Sonnenwarm und Regensanft - Band 4. Agnes M. Holdborg
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»Nun ist es aber genug mit der Lobhudelei. Mir wird schon ganz mulmig davon.«
Nachdem er einen Schluck von seinem Saft getrunken hatte, sah er sie vergnügt an. »Ja, so hat Vitus dich von Beginn an beschrieben: zu zurückhaltend, zu bescheiden. Aber lassen wir das. Erzähl mir lieber von deinem ersten längeren Ausritt mit Gertus.«
Sie lachte hell auf, froh darüber, vollends von ihren seltsamen Empfindungen ablenkt zu werden.
»Vitus und Loana – ach ihr alle – hattet natürlich recht. Das Pferd macht das meiste von ganz allein. Man muss nur mit ihm sprechen. Gertus ist so ein Lieber«, schwärmte sie. »Noch dazu ich finde ihn ausgesprochen hübsch mit seinem gescheckten Fell. Außerdem ist er sehr klug. Er hat meine Angst, auf seinen Rücken zu springen, sofort wahrgenommen. Deshalb macht er sich jetzt immer klein, indem er seine Vorderbeine einknickt.«
… Anna behielt für sich, dass sie es trotzdem ein wenig vermisste, sich an Viktor zu schmiegen, wenn sie mit ihm gemeinsam auf Ariella ritt. Allerdings verkürzte sich die Reisezeit aufgrund ihres eigenen Pferdes deutlich, was natürlich von großem Vorteil war.
Überdies hatte sie sich sogar schon einmal allein ins Elfenland gewagt, um Viktor zu überraschen. Sie besaß ja mittlerweile alle notwendigen Schlüssel, mit deren Hilfe sie eigenständig zum Schloss gelangen konnte. Wie es sich für ein gutes elfisches Pferd gehörte, war Gertus auf ihren gedanklichen Zuruf sofort zum Portal am Bachsprung gekommen und hatte sie sicher zum Schloss gebracht. Schade war nur, dass Viktor, obwohl Anna ihren Geist sorgsam verborgen gehalten hatte, am Schlosstor mit einem wissenden Lächeln auf sie gewartet hatte. Sie würde Gertus irgendwie beibringen müssen, seine Gefühle für sich zu behalten, denn der hatte mit seiner Freude ihren Plan offenbar verraten. …
»Du brauchst Gertus bloß zu sagen, dass du Viktor überraschen willst. Dann hält er sich zurück. Das ist kein Problem. Elfenpferde sind wirklich äußerst klug. Und falls ihr Lust dazu habt, könnt ihr zwei auch weiterhin ab und an auf Ariella eure Ausritte unternehmen. Sei nur etwas vorsichtig. So ein treues Pferd wie Gertus neigt schnell zur Eifersucht, wenn es sich vernachlässigt fühlt.«
Anna runzelte die Stirn. Wieder einmal war es ihr nicht gelungen, sich mental abzuschirmen. Aber das war es eigentlich nicht, was sie störte, sondern die Erwähnung des Begriffes Eifersucht.
War es Eifersucht, die sie bei dem Gedanken plagte, dass Viktor bereits vor ihr eine Freundin oder vielleicht sogar mehrere gehabt hatte? Diesmal achtete sie penibel darauf, nichts von ihren Gefühlen preiszugeben. Sie schämte sich dafür.
»Ja, das mach ich«, erwiderte sie knapp und blieb danach still.
***
Estra nahm Annas Stimmungswechsel durchaus wahr, hielt sich aber zurück, hatte er doch von seinen Töchtern Viktoria und Iltrana gelernt, in solchen Situationen auf der Hut zu sein. Iltrana war zwar ein paar Jahre jünger als Anna, allerdings wies selbst sie bereits derartige, aus seiner männlichen Sicht geradezu gefährliche Launen auf, denen er als Vater lieber aus dem Wege ging. Deshalb war er ausgesprochen erleichtert, als die Tür sich öffnete und Isinis eintrat.
Wie jedes Mal, wenn er seine Frau erblickte, hellte sich seine Stimmung auf – auch nach zwanzig Ehejahren. Noch immer war sie wunderschön, schoss es ihm durch den Kopf.
Typisch Elfe – groß und schlank – trug sie ihr hellblondes Haar so lang, dass es ihr in glänzenden Wellen weit hinab über die Schulter fiel. Aus hellgrünen Augen wanderte ihr Blick ruhig von ihrem Ehemann zu Anna und wieder zurück.
Offensichtlich erkannte Isinis die verschiedenen Emotionen im Raum und beschloss, weder auf das begehrliche Mienenspiel ihres Mannes noch auf Annas etwas dunkel wirkenden Gedanken einzugehen.
»Vitus, Viktor und Ketu sind auf dem Rückweg. Sie müssten in zehn Minuten eintreffen. Ihr könntet gemeinsam mit Viktoria den Tisch decken. Susa, Medlin und ich sind mit Kochen beschäftigt. Hamo geht den Stallburschen zur Hand und die Kinder sind noch unterwegs. Also, ihr Tunichtgute, auf, auf!«
»Ich geb dir gleich eins, von wegen Tunichtgute«, gab Estra mit einem breiten Grinsen zurück, erhob sich währenddessen aus seinem Sessel. »Wir haben die Zeit nicht vergeudet, sondern ein ernsthaftes Gespräch geführt, meine Liebe. Doch trotz dieser ungemein herablassenden Bemerkung werde ich dir gerne helfen.«
»Ich natürlich auch. Zeig mir nur, wo alles steht, Isinis, dann kann ich das gern allein machen. Ich bin eine begnadete Tischdeckerin.« Anna lachte. Vielleicht ein wenig zu fröhlich, vielleicht eine Spur zu aufgesetzt, meinte Estra. Er gewahrte ihre Freude, etwas zu tun zu bekommen, außerdem ihre Erleichterung, weil er und Isinis diese Empfindungen – Annas Meinung nach – nicht zu erkennen schienen.
Tatsächlich aber war es Anna selbst, die Estras und Isinis‘ verstohlene, besorgte Blicke hinter ihrem Rücken nicht bemerkte.
Leere
»Also wirklich, Anna. Sag mal, wie alt bist du eigentlich, he?«
Viktoria schaute ungläubig von der Staffelei auf. Dabei wischte sie sich mit der Hand, in der sie einen vor Farbe triefenden Pinsel hielt, über Stirn und Wange und platzierte dort zusätzlich zu dem gelbbraunen Tupfen ein paar leuchtend grüne Streifen.
Anna sagte nichts dazu, wusste sie doch, dass es Viktoria egal war, wenn sie sich beim Malen vollkleckerte. Außerdem hatte sie momentan keinen Kopf für so etwas. Sie wollte mit Viktoria über Viktor reden, obwohl die sie anscheinend gar nicht ernst nahm.
Sofort funkelte Viktoria sie an, während sie ungehalten antwortete: »Ich nehme dich durchaus ernst. Nur, du kannst doch nicht wirklich eifersüchtig auf irgendwelche Verflossenen von ihm sein. Das war doch alles vor deiner Zeit.«
»Aber