel. Die Stockwerke waren
durch eine einzelne schmale Treppe verbunden, die für einen Angreifer wohl
nur schwer zu erstürmen war.
Die Gardisten des Königreichs trugen im Gegensatz zu den Pferdelords
eine einheitliche Rüstung aus silbergrauem Metall, die Unterleib und
Oberkörper vollständig bedeckte. Der Brustpanzer lief nach vorn keilförmig
zu und zeigte das eingeprägte Wappen des Königreichs. Die seltsam spitze
Form erschwerte es entgegenkommenden Geschossen, die Panzer zu
durchdringen. Die Helme bedeckten den Kopf bis zum Nacken, ließen jedoch
die Ohren frei. Nach oben hin liefen sie zu Spitzen aus, in denen Federn
steckten. Deren Anzahl und Farbe gaben Auskunft über Rang und
Waffengattung ihrer Träger.
So kennzeichnete eine einzelne Feder den einfachen Gardisten, zwei
Federn waren dem Rang eines Hauptmanns vorbehalten, ein
Legionskommandeur führte drei, und ein Oberbefehlshaber schmückte seinen
Helm mit vier Federn. Waren sie blau, so handelte es sich um Schwertmänner
und Spießträger, die rote Farbe war den Bogenschützen vorbehalten, während
Gelb die Reiterei des Königreichs repräsentierte.
Von der Turmbesatzung trugen nur vier Männer die volle Rüstung, die
anderen hatten die Panzerung gar nicht erst angelegt, und so konnte man ihre
grauen Beinkleider und Wämse sehen. Der Hauptmann trug zu seinem Wams
als Zeichen seiner Würde lediglich den Helm mit den beiden schwingenden
Federn.
»Ich bin erfreut, Euch wiederzusehen, guter Herr Lomorwin«, sagte der
Hauptmann wohlgelaunt und reichte dem Händler die Hand. In Alnoa war
dies eine Geste der freundlichen Begrüßung, denn es wurde die Schwerthand
gereicht, um zu zeigen, dass man keine Waffe hielt und friedliche Absichten
hegte. »Ihr seid auf dem Heimweg in die Nordmark?«
»Sogar noch weiter hinauf«, erwiderte Lomorwin und reichte einem
Soldaten die Zügel seines Pferdes. »Mein Ziel ist die Hochmark des
Pferdefürsten Garodem.«
»Garodem? Ja, von dem habe ich gehört. Er soll sich vor Jahren recht
wacker geschlagen haben.« Der Hauptmann musterte Lomorwins Lasttiere.
»Ihr wollt bei uns nur eine kurze Rast einlegen?«
»Und Ihr wollt sicherlich einen kurzen Blick auf mein bescheidenes
Angebot werfen, nicht wahr, guter Herr Hauptmann?« Lomorwin lachte
freundlich. »Dafür reicht die Zeit immer.«
Lomorwin handelte ausschließlich mit Waren, die in den Ländern seiner
Kunden nicht hergestellt oder zumindest sehr selten waren. Die Bewohner des
Königreichs