Sonnenwarm und Regensanft - Band 4. Agnes M. Holdborg

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Sonnenwarm und Regensanft - Band 4 - Agnes M. Holdborg страница 21

Автор:
Серия:
Издательство:
Sonnenwarm und Regensanft - Band 4 - Agnes M. Holdborg

Скачать книгу

er eben nicht, An­na. Und das ist der sprin­gen­de Punkt, mei­ne Lie­be. Er hät­te es dir eben nicht er­zäh­len müs­sen. Und er hat es dir nicht er­zählt, weil er es ganz ein­fach nicht für nö­tig er­ach­tet hat.«

      An­na sträub­te sich zu spät da­ge­gen, als Vik­to­ria ihr die fa­rb­ver­schmier­ten Hän­de samt Pin­sel an die Wan­gen leg­te und ihr auf die­se Wei­se auch ein paar bun­te Kleck­se ver­pass­te.

      »Oh, ent­schul­di­ge bit­te«, ki­cher­te Vik­to­ria und stell­te den Pin­sel in ein Glas. Mit ei­nem völ­lig fa­rb­ver­schmier­ten Lap­pen rieb sie in An­nas Ge­sicht her­um, was die Sa­che si­cher­lich nicht bes­ser mach­te. »Nun ja, das wi­schen wir halt spä­ter rich­tig weg.«

      Sie ließ von ihr ab und kon­zen­trier­te sich er­neut auf das Ge­spräch. »Hör mir zu. Ei­gent­lich ist es die Auf­ga­be mei­nes Bru­ders, mit dir zu spre­chen, die­ser fei­ge Hund. Schließ­lich kann ja je­der mit­füh­len, wie mies du seit ein paar Ta­gen drauf bist.«

      Sie seufz­te schwer, ih­re Au­gen blitz­ten be­droh­lich. »Wenn ich den in die Fin­ger krie­ge, kann der was er­le­ben. Aber nun zu­rück zum The­ma. Tat­säch­lich war Vik­tor frü­her ein biss­chen so was wie ein, hhm, Schür­zen­jä­ger.« Sie biss sich auf die Un­ter­lip­pe. »Und ich auch«, gab sie zu und kratz­te sich am Kopf, wo­mit sie dort ei­ne wei­te­re Fa­rb­spur hin­ter­ließ.

      Ge­dan­ken­ver­lo­ren lang­te sie nach dem Lap­pen und rieb da­mit recht er­folg­los ih­re Hän­de ab. »Uns ging es wirk­lich gut bei Isi­nis und Estra. Sie hat­ten uns ei­ne glü­ck­li­che Kind­heit be­schert. Den­noch fehl­te uns et­was. Wir hat­ten kei­ne leib­li­che Mut­ter. Un­se­ren leib­li­chen Va­ter sa­hen wir kaum. Er gab uns dau­ernd das Ge­fühl, nicht von ihm ge­liebt zu wer­den.« Sie wa­rf den Lap­pen bei­sei­te. »Das war zwar un­be­ab­sich­tigt, aber wir fühl­ten nun mal so. Wir ver­miss­ten un­se­re rich­ti­gen El­tern so sehr. Das er­zeug­te ir­gend­wie ei­ne ge­wis­se Lee­re in uns, die auch Estra und Isi­nis nicht fül­len konn­ten.«

      Vik­to­ria sah An­na of­fen an. »Ich weiß nicht, ob es dar­an lag, ich glau­be al­ler­dings schon. Stän­dig ver­such­ten wir, die­se in­ne­re Lee­re ir­gend­wie aus­zu­stop­fen oder aber ein­fach zu ver­drän­gen. Tja, und seit un­se­rer Pu­ber­tät ha­lf es uns, der ver­meint­li­chen Lie­be so­zu­sa­gen hin­ter­her­zu­lau­fen. Wo­bei, na ja, hin­ter­her­lau­fen muss­ten wir ei­gent­lich nie.«

      Sie lä­chel­te schwach. »Sieh uns doch an. Wir sind hübsch. Wir sind auf­grund un­se­rer halb­mensch­li­chen Sei­te für vie­le El­fen ziem­lich in­ter­es­sant. Und wir sind die Kin­der des Kö­nigs. Es war na­tür­lich kein Pro­blem für uns, im­mer wie­der je­man­den zu fin­den, der un­se­re Sehn­sucht stil­len soll­te. Aber es war bei mir ge­nau­so wie bei Vik­tor. Die Sehn­sucht ließ sich ein­fach nicht stil­len. Wir hat­ten bei­de das Ge­fühl, dass die­se Lee­re ein gro­ßes Loch in uns hin­ein­riss, wel­ches un­auf­hör­lich aus­ein­an­der­klaff­te. Des­halb such­ten wir wei­ter.«

      Vik­to­ri­as Blick wur­de weich und ver­träumt. »Bei mir en­de­te die Su­che in dem Au­gen­blick, als ich vor fast drei Jah­ren Ke­tu zum ers­ten Mal be­geg­ne­te. Ich war da­mals furcht­bar un­g­lü­ck­lich, weil er mei­ne Ge­füh­le nicht zu er­wi­dern schien. Den­noch woll­te ich nie­mand an­de­ren mehr. Ich woll­te bloß noch ihn und wuss­te gleich, dass er der­je­ni­ge wä­re, der mei­ne Lee­re fül­len könn­te.« Sie seufz­te er­neut. »Es hat dann zwar noch mehr als zwei Jah­re ge­dau­ert, bis er sich end­lich ge­traut hat, der Toch­ter des Kö­nigs sei­ne Lie­be zu ge­ste­hen. Na ja, bes­ser spät als nie, nicht wahr?«

      Wie­der leg­te sie ih­re Hän­de an An­nas Ge­sicht und die ließ es re­si­gniert ge­sche­hen. Die Fa­r­be be­kä­me sie schon noch weg. Viel wich­ti­ger wa­ren ihr Vik­to­ri­as fas­zi­nie­ren­de Wor­te:

      »Bei Vik­tor hat es län­ger ge­dau­ert. Als er dich das ers­te Mal im Wald er­blick­te, An­na, da wuss­te er, dass sei­ne Su­che be­en­det war. Er hat sich vom ers­ten Au­gen­blick an in dich ver­liebt. Und das weißt du. Das weißt du ganz ge­nau. Nur du bist da­zu in der La­ge, sei­ne in­ne­re Lee­re zu fül­len und sei­ne Sehn­sucht zu stil­len. Nur du zählst für ihn. All die an­de­ren Frau­en hat­te er in dem Mo­ment ver­ges­sen, in dem du in sein Le­ben ge­tre­ten bist. Und ge­nau das ist der Grund, war­um er dir nie et­was da­von er­zählt hat.«

      Vik­to­ria lie­fen di­cke Trä­nen über das fa­rb­ver­schmier­te Ge­sicht. »Ich weiß das, An­na. Nicht nur, weil ich sei­ne Schwes­ter bin, son­dern weil ich haar­ge­nau das­sel­be bei Ke­tu emp­fun­den ha­be. Al­le Jun­gen, al­le Män­ner, die ich vor ihm kann­te, wa­ren von ei­ner Se­kun­de zur an­de­ren völ­lig egal, to­tal un­wich­tig. Sie wa­ren ver­ges­sen. Al­lein Ke­tu zähl­te. So wie du für Vik­tor.«

      Auch An­na wein­te. Un­ge­ach­tet der Tat­sa­che, dass sie da­mit ih­re neue Blu­se end­gül­tig ru­i­nier­te, fiel sie Vik­to­ria in die Ar­me.

      »Ach, Vik­to­ria, was bin ich doch für ei­ne blö­de Kuh?«, schluchz­te sie. »Es tut mir leid. Es tut mir ja so furcht­bar leid. Ich war so dumm.«

      ***

      Vik­to­ria hielt An­na trös­tend in den Ar­men und fühl­te sich da­bei auf son­der­ba­re Wei­se selbst ge­trös­tet. Die Er­in­ne­run­gen an die Zeit, in der sie sich der Lie­be ih­res Va­ters nicht si­cher ge­we­sen war, in der sie sich des­halb um­so mehr nach der Lie­be ih­rer Mut­ter ge­sehnt hat­te, tra­fen sie voll­kom­men un­vor­be­rei­tet. Die Emo­ti­o­nen über­flu­te­ten ihr Herz, er­schüt­ter­ten es in sei­nen Grund­fes­ten. Nie­mals hät­te Vik­to­ria an­ge­nom­men, dass die­se Sehn­sucht in ei­ner der­art gna­den­los bru­ta­len Wei­se wie­der in ihr auf­stei­gen und sie kom­plett aus der Fas­sung brin­gen könn­te. Von hef­ti­gen Wein­krämp­fen ge­schüt­telt woll­te sie sich von An­na lö­sen, doch die hielt sie fest.

      »Nicht, Vik­to­ria! Wen­de dich nicht ab. Lass es raus.«

      Froh dar­über, dass sie sich ge­gen­sei­tig hiel­ten, stan­den die bei­den ei­ne gan­ze Wei­le in Vik­to­ri­as Zim­mer und ga­ben sich ih­ren Trä­nen hem­mungs­los hin. Da­bei hat­ten sie die Zeit voll­kom­men aus dem Blick ver­lo­ren und zuck­ten bei­de über­rascht zu­sam­men, als Vik­tor, Ke­tu und auch Vi­tus zur Tür her­ein­platz­ten.

      »Was, um al­les in der Men­schen- und El­fen­welt, ist denn hier los?«, woll­te Vi­tus wis­sen, ob­wohl er die Ge­füh­le der Frau­en ein­deu­tig wahr­ge­nom­men hat­te.

      Für ei­ne Se­kun­de blieb sein Ge­sicht ab­so­lut aus­drucks­los, ehe es sich zu ei­ner schmerz­er­füll­ten Mie­ne ver­zog. Er riss Vik­to­ria in sei­ne Ar­me und hielt sie ein­fach nur fest. Un­ter­des­sen sah er zu An­na und Ke­tu.

      »Wür­det ihr Vik­to­ria, Vik­tor und mich bit­te kurz al­lein las­sen?«

      Die bei­den nick­ten stumm und gin­gen schwei­gend hin­un­ter in die Kü­che.

      ***

      An­na

Скачать книгу