Die Pferdelords 02 - Die Kristallstadt der Zwerge. Michael Schenk
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Der an der Schulter verletzte Reiter sah Kormund tapfer an. »Er steckt zu
tief, Kormund.«
Der Scharführer nickte. »Dann werden wir ihn durchstoßen müssen, oder
wir brechen ihn ab, und Meowyn, die Heilerin, mag ihn später
herausschneiden.«
»Nichts gegen die Heilerin«, sagte der Verletzte, »aber das Mistding
schmerzt höllisch.«
»Gut«, entschied Kormund. »Dann stoßen wir ihn durch.«
Einfache Jagdpfeile hatten eine glatte Spitze, sodass man sie gut aus einem
erlegten Wild herausziehen konnte, Kriegspfeile dagegen trugen Widerhaken,
damit ein getroffener Feind sie nicht ohne weitere Verletzungen entfernen
konnte. Wenn man sie zur anderen Seite durchstoßen wollte, um die Spitze
abbrechen zu können, musste man achtgeben, dabei keine anderen Organe
oder großen Blutgefäße zu verletzen.
Kormund trennte die Oberbekleidung Haronems mit dem Dolch auf und
betastete die verletzte Schulter. Aufmunternd zwinkerte er ihm zu.
»Du hast Glück. Ich kann die Spitze auf der anderen Seite fühlen.«
Der Verwundete nickte mit zusammengebissenen Zähnen. »Dann bringen
wir es hinter uns. Hoffentlich haben die Orks sie nicht mit irgendeinem Mist
bestrichen.«
Orkblut war für den Menschen giftig, und wenn es in Wunden geriet, gab
es schwere Infektionen, die zum Tod führen konnten. Noch schlimmer war
die Gefahr, wenn die Pfeilspitzen mit orkischen Fäkalien bestrichen waren.
Doch auch hierin hatte Haronem Glück. Kormund stieß den Pfeil mit einem
kurzen Ruck nach hinten durch, brach die Spitze vom Schaft und zog diesen
dann wieder nach vorne aus der Wunde heraus. Haronem war erleichtert, als
er sah, dass an der metallenen Spitze nur sein eigenes Blut schimmerte.
Während Mortwin herbeieilte, um dem Verletzten beim Anlegen eines
Verbandes zu helfen, trat Kormund zu seinem Freund Dorkemunt. »Wir sind
glimpflich davongekommen.«
Dorkemunt nickte. »Der Orkpfeil, der in dem Toten steckte, hat uns
vorgewarnt. Wir waren einfach schneller.«
Sie blickten einander an und dachten an den Toten, der ein gutes Stück die
Straße zurück am Wegrand lag. »Die Bestien waren offenbar hinter dem
Fremden her und haben ihn verfolgt«, sagte Kormund nachdenklich. »Sie
müssen überrascht gewesen sein, uns zu begegnen. Sehen wir uns einmal an,
hinter wem sie so eifrig her waren.«
Sie gingen den Weg zurück und erreichten bald das seltsame braune
Bündel, in dem der Orkpfeil steckte.
»Ein Kind«, brummte Kormund und beugte sich vor.
»Mit einem Helm?« Dorkemunt schüttelte den Kopf. »Das war kein
Kind.«
Sie wälzten den leblosen Körper herum und fuhren zusammen, als sie ein
leises Stöhnen vernahmen. »Bei den Goldenen Wolken«, flüsterte Kormund,
»er lebt noch.«
Es war ein kleinwüchsiges Wesen, noch etwas kleiner als Dorkemunt,
doch seine Statur wirkte ungeheuer kompakt. Die Falten seines Gesichts und
der dichte rote Bart verrieten, dass es sich um einen älteren Mann handeln
musste. Aber konnte man da sicher sein?
»Meinst du, das ist ein Zwerg?« Dorkemunt kratzte sich im Nacken. »Was
hat ihn hierhergeführt? Und sieh dir seine Rüstung an. Sie ist sehr kunstvoll
gearbeitet. Ihr Träger muss von hohem Rang sein.«
»Das alles werden wir wohl nur erfahren, wenn ihr Träger auch am Leben
bleibt.« Kormund begann die Schnallen der Rüstung zu lösen und zog diese
dann behutsam vom Körper des Verwundeten. Das dicke Wams des Mannes
war rot durchnässt. »Er hat viel Blut verloren. Der Pfeil steckt tief, und ich
kann ihn nicht entfernen.«
»Dann schneide ihn ab. Wir sollten feste Polster um den Schaft binden,
damit der Bursche nicht noch mehr Blut verliert.« Dorkemunt seufzte. »Wir
müssen ihn zu Meowyn bringen, aber ich glaube nicht, dass er es durchstehen
wird.«
Haronem kam vom Kampfplatz herüber. Er hatte seine zerschnittene
Oberbekleidung notdürftig umgelegt. »Was ist mit Hosmund?«
Der tote Pferdelord. Sie mussten ihn bestatten, wie es der Brauch
verlangte.
Sie versorgten den Unbekannten, so gut sie es vermochten, dann schritt
Dorkemunt zu dem schwer verwundeten Pferd und erlöste es mit einem Hieb
seiner Axt. Es war Hosmunds Reittier gewesen, und so würde es ihn auf dem
letzten Ritt zu den Goldenen Wolken begleiten. Dorkemunt trennte die Zügel
des toten Tieres ab und ging zu der Stelle, wo die anderen bereits ein flaches
Grab aushoben. Als es tief genug war, legten sie Hosmund hinein, wobei sie
darauf achteten,